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(c) Pester Lloyd / 07 - 2011  KROATIEN 14.02.2011

 

Die Mitgliedschaft ist nicht genug

Geschacher um EU-Beitritt von Kroatien

Der Berichterstatter an das EU-Parlament hat "die falschen Hoffnungen", die der ungarische Premier Viktor Orbán bei den Bürgern von Kroatien hinsichtlich eines Termins für den Abschluss der Beitrittsverhandlungen bis April geweckt habe, scharf als "verantwrtungslos" kritisiert. Geht alles schief könnte der eigentlich für 2011 gedachte Beitritt sogar bis 2014 dauern. Kroatiens Präsident denkt aber schon darüber nach, wie er seinen Nachbarn in die EU hineinhelfen kann.

Unberechtigte Hoffnungen gemacht? Ungarns Premier und EU-Ratspräsident Orbán letzte Woche bei seiner kroatischen Amtskollegin Jadranka Kosor in Zagreb. Foto: MEH

Der Berichterstatter an das EU-Parlament über die Fortschritte bei Kroatiens EU-Beitritt, der Österreicher Hannes Swoboda hat "die falschen Hoffnungen", die der ungarische Premier Viktor Orbán bei den Bürgern von Kroatien hinsichtlich eines Abschlusses der Beitrittsverhandlungen bis April geweckt habe, scharf kritisiert. Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete nannte es "unverantwortlich, was Orbán tat." Er sei nicht in der Lage einen Abschluss der Gespräche für Ende April festzulegen. Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft hat den Abschluss der Verhandlungen während ihrer Amtszeit, also bis Ende Juni, als eine Kernpriorität formuliert, der Beitritt, so der offizielle Zeitplan, sollte dann schon während der polnischen Präsidentschaft im zweiten Halbjahr stattfinden, bzw. klar fixiert sein. Bei seinem Besuch bei Amtskollegin Jadranka Kosor in Zagreb in der vorigen Woche, gab sich Orbán schon vorsichtiger, er wolle nicht spekulieren, geht aber davon aus, dass der Termin bis April steht, was von den kroatischen Medien recht euphorisch aufgenommen wurde.

Kroatien habe zwar eine Menge erreicht, aber noch einen langen Weg vor sich, meint hingegen Swoboda (Foto rechts). Mögliche Termine könne man nicht vor dem 11. März verkünden, an dem die Europäische Kommission ihre Einschätzung darüber abgibt, "ob Kroatien die Kriterien der Verhandlungskapitel für Justiz und Grundrechte erfüllt" hat. Kroatien müsse am Tag seines Beitritts in die Gemeinschaft besser dastehen als Rumänien und Bulgarien, die immer noch Probleme beim Kampf gegen Korruption und Verbrechen haben und die auch die Verspätung ihres Beitritts in die Schengezone begründen, so Swoboda sinngemäß, der in dieser Woche seinen Abschlussbericht über die kroatischen Fortschritte vorlegen wird. Swoboda kritisierte die ungarische Regierung bereits sehr deutlich aus Anlass des Mediengesetzes, weshalb ihm Budapest ideologische Motive unterstellt.

Während dieser EU-internen Debatten ist man in Kroatien selbst offenbar schon einen Schritt weiter. Denn "die Mitgliedschaft ist nicht genug", sagte Ende letzter Woche der kroatische Präsident Ivo Josipovic (Foto rechts), man wolle auch den Nachbarn dabei helfen, der EU beizutreten. So äußerte sich am Ende seiner USA-Reise auf einer Konferenz zum 15. Jahrestag des Abkommens von Dayton (Ende Bosnienkrieg). "Die Region muss sich darüber im Klaren sein, dass Europa ohne die südosteuropäischen Länder nicht vollständig ist", "Wir müssen Vertrauen aufbauen und über unsere gemeinsame Geschichte ins Reine kommen. Natürlich ist mir klar, dass nicht jeder in der Region die gleiche Sicht auf die Vergangenheit haben kann, wir müssen aber die gleichen Grundprinzipien und Werte vertreten.", so Josipovic.

Die Vergangenheit holt Kroatien immer wieder ein, derzeit liegen sieben deutsche Haftbefehle wegen Mordes gegen frühere hochrangige Mitarbeiter des jugoslawischen Geheimdienstes vor, die auch heutige kroatische Staatsbürger betreffen. 1983 soll bei München ein jugoslawischer Dissident von zwei Männern durch Schüsse und Axthiebe ermordet worden sein, der zuvor angekündigt hatte, korrupte Machenschaften im Staatsapparat publizieren zu wollen. Die deutschen Behörden würden auf die Auslieferung der Beschuldigten bestehen, eine direkte Bedingung für die Zustimmung Deutschlands für die EU-Aufnahme wurde daraus jedoch bisher nicht formuliert, gleichwohl belastet der Vorgang den Fortschritt.

Wie lang der kroatische Weg bis zum Beitritt werden könnte, rechnete jetzt das österreichische “Wirtschaftsblatt” vor, denn "der Ratifizierungsprozess in den Parlamenten der EU-Staaten könnte bis zu 18 Monaten oder länger dauern. Das EU-Parlament würde über den Antrag erst im Oktober 2011 abstimmen, die Mitgliedsstaaten erst ab 2012. Daher könnte Kroatien nicht, wie ursprünglich geplant, 2012 oder Anfang 2013 beitreten, sondern, erst 2014 Vollmitglied der EU sein" zitiert das Blatt wiederum Hannes Swoboda und sieht die sich lang hinziehenden Privatisierungen von sechs staatlichen Schiffswerften als wesentliches Hemmnis in die EU, die sich allerdings auch deswegen verzögern, weil ein österreichischer Bieter, die A-Tec zwischenzeitlich Pleite gegangen ist.

red.

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