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(c) Pester Lloyd / 44 - 2011  SPORT 03.11.2011

 

Der letzte der Großen

Der ungarische Fußball-Kaiser ist tot

Anfang dieser Woche verstarb Flórián Albert, der „Császár“ (Kaiser) des ungarischen Fußballs. Mit ihm geht das wohl letzte Idol der großen Zeit des ungarischen Fußballs, der in seinen besten Zeiten sogar Eusebio und Beckenbauer in den Schatten stellte. Die Fans trauern, besonders jene des Kultclubs Ferencváros, wie um ein Familienmitglied. Wir sprachen mit einem, der "Flori" persönlich kannte.

Wie Alberts Verein Ferencváros (FTC) Budapest mitteilte, erlag der 70-jährige einem Herzinfarkt, noch letzte Woche war er am Herzen operiert worden. Vor dem Albert-Flórián-Stadion des Ferencvároser Traditionsvereins an der Üllöi út, welches seit 2008 zu Ehren der Legende den Namen des nun Verstorbenen trägt, versammeln sich seit Montag morgen Trauernde, um ihrem Idol die letzte Ehre zu erweisen. Es werden Blumen und Kerzen vor dem Bild Alberts niedergelegt, in einem Kondulenzbuch kann man sein Beileid aussprechen.

Ständig kommen und gehen Menschen, alte Männer ziehen ihre Hüte, junge Pärchen, Eltern mit ihren Kindern, Großväter mit ihren Söhnen und Enkelsöhnen stehen leise und bedächtig um den Traueraltar, dem Kreis aus Kerzen, Blumen und grün-weißen Schals. Im Hintergrund rauscht die vierspurige Üllöi út. Gelegentlich bleibt ein Auto unvermittelt auf dem Seitenstreifen stehen - die Fahrer machen das Warnblinklicht an, steigen aus und gesellen sich spontan für einige Minuten zu den Trauernden.

Hier trauern nicht nur die „Fradisták“, wie die Fans des beliebtesten ungarischen Fussballvereins genannt werden, sondern alle, die den Fussball und seine großen Spieler lieben, die wissen, dass Albert einer der besten ungarischen Fussballer, sicher jedoch der Beste seit den 1960er Jahren, also der Zeitrechnung nach dem Ende der Ära der „Aranycsapat“ (goldene Mannschaft) um Puskás, Kócsis und Hidegkuti in den 50ern war und für immer zu den ganz Großen des ungarischen Fussballs zählen wird.

Trauer am Stadion, das den Namen des Verstorbenen trägt. Foto: Pester Lloyd

Auch Tibor Gömöri, 63, ist gekommen, nachdem er im Fernsehen vom Tod Alberts gehört hat, er hat Blumen mitgebracht und ist sichtlich betroffen. Gömöri ist seit seiner Jugend Ferencváros-Fan und seit langer Zeit Vereinsmitglied. Er kannte „Flori“, wie er Albert liebevoll nennt, sogar persönlich, da er mit dessen Bruder früher bei Ikarus BSE spielte und nicht selten Albert und einige andere Fradi-Spieler zu den Spielen auftauchten, „danach saß man zusammen und unterhielt sich.“ Auf die Bedeutung Flórián Alberts für den Club und das Spiel des „Czászár“ angesprochen, sagt Gömöri: „Jeder der Fradi mag ist heute betroffen, Fradi ist mit dem Namen Albert Flórián untrennbar verbunden, er war der größte Fradi-Spieler aller Zeiten. Ich habe alle seinen wichtigen Spiele für Fradi gesehen, er war ein Spieler mit einer unglaublichen Spielintelligenz, mit der er sogar international zu den Größten dazugehörte“.

Tatsächlich war Albert der letzte große weltweit anerkannte und bewunderte ungarische Fussballstar. 1967 gewann er als bisher einziger ungarischer Fussballer den goldenen Ball  - den Preis für Europas Besten Fußballer – und setzte sich damit gegen Größen wie Bobby Charlton, Franz Beckenbauer und Eusebio durch. Der Ehrung ging unter anderem die Weltmeisterschaft 1966 in England voraus, bei welcher Albert mit zu den Torschützenkönigen gehörte und vor allem in dem legendären Spiel gegen Brasilien (3:1 für Ungarn) eine unvergessliche Leistung darbot. So heißt es z.B. auf der FIFA-Homepage über die Leistung Alberts bei diesem Spiel, „Florian Albert ließ Pelé an diesem Tag vergessen“ und Fifa-Präsident Blatter schreibt in seinem Kondolenzbrief: „Ich erinnere mich an seine herausragende Leistung gegen Brasilien, die ihn zu einem der Größten seiner Zeit werden ließ...Mit seiner überragenden Technik und Ballkontrolle war Florian einer der elegantestes Fussballer der Welt“.

Trotz zahlreicher Angebote europäischer Topclubs blieb Albert sein ganzes Fussballerleben und sogar darüber hinaus seinem Verein Ferencváros Budapest treu. Nach seinem Karriereende engagierte er sich als Jungendtrainer im Club und war bis zuletzt bei Trainern, Spielern und Fans beliebt. Von 1959 bis 1975 holte der Stürmer mit dem Verein vier Meisterschaften und einen Pokalsieg an den Ullöi út, dabei schoss er in 351 Ligaspielen 256 Tore für die grün-weißen Adler, für die er insgesamt 537 Mal auflief. In der Saison 1964/1965 gewann Albert mit dem Club den europäischen Messe-Pokal, nachdem man u.a. AS Rom, Manchester United und im Finale Juventus Turin bezwang. Mit der Nationalmannschaft, für welche er in 75 Partien 32 Tore erzielte, nahm er an der Olympia 1960 (3. Platz), den Weltmeisterschaften 1962 und 1966, sowie an den Europameisterschaften 1964 (3. Platz) und 1972 teil, womit sein Name eng mit der letzten nennenswerten Epoche des ungarischen Fussballs verbunden bleibt. Mit Flórián Albert verliert der ungarische Fussball seine letzte große Lichtgestalt.

Christian-Zsolt Varga

Mehr zum Kultklub FTC

http://www.pesterlloyd.net/2009_33/0933fradi/0933fradi.html
http://www.pesterlloyd.net/2009_36/0936ftc/0936ftc.html

 

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