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(c) Pester Lloyd / 47 - 2011  NACHRICHTEN 25.11.2011

 

Abgeordneter in Ungarn schändet Denkmal

Der Parlamentsabgeordnete der neofaschistischen Partei Jobbik, Balázs Lenhardt, muss mit einem Strafverfahren wegen "Herabwürdigung des Andenkens Verstorbener" rechnen, da er sich vor einigen Tagen am Denkmal für den Gründer der ersten ungarischen Republik, Graf Mihály Karólyi, in unmittelbarer Nähe zum Parlament, zu schaffen machte. Lenhardt entfernte die dort abgelegten Blumen und Kerzen und entsorgte diese mit großer Geste und in (zufälliger Anwesenheit) von Medienvertretern in einem Mülleimer.

Sowohl Jobbik- aber auch Abgeordnete des Fidesz empfinden es als nicht mehr zeitgemäß, dass einem "Kommunisten" (Károlyi hatte eine gemäßigte sozialistische Gesinnung, konnte aber nicht die Machtübernahme durch die Ultras um Béla Kun 1919 verhindern) ein Platz am "nationalen Parlament" zustehen sollte. Sogar der Generalstaatsanwalt Péter Polt kommentierte die Denkmalsentweihung öffentlich: er sagte, dass es zu keiner Anklage wegen "Störung der Totenruhe" kommen könne, da dort ja keiner liege. Der Fall, so Polt, stelle in gewisser Weise eine Präzedenz dar. Um Lenhardt vor Gericht zu bringen, müsste das Parlament zunächst dessen Immunität aufheben.

Dabei wurde das Denkmal bereits mehrfach von Jobbik-Abgeordneten geschändet. Auf dem Foto sieht man einen davon (übrigens ein Rechtsanwalt) wie er vor einem Jahr grinsend neben dem Dekmal steht, dem man eine Kippa aufsetzte und - wie in unseligsten Zeiten - ein Schild umhing, darauf: "Ich bin für Trianon verantwortlich."

Am Donnerstag wurde ein weiteres Mal das Denkmal für die im Kampf um die Befreiung Budapests vom Faschismus gefallenen Sowjetsoldaten geschändet und mit Farbe beschmiert. Es gibt seit Jahren zahllose Attacken auf das Denkmal auf dem Szabdság tér (Platz der Freiheit) im Stadtzentrum, das als Teil einer zwischenstaatlichen Vereinbarung von Ungarn gepflegt wird. Am heftigsten waren Angriffe im Umfeld von Demos der Jobbik und der "Magyar Gárda" in den Jahren 2006-9. Nationalistische, aber auch andere konservative Kräfte fordern immer wieder die Verlegung, z.B. auf einen Friedhof. Derartige Ehrenmale gibt es in vielen von der Roten Armee befreiten (dann besetzten) Städten, ein viel größeres als in Budapest steht z.B. in Wien am prominenten Schwarzenberg-Platz, in Berlin u.a. im Tiergarten in Sichtweite des Präsidentenpalais` und werden - zumal als geschichtliche Zeugen - nicht in Frage gestellt.

Auch dem Denkmal des Dichters Attila József droht das Schicksal einer Verlegung. Er gilt zwar in weiten Kreisen als einer der besten Poeten des Landes, im Zuge einer "Umgestaltung" des Platzes, begründet mit der Wiederherstellung der historischen Anlage, könnte auch er aus der Umgebung des Parlamentes entfernt werden. Dagegen gab es kürzlich eine Demo.

 

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