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(c) Pester Lloyd / 33 - 2011  GESELLSCHAFT 19.08.2011

 

Inseln der Freude und des Hasses

Rechtsextreme in Ungarn rufen zum "Krieg der Rassen" auf

Während hunderttausende Jugendliche aus ganz Europa auf dem Sziget Festival in Budapest ein multikulturelles Fest feierten, rief eine Gegenveranstaltung, die "Magyar Sziget" zum Mord an Menschen fremder Rasse auf. Mit dabei: ein Parlamentsabgeordneter, der daran "nichts Verwerfliches" findet. Während die Polizei einen Überfall auf die Sziget verhinderte, ist die politische Empörung gegen die rassistischen Ausfälle eher kleinlaut.

Das diesjährige Szigetfestival hat knapp 400.000 Besucher angelockt und konnte damit an seine Rekordzeiten nicht anschließen, stellte Cheforganisator und Haupteigner Károly Gerendai nach Abschluss der Sziget 2011 fest. Vor allem einheimische Besucher blieben dem Festival fern, es ist ihnen schlicht zu teuer, mittlerweile waren von den Käufern der Wochentickets bereits 80% Ausländer. Gerendai erwartet "einige Hundert Millionen Forint Verlust", vor allem das Konzert mit dem Künstler Prince, für das nur 10.000 Tagestickets generiert wurden schlug  mit einem Minus von über 100 Mio. Forint (ca. 360.000 EUR) ins Budget. Man werde die Verluste in der Gruppe aber durch die Gewinne bei anderen Festivals wie dem Balaton Sound und dem Volt ausgleichen, so der Veranstalter.

Anderes Publikum, andere Programmschwerpunkte. Während sich die dekadente Westjugend mit Kommerzrock abspeisen lässt, üben die 100%igen alte Fertigkeiten, die auch ohne Internet funktionieren.

Alljährlich findet kurz vor dem europaweit bekannten Sziget Festival in Budapest in der Provinz eine Art völkischer Gegenveranstaltung statt, die "Magyar Sziget". Diese wird von rechtsextremen Gruppen organisiert, es gibt Musik, Tanz, alt-magyarische Zeltdorfathmosphäre, viel Alkohol und Plattformen für die politische Selbstdarstellung des rechten Randes. Im Vorjahr wurden im “Rahmenprogramm” Journalisten mit einer Machete bedroht, 2009 ein paar Zigeuner verprügelt (siehe: http://www.pesterlloyd.net/2009_32/0932mgysziget/0932mgysziget.html)
, in diesem Jahr bei einer Ansprache zum Krieg gegen fremde Rassen in Ungarn aufgerufen. Auch beim Sziget Festival gab es den Auflauf der "Bewegung der 64 Komitate", einer revanchistisch-faschistoiden Organisation, begleitet von einem Abgeordneten der Parlamentspartei Jobbik. Diese protestierten, trotz Polizeiverbots, für "ungarische Werte" gegen die Multikulti-Veranstaltung von tausenden Jugendlichen aus ganz Europa.

Ein Fidesz-Abgeordneter, der an den Aufrufen zum Massenmord an Nichtungarn "nichts Verwerfliches" fand, wurde bei einer dieser Demos verhaftet, mittlerweile hat sich sogar seine Partei von "solchen Aufrufen" distanziert. Rund einhundert Demonstranten aus dem rechtsextremen Spektrum lieferten sich im Eingangsbereich der Sziget Rangeleien mit Sicherheitsdiensten und der Polizei, weil sie ohne Tickets auf das Festivalgelände drängten. Die Polizei verhaftete einige Leute, darunter auch den Jobbik-Abgeordneten Gyula György Zagyva, der nun mit der Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität rechnen muss, wegen Störung der öffentlichen Ruhe und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Für Menschenrechtsgruppen und die linke Opposition ist es mit der juristischen Aufarbeitung aber nicht getan, sie erwarten eine deutliche Antwort der Politik. Die MSZP forderte eine Sondersitzung des Nationalen Sicherheitsausschusses beim Parlament, da der Aufruf eines Vertreters der "64 Komitate" zum Bürgerkrieg, genauer eines Angehörigen der "Betyárség", die sich auch schon in Gyöngyöspata prozuzierte, nicht nur rassistisch war, sondern die Ordnung des Landes insgesamt in Frage stellt. Es handelt sich um Aufruf zum Massenmord stellte ein Vertreter des MSZP-Vorstandes fest und dies von einer Organisation, die sich offen als Partner der Parlamentspartei Jobbik deklariert. Diese distanzierte sich am Dienstag öffentlich von den Äußerungen, da "sie Ungarn nicht dienlich" gewesen seien.

Die Regierungszeitung "Magyar Nemzet" berichtet von Ermittlungen des Antiterrorismus-Zentrums, Juristen merkten an, dass der Aufruf zur Straftat aus rassistischen Motiven als Strafrechtstatbestand geahndet werden muss. Das ungarische Helsinki Komitee wandte sich in der Sache an den Premier, den Präsidenten sowie den Generalstaatsanwalt. Alle drei schwiegen bisher dazu, so als wäre schon alles gesagt.

red.

 

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