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(c) Pester Lloyd / 31 - 2011  NACHRICHTEN 02.08.2011

 

Geizige Patrioten

Spendenfonds gegen Staatsschulden in Ungarn ist ein Reinfall

Die Spendierhose zählt offenbar nicht zur offiziellen ungarischen Nationaltracht. Wenn Patriotismus konkret wird, werden beflissene Fahnenschwenker plötzlich kleinlaut. Innerhalb von mehr als einem Jahr kamen gerade 123 Mio. Forint, umgerechnet gerade einmal 456.000 EUR zusammen. Größter Geber ist ein Winzer, gefolgt von einer Touristen-Csárdá, insgesamt fanden sich nicht einmal tausend Einzelspender, auch die Kirchen glänzen durch Askese.

Neben den vielen budgetären und fiskalischen Maßnahmen zur Stabilisierung des Staatshaushaltes, hatte die neue ungarische Regierung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit auch einen Fonds für freiwillige Spenden aus der Bevölkerung eingerichtet, der dem Schuldenabbau dienen sollte. Man appelierte damals an das patriotische Gewissen der Ungarn, die, die es sich leisten können, sollten einen zusätzlichen freiwilligen Beitrag zur Gesundung der Staatsfinanzen erbringen. Doch sobald es ans Eingemachte geht, werden viele Patrioten sehr kleinlaut, wie es scheint. Die Spendenlust ausländischer Unternehmen dürfte sich durch die Verhängung von zusätzlichen Krisensteuern ohnehin erledigt haben.

Der Fonds ist jedenfalls ein kompletter Reinfall. Innerhalb von mehr als einem Jahr kamen gerade 123 Mio. Forint, umgerechnet gerade einmal 456.000 EUR zusammen, während der Staat selbst, durch Einsparungen, Ausgabenstopps und Sondererlöse bereits 78 Mrd. Forint dafür lukrierte, nicht immer mit unzweifelhaften Methoden wie man heute weiß. Dabei ist u.a. hier nachzulesen, dass es in Ungarn eine ganze Reihe prächtig verdienender Unternehmer gibt, die wesentlich mehr beisteuern könnten als ihre normalen Steuern, wenn sie diese überhaupt im vollen Umfang in Ungarn bezahlen. Allein ein Bankchef investierte das Vielfache der Spendensumme kürzlich in seinen privaten Weinberg, geistig-moralische Wende?

Größter Einzelspender ist die Weinfirma des Vorzeigewinzers József Bock aus Villány, der 8 Mio. Forint, knapp 30.000 EUR beisteuerte, es ist freilich Zufall, dass dessen Weine auch bei Staatsbanketten imme präsent sind, der Qualität wegen. Danach folgen zwei Abgeordnete der Regierungsparteien, der Fidesz-Europaparlamentarier und Unternehmer László Surján mit 4,2 Mio. HUF sowie Tihamer Horváth von der KDNP. Die vielen Reisenden zum glück nur dem Namen nach bekannte Páprika-Csárdá am Grenzübergang Hegyeshalom folgt bereits auf Platz 4 mit einer Spende von 3 Millionen Forint, was beim sonstigen Gejammer der Wirte verwundert, aber wer weiß, wozu es gut gewesen sein wird.

Auch Präsident Schmitt und der Wirtschafts- und Finanzminister Matolcsy machten eine Spende, letzterer sozusagen sich selbst, sie opferten jeweils ein Monatsgehalt von 1,5 bzw. 1,1 Mio. Forint. Die Anregung für diesen Fonds kam übrigens von einem katholischen Priester, dafür waren die Kontribute seitens der katholischen Kirche jedoch auffallend gering geblieben, der eigene Klingebeutel war noch stets wichtiger als Gemeinwohl, auch wenn man seit 2000 Jahren hartnäckig das Gegenteil behauptet und durch milde Gaben kaschiert, die andere ebensogut vollführen könnten, würden sie vom Staat derart bevorzugt. Insgesamt haben nicht einmal 1.000 Personen bzw. Firmen eine Spende abgeliefert, wohl ein ziemlich deutliches Statement hinsichtlich des praktischen Nutzens des neuerlich ausgebrochenen Nationalismus`im Lande.

red.

 

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