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(c) Pester Lloyd / 40 - 2009  STADTLEBEN 07.10.2009
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Kaufhausromantik

Wenn es Nacht wird im Kaufhaus "Mammut" in Budapest...

...beginnt eine Metamorphose. Wenn hoch am Himmel die Sterne erstrahlen, werden die Einkaufsbuchten des Einkaufszentrums zwischen Moskauer Platz und Heuplatz zur Partymeile und die meist jungen Gäste Akteure einer surrealen Szenerie. Wie Nachtfalter schwärmen sie heran und trinken selbst mitgebrachten Sekt vor beleuchteten Schaufenstern, definieren Stadträume neu, funktionieren sie um, ganz nach ihrer Lust und Laune.

„Er ist schön (…) wie die zufällige Begegnung eines Regenschirmes mit einer Nähmaschine auf dem Seziertisch.“, hat der französische Dichter Lautrémont gesagt, um den Surrealismus zu erklären. Ein ähnlich absurdes Bild liefert das „Mammut“, mit seiner Begegnung von Clubszene und Einkaufszentrum. 

"Steinzeitmenschen und wilde Tiere"

Das Bild erinnert an die "Nachts im Museum"-Filmreihe von Shawn Levy, in der Museumsstücke: Kriegsherren, Seefahrer, wilde Tiere und Steinzeitmenschen, das Museum von New York City nach Sonnenuntergang unsicher machen und den Nachtwächter auf harte Proben stellen. Das 1998 eröffnete Mammut setzt in zahlreichen Vitrinen, Skulpturen und Malereien das Thema Steinzeit um. Einkaufen soll zum Erlebnis werden. Das Feiern allerdings auch. So erschreckt es doch, wenn in dem vierstöckigen Gebäudekomplex immer wieder vereinzelte Menschengrüppchen auftauchen und wieder verschwinden. Zunächst begreift der Besucher nicht, ob er einfach in ein seltsam aufgebautes, geschlossenes Kaufhaus geraten oder Teil einer etwas anderen Clubkultur geworden ist. Letzteres ist der Fall und so wird er sie früher oder später bemerken: die heimlichen Herren des Mammuts.

Liebelei unter Aufsicht

Sie kichern und flirten an Orten, an denen sich im Budapester Alltag erschöpfte Ehemänner von ihren kaufsüchtigen Frauen erholen und gelangweilte Kleinkinder nach Eis quengeln. Die funkelnden Kleider spiegeln sich in den Schaufenstern und immer wieder füllen sich die drei Blondchen ihre selbst mitgebrachten Plastikbecher mit Sekt auf. Alle paar Minuten kommt eine Jungengruppe an der von den Mädchen besetzten Sitzbank neben der Rolltreppe vorbei.

Ein breiter Gang und die eine oder andere Rasierklinge unter den Achseln, aber irgendwie doch sympathisch. Sie sind zwischen 16 und 20 und haben dieses jugendliche Feuer in den Augen. Diese Nacht wollen sie nach den Sternen greifen, das ist klar. Nach welchen Sternen, das wissen sie selbst nicht so genau, schließlich sind sie zu stolz sich mit den kichernden Mädchen zu unterhalten. Die Dreiergruppe wird dennoch nicht alleine bleiben, so sind neben den "Alphatieren", die irgendwie doch keine sind, auch fröhliche Jungs erschienen, die etwas platt fragen, ob die Damen denn vergeben seien. Die Mädchen antworten: "lehet" (kann sein) und geben damit den Startschuss für einen intensiven Flirt unter ständiger Beobachtung von Kameras und der einen oder anderen Sicherheitskraft.

Spaziergang vs. Clubszene

Ein sonderbares Bild: Auch reifere Pärchen nutzen die Möglichkeit und sitzen verträumt an menschenleeren Ecken der zwei Gebäude, die über Brücken zu einem großen Ganzen verbunden sind. Einige sind scheinbar nur gekommen, um nach dem Kneipenbesuch etwas durch die Gänge des Mammuts zu spazieren und diesen "Nachts-im-Kaufhaus-Zauber" zu spüren.

Im dritten und vierten Stock dann ein vollkommen anderer Eindruck: Die "Kaufhausromantik" der unteren Stockwerke ist Geschichte. Sie wird getilgt von lauter Musik, die von einem Bowling Club nach amerikanischen Stil herüberschallt und dem geschäftigen Schwatzen der Gäste von Bars, Cafés und Imbissbuden. Die Bacardi Bar, das Fridays oder das Leroy Café sind vor allem Schauplatz für die „hast du was, bist du was“-Mentalität der neureichen Ungarn. Das Dokk Café (Foto oben), der kleine Bruder des Dokk Beach auf der Hajógyári Sziget macht durch Black Music, sprich R‘n‘B und Hip Hop auf sich aufmerksam. Die riesigen Flatscreens im Eingangsbereich und die herausgeputzten Gäste schaffen die Illusion, Teil eines amerikanischen Vorstadttraums zu sein. Ein Stockwerk höher, dann das Kameleon: Freitags größter Salsa Club Osteuropas und Samstags Schülerdisko. Hier schwindet das letzte bisschen „Kaufhauszauber“ und wird durch wildes Tanzvergnügen ersetzt.

Fazit

Die Party Szene im Mammut ist vor allem für die Schönen und Reichen gedacht, bzw. für diejenigen, die sich für eins von beidem halten. Das wirkliche Event bleibt trotz den Menschenmassen im dritten Stock und dem ansehnlichen Programm des Kaméleons im vierten Stock das Mammut selbst. Die "surreale Kaufhausromantik" ist ein urbanes Erlebnis der besonderen Art und lädt Alt und Jung zu einem Nachtspaziergang zwischen 330 beleuchteten Boutiquen ein. Das Kaufhaus ist ein Ort mit enormen Flirtpotenzial, wer „verliebt in Budapest" sein möchte, wird hier fündig.

Tibor Wilhelm Benedek

Mammut Einkaufszentrum
Telefon: (+36 1) 345-8020, (+36 1) 345-8333
Fax: (+361) 345-8005
E-mail:
mammut@mammut.hu
Website:
www.mammut.hu

Kaméleon
Telefon 06 (1) 345-85-47
E-Mail:
info@kameleonmulato.hu
Website:
http://www.kameleonmulato.hu

Dokk Café
Telefon: +36.30.43.63.666
Website:
www.dokkcafe.hu

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