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(c) Pester Lloyd / 50 - 2011  POLITIK 16.12.2011

 

Zugeschnitten

Staatsfernsehen in Ungarn feuert Nachrichtenchefs wegen "schwerer Fachfehler"

Seit Tagen sind einige ehemalige und noch aktive Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im Hungerstreik. Sie protestieren gegen die Zensur-Praxis ihrer Chefs, die ihnen Anweisung erteilt haben, eine unliebsame Person aus dem Programm zu schneiden. Nun will der Staatsfunk Härte zeigen, suspendiert und feuert einige Verantwortliche. Eine Maßnahme, die für das Ausland zugeschnitten wurde, denn das Programm wird sich nicht ändern.

Ein Häuflein Unterstützer für die hungerstreikenden Fernsehjournalisten in Budapest.

Am Donnerstag, 15.12., kamen einige Unterstützer vor das MTV-Gebäude. Nachdem der Skandal um die Retusche des ehemaligen Obersten Richters nicht mehr zu vertuschen war, mahnte der Staatsfunk zunächst ein paar Mitarbeiter ab. Gestern wurde bekannt, dass der MTI-Nachrichtenchef gefeuert wurde, der andere, Nachrichtenchef der Obermedienbehörde, wurde suspendiert und ins Archiv strafversetzt. Dort trifft dieser Dániel Papp, dem eine eklatante Nachrichtenfälschung überhaupt erst auf seinem Posten verholfen hatte (Cohn-Bendit-Fall) übrigens auf die Mitarbeiterin, die er, als Bauernopfer dorthin zwangsversetzen ließ.

 

Am Freitag erreichte uns eine Pressemitteilung der Medienbehörde MTVA, wo mit großen Worten von den strikten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der "glaubwürdigen Berichterstattung" berichtet wird und wie man den "schweren Fachfehler" korrigieren will. Glaubwürdig heißt schließlich noch nicht richtig.

Doch nicht nur der Umstand, dass dies seit dem Mediengestz vor einem Jahr die erste Presseausseundung der Behörde in deutscher Sprache war, legt den Verdacht nahe, hier schneidet man eine Aktion für die westlichen Medien zurecht. Am Programm wird das nicht viel ändern, wie ehemalige Mitarbeiter über die Zustände bei “Kreml-TV” berichten. Blogger Pusztaranger hat diese aufschlussreichen Aussagen hier zusammengestellt: http://pusztaranger.wordpress.com/

Die Pressemitteilung der MTVA überlassen wir dem geneigten Leser im O-Ton zur eigenen Bewertung:

PRESSEMITTEILUNG

Aufgrund in einem Nachrichtenbeitrag des ungarischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks am 3. Dezember 2011 begangenes schweren Fachfehlers, der das Persönlichkeitsrecht von Zoltán Lomnici (der frühere Präsident des Obersten Gerichtshofs) schwer verletzt hatte, wurde das Arbeitsverhältnis von Gábor Élő, Direktor des MTI Nachrichtenzentrums, durch den Generaldirektor der ungarischen Presseagentur Nonprofit geschlossene AG (MTI Zrt.) Csaba Belénessy, mit der Begründung des Vertrauensbruchs heute mit sofortiger Wirkung gelöst.

Die öffentlichen Medien spielen eine herausgehobene Rolle in der glaubwürdigen Berichterstattung. Für diesen schweren fachlichen Verstoss ist der oberste Leiter des Arbeitsbereichs verantwortlich, weshalb die strengste arbeitgeberische Massnahme, nämlich die sofortige Kündigung des Arbeitsverhältnisses des betroffenenen Leiters, gerechtfertigt ist.

Die Leitung des MTI Nachrichtenzentrums hat vorübergehend István Galambos, der stellvertretende Generaldirektor der MTI Zrt. übernommen.

Dr. István Böröcz, der Generaldirektor des Fonds für Medienunterstützung und Vermögensverwaltung (MTVA), hat heute Dániel Papp von seiner Aufgabe als Chefredakteur der Nachrichten und Hintergrundprogramme des MTVA entbunden. Die Chefredaktion wird vorübergehend von Szabolcs Csonka geleitet.

Die Untersuchungen zu den Gründen für den fachlichen Fehler in den Nachrichtenbeiträgen vom 3. Dezember wurden durchgeführt und im Ergebnis haben der Stellvertreter Chefredakteur des MTI Nachrichtenzentrums und drei Mitarbeiter des MTVA bereits früher eine Abmahnung durch ihre Generaldirektoren erhalten.

Die Generaldirektoren Csaba Belénessy und dr. István Böröcz haben die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen und die Anmerkungen auf der Kuratoriumssitzung der öffentlich-rechtlichen gemeinnützigen Stiftung vom 14. Dezember gemeinsam ausgewertet und die Leitungsverantwortung der Leiter des MTI Nachrichtenzentrums und der Chefredaktion des MTVA festgestellt.

Dr. István Böröcz, Generaldirektor des MTVA
Csaba Belénessy, Generaldirektor der MTI Zrt.

red.

 

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