(c) Pester Lloyd / 43 - 2009 POLITIK 20.10.2009
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Rotierende Bürgermeister
Nachrichten aus der ungarischen Provinz
Ob es an der Tristesse der ungarischen Provinz liegt oder einfach Zufall ist, dass sich einige Bürgermeister ins fahle nationale Rampenlicht drängen?
Jedenfalls poltern und röhren einige Dorfplatzhirsche derzeit lauter als sonst üblich. Die meiste Presse hat natürlich Zsolt Pava, Bürgermeister in Pécs,
wegen seines heldenhaften Befreiungskampfes um das ungarische Wasserwesen gegen die französische Fremdenlegion. Aber auch aus Esztergom, Edelény und Monok erreichen uns merkwürdige Nachrichten.
Bürgermeister von Esztergom hat Angst um sein Leben
Der Bürgermeister von Esztergom fühlt sich
als Opfer eines Mordkomplotts, in das die Sozialisten involviert sein sollen. Tamás Meggyes sagte, dass Unbekannte ihn auf Motorrädern und bewaffnet mit Pistolen bedroht hätten und ihm die Tötung
ankündigten. Der Fidesz-Politiker sagte auf einer Demonstration, die er für sich organisieren ließ, dass diese gedungenen Mörder "von der sozialistischen Partei
bezahlt" würden. Seit Ende August liege ihm eine entsprechende Warnung der Polizei vor. Rund 1.000 Menschen nahmen an der Unterstützungskundgebung für
ihn teil, bereits zuvor gab es eine Protestkundgebung gegen ihn, organisiert vom Demokratischen Forum. Die Polizei bestätigte, dass sie Untersuchungen über
Mordversuch anstelle, wollte aber keine weiteren Details nennen.
Wieder Ärger um Molnár
Der Fidesz-Abgeordnete Oszkár Molnár,
gleichzeitig Bürgermeister der kleinen nordungarischen Gemeinde Edelény, hat sich einmal mehr ins mediale Rampenlicht gesetzt. Vor einigen Wochen brachte er hunderte Roma gegen sich auf, als er sagte,
dass die Roma-Frauen sogar ihre ungeborenen Kinder schänden würden, nur am mehr soziale Unterstützung zu gelangen. Nun legte er zu einem anderen Thema nach: Der Einfluss des globalen
Kapitals "also wenn sie so wollen, jüdischen Kapitals, dass die ganze Welt erobern will", habe bereits einmal zu einer Stimmung geführt, die Hitler, die Nazis und
den Holocaust möglich gemacht habe. Ein Sprecher der Sozialisten kündigte an, dass man die Immunität des Abgeordneten aufheben will, um polizeiliche
Ermittlungen gegen ihn zu ermöglichen. Problematisch ist nur, dass sich Molnár nach ungarischem Recht mit seinen Äußerungen vermutlich gar nicht schuldig
gemacht hat. Die MSZP sagte, dass Molnár hinter der Maske des Fidesz eindeutig Positionen der rechtsextremen Partei Jobbik vertrete.
Neue "Einheitspartei" aus Monok
Der Bürgermeister von Monok, unweit von
Miskolc, Zsolt Szepessy, hat eine eigene Partei gegründet, mit der er auch landesweit bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2010 antreten will. Die "Összefogás Párt" (Partei
der Einheit, bzw. Einheitspartei) will sich laut Szepessy für den "Schutz nationaler Interessen", die "Dezentralisierung der Politik" und die "Lösung von
Alltagsproblemen" einsetzen. Vor allem auf die unentschlossen Wähler wolle man sich konzentrieren. Bisher hat sich Bürgermeister Szepessy vor allem dadurch
bekannt gemacht, dass er die Auszahlung von Sozialhilfe an Familien verweigert hat, die "ihre Kinder nicht regelmäßig in die Schule schicken". Gemeint sind damit
Roma, deren Kinder aber zum Teil von als privat umdeklarierten Schulen abgelehnt worden sind. Eine Lösung dieses "Alltagsproblems" hat auch Szepessy noch nicht gefunden.
Sturm im Wasserwerk
Der Bürgermeister im ungarischen Pécs "enteignet" eine westliche Firma mit militärischer Gewalt und löst so eine zweite Suez-Krise aus
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