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(c) Pester Lloyd / 02 - 2011  TSCHECHIEN 10.01.2011

 

Rote Roben online

Tschechien deckt die KP-Vergangenheit seiner Richter auf

Für Diskussionsstoff sorgt dieser Tage in Prag eine Entscheidung des tschechischen Verfassungsgerichtes, die das Justizministerium dazu zwang, eine Liste von Richtern und Staatsanwälten zu veröffentlichen, die vor der Wende von 1989 Mitglied in der kommunistischen Partei waren. Daraus geht hervor, dass sich in den Gerichten fast nichts bewegt hat. Während das einem Teil der Gesellschaft eher egal ist, sieht ein anderer die Wende nicht voellendet.

Das Verfassungsgericht der Tschechischen Republik hat vorsorglich schwarze Roben angezogen...

Das Höchstgericht wies mit seiner Entscheidung einen Einspruch des Justizministeriums ab, das die Angaben über die frühere Mitgliedschaft als sensible Information einstufen lassen wollte. In der Begründung meinten die Verfassungrichter, dass gerade das Gegenteil der Fall sei. Diese Angaben sollten "die Grundlage für eine gesellschaftliche Diskussion über die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern bilden". In einer ersten Publikation auf der Webseite wurden die Daten von tausenden Richtern und Staatsanwälten veröffentlicht. Danach waren rund ein Fünftel von über 3.000 Richtern in der KP sowie nahezu ein Drittel der über 1.200 Staatsanwälte. Fast die Hälfte aller Richter am Obersten Gerichtshof hatten einmal ein kommunistisches Parteibuch. Die Liste ist aber noch nicht vollständig.

Die Meinungen zu diesem Umstand sowie zur Veröffentlichung dieser Daten sind naturgemäß geteilt. Während ein Teil der öffentlichen Äußerungen dahin tendiert, dass diese Frage 21 Jahre nach der Wende kaum noch Relevanz besitzt, fühlen sich vor allem die konservativen Teile der Gesellschaft sowie diejenigen, die unter dem "Realsozialismus" gelitten haben in ihrer These bestätigt, wonach das alte System noch immer nicht richtig überwunden wurde.

Die Daten legten nahe, dass, je höher das Richteramt angesiedelt ist, desto häufiger auch eine Verquickung mit der ehemaligen Staatspartei festzustellen ist, ebenso wie es in Vorwendezeiten der Fall gewesen ist. So sind 31 von 66 Obersten Richtern Ex-Kommunisten, während auf der lokalen Ebene nur ein Anteil von knapp über 10% festzustellen ist. Es sei außerdem "schockierend", dass von denen zur Zeit der Wende aktiven 714 KP-Mitgliedern im Richterdienst heute immernoch 618 in Amt und Würden seien. Hier hat also weder eine Aufarbeitung noch ein Generationenwechsel stattgefunden, bemängeln Kommentatoren.

Direkte arbeitsrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen hat die Veröffentlichung der Daten nicht, doch halten nicht wenige Fachkommentatoren die Veröffentlichung für eine unglückliche Wendung und sehen einen Nachteil für die Unabhängigkeit der Richter, denen nun, aufgrund ihrer politischen Vergangenheit in bestimmten Fällen schnell Befangenheit vorgeworfen werden könnte, z.B. wenn es um Verhandlungen geht, in denen ebenfalls ein ehemalige KP-Mitglied, weshalb auch immer, vor Gericht steht. Außerdem könnte nun bei Beförderungen und Postenbesetzungen zweierlei Maß angelegt werden und die Ex-KP-Mitglieder - auch wegen des öffentlichen Druckes - benachteiligt werden. Dem wird entgegnet, dass diese Richter jahrelang einen Unrechtsstaat mitgetragen hätten und es eher ein Versäumnis der Geschichte ist, dass diese Richter nicht schon gänzlich aus dem Dienst entfernt wurden.

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