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(c) Pester Lloyd / 04 - 2012      WIRTSCHAFT 23.01.2012

 

Klamme Patrioten

Tröpfelnde Einnahmen im Sonderfonds für Schuldentilgung in Ungarn

Entgegen anderslautender Transparente auf dem "Friedensmarsch für Ungarn" am Samstag, sind nach wie vor "die Staatschulden der Staatsfeind Nr. 1". Daher hat die Orbán-Regierung neben einem guten Dutzend neuer Steuern für alle und einer handvoll für "die Multis" auch einen Fonds eingerichtet, der "jedem Ungarn" die Möglichkeit gibt, seine persönliche Spende, sozusagen in tätiger Nächsten- wie Eigenliebe, abzuliefern. Die Begeisterung hält sich in Grenzen.

Jeder einzelene Forint des "Schuldenreduzierungsfonds", der bereits 2010 eingerichtet wurde, werde zum Abbau der Schulden verwendet. Nach einem Jahr waren 123 Millionen Forint zusammengekommen, was damals noch 500.000 EUR, heute, Staatsfeind Nr. 2-5 sei Dank, nurmehr 405.000 EUR sind. Ein halbes Jahr später vermeldet der Fondsverwalter 196 Mio. Forint (645.000 EUR).

Eine Spende von 3. Mio. Forint für das Operettentheater. Man muss eben Prioritäten setzen können.

Das bedeutet, dass im letzten halben Jahr monatlich im Schnitt 40.000 EUR eingegangen sind. Hurra. Hätte jeder der - konservativ geschätzten - 1 Million Demo-Teilnehmer am Samstag nur 1000 Forint (also 3,30 EUR) seines "Fahrgeldes" abgeliefert, wäre der Gesamtinhalt des Fonds also um ca. 500% überboten worden. Um ungehörigen Fragen aus dem noch immer frechen Medienrund vorzugreifen, sagte der Fondsverwalter, dass er sicher ist, dass "Premier Orbán auch in den Fonds einzahlen wird", was dieser aber noch nicht getan hat, womöglich, weil seine Feindesliste andere Prioritäten kennt. Prügelte man für jede dreiste Journalistenfrage ein paar Pengö aus dem Fragensteller, Ungarn wäre schon längst schuldenfrei und "eines Tages selbst Kreditgeber", wie das unser Premier dieser Tage als Zielvorgabe ausgab.

Die Enttäuschung des Kassenwarts über die immer spärlicher tröpfelnden Einnahmen, war geradezu mit Händen zu greifen. Natürlich seien Mehrwertsteuer (gerade auf Europarekord von 27% erhöht) und andere Verbrauchssteuern und Abgaben für den Staat wichtig, durch diesen Fonds aber, fließt das Geld direkt und ausschließlich in die Schuldentilgung, unterstützte ihn Wirtschaftsminister Matolcsy. Gut, das hatte man den Menschen auch schon zu ihren privaten Rentenbeiträgen versprochen, immerhin im Äquivalent zu 10% des BIP, die der Staat lieber an sich nahm, noch bevor es ein Staatsfeind tun konnte.

Rekordeinzahler seit dem letzten Kassensturz ist übrigens die katholische Diözese von Szeged-Csanád, die bereits zum zweiten Male einen Betrag von 30 Mio. Forint in den staatlichen Klingelbeutel gleiten ließ, was lustig ist, weil die katholische Kirche die meisten Mittel aus Steuergeldern bezieht, weswegen eine Spende daraus relativ wenig Sinn macht, aber der "Spirit" stimmt eben schon. Der vorherige Rekordhalter, der Winzer Bock aus Villány, hielt sich nach seiner 30 Mio. Spende aus dem Vorjahr zurück, immerhin ist die EU-Ratspräsidentschaft, bei der man dessen Weine so großzügig - und rein aus qualitativen Gründen - offiziell unters EU-Volk goss, schon lange Geschichte.

4 Millionen Forint, also rund 13.000 EUR, spendete der EU-Abgeordente (KDNP) und frühere Sozialminister László Surján, die stets sonnige Fidesz-Parteisprecherin Gabriella Selmeczi 2 Mio. HUF, Präsident Schmitt blätterte 1,5 Mio. Forint, ein ganzes Monatssalär hin (dass man hektisch nachgeprüft hätte, ob es sich dabei nicht um übersetzte Kopien bulgarischer Banknoten handelt, ist nur ein böses links-bolschewistisches Gerücht), auch die Minister Navracsics und Matolcsy taten Buße für den Schabernack, den sie sonst so in ihren Büros treiben und drückten je 1,1 Mio. Forint ab, so kann der Nationalwirtschaftsminister immerhin sicher sein, dass überhaupt noch irgendwelches Geld in die Staatskasse fließt. Matolcsy meinte, er würde nun monatlich einen Betrag spenden, was nicht so neu ist, denn das tun ja irgendwie alle Staatsbürger, ob sie wollen oder nicht. Doch vielleicht war ihm das neu...

Man hörte schon von welchen, die gerade ihr Geld ins Finanzministerium fahren wollten, von einer Polizeikontrolle aber darauf aufmerksam gemacht wurden, dass sie ihre Autokennzeichen zu erneuern hätten. Auf einmal war die Kohle wieder weg.

bs.

 

 

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