(c) Pester Lloyd / 08 - 2011 KOSOVO
24.02.2011
Illustre Doppelspitze
Ein Ex-Partisan und ein Milliardär führen das Kosovo
Der einflussreiche Unternehmer mit Schweizer Pass, Behgjet Pacolli, und der ehemalige Lieblingspartisan des Westens, Hashim Thaçi, sollen in den kommenden
vier Jahren den Kosovo führen, - ihm Ruhe, Stabilität und die Chance zum Wachstum geben. Die Mehrheiten für die beiden im Parlament waren denkbar knapp, das Land
entging gerade noch so Neuwahlen. Erstmals sind auch Vertreter der Serben in der Regierung, angeblich "ein Zeichen", doch eher "ein Deal".
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Der Unternehmer Behgjet Pacolli (auf dem Foto links), der als "der reichste Albaner" gilt
und auch einen Schweizerr Pass besitzt, ist am Dienstag im dritten Wahlgang des kosovarischen Parlaments zum Präsidenten des Kosovo gewählt worden. 62 Abgeordnete
stimmten für den 59-jährigen Anführer der Partei „Allianz für ein neues Kosovo“ (AKR), vier gegen ihn, ein Stimmzettel musste für ungültig erklärt werden. In den ersten beiden
Wahlgängen hatte Pacolli nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit der 120 Abgeordneten erhalten, für den dritten Wahlgang reichte die einfache Mehrheit aus. Die Parteien der
Opposition waren den Abstimmungen fern geblieben. Auch Abgeordnete der Regierungskoalition distanzierten sich zum Teil lautstark von Pacolli.
Pacolli legte sogleich den Amtseid ab und betonte in seiner Antrittsrede die großen
Herausforderungen und Verantwortungen, die nun vor ihm lägen. Er sprach den Abgeordneten seinen Dank für ihr Vertrauen in ihn aus, „dem Pfad des historischen
Präsidenten Ibrahim Rugova“ zu folgen und den „Willen unserer Helden“ zu erfüllen. Pacolli, der in den 1970er Jahren in Deutschland studierte und später in der Schweiz lebte
(wo er Thaçi näher kennengelernt haben dürfte, der baute nämlich dort die UCK auf), ist Eigentümer der internationalen Baufirma Mabetex. Mabetex war an Neuerungsarbeiten im
Kreml (angeblich aufgrund guter Geschäftsverbindungen Pacollis nach Moskau) sowie der Errichtung der neuen kasachischen Hauptstadt beteiligt. Die Firma spielt zudem eine
bedeutende Rolle im kosovarischen Bauwesen und hat den Zuschlag zu einem Projekt über 15 Millionen Euro zur Errichtung eines Regierungsgebäudes und der Renovierung des
„Illyrian“, einem der bekanntesten Hotels Prishtinas erhalten.
Die Partei Pacollis hatte in den Parlamentswahlen 2007 mit einem technokratischen
Wahlprogramm, das Transparenz, Invesititonen und Arbeitsplätze versprach, die drittmeisten Stimmen erhalten. Daraufhin hatte Pacolli sich ohne entsprechendes Mandat
um die diplomatische Anerkennung des Staates Kosovo bemüht, was zu Konflikten mit dem Außenministerium führte. Pacolli konnte dabei die Anerkennung des Kosovo durch die
Malediven und andere Inselstaaten erreichen. Seine Absicht, Präsident des Landes zu werden, hatte er bereits seit längerem offen verkündet
Das Parlament erteilte mit knapper Not ebenfalls der neuen Regierung unter
Ministerpräsident Hashim Thaçi ein Vierjahresmandat. Die Regierungskoalition setzt sich aus der von Thaci angeführten „Demokratischen Partei des Kosovo“ (PDK), bei der es sich
um die größte Partei im Parlament handelt, Pacollis AKR sowie mehreren kleinen Parteien zusammen, darunter auch eine Partei der liberalen serbischen Kosovaren, was im Westen
fälschlicherweise als Zeichen der übergreifenden nationalen Kooperation kommentiert wurde. Im Kosovo sehen die meisten die Sache so, dass er den Serben politische und
fiskalische Zugeständnisse gemacht hat, um sich deren Stimmen "zu kaufen", weil er anders kaum zu einer Mehrheit gekommen wäre. Thaçi steht, seit dem Bericht des
Schweizer Europarat-Abgeordneten Dick Marty auch offiziell im Verdacht, über Beziehungen zum organisierten Verbrechen in Kosovo zu verfügen und am illegalen
Organhandel und anderen Verbrechen während der Bürgerkriege aktiv beteiligt gewesen zu sein. Er weist diese Vorwürfe als Kampagne seiner politischen Gegner zurück, allerdings
wird von seltsamen Todesfällen potentieller Zeugen berichtet.
“Meine wichtigste Botschaft an Euch alle, besonders die Oppositionsparteien, die in einer
Demokratie einen hohen Stellenwert haben, ist: lasst uns im Interesse des Kosovo und seiner Menschen zusammenarbeiten." sagte der wiedergewählte Premier. Sein Kabinett
besteht alleine aus fünf Stellvertretern (einer davon ist der kosovarische Serbe Petrovic), achtzehn Ministern und vier Staatssekretären im Ministerrang.
red. / S.R.
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