(c) Pester Lloyd / 05 - 2012 WIRTSCHAFT 03.02.2012
Grounding nach 66 Jahren - Ungarische Malév stellt Betrieb ein
Am Freitag, 3. Februar, hat die ungarische Fluglinie Malév um 6 Uhr nach 66 Jahren ihren
Flugbetrieb, sofort, weltweit und vollständig eingestellt. Dies erklärt das Management in einer Mitteilung, der ansonsten ebenfalls stillgelegten Webseite mit www.malev.hu.
Der Schritt hatte sich in den letzten Tagen
angekündigt, nachdem der Staat als Mehrheitseigner zunächst eine notwendige
Kapitalerhöhung ausließ, die Airline als "nationales Interesse" unter Insolvenzschutz stellte und gestern per Gericht ein Zwangsverwalter zugewiesen wurde.
Während der Vorstand ständig beschwor, "wir
hoffen, dass wir auch noch morgen fliegen", war uns klar, dass die Pleite gewollt ist, um sich der Schulden zu entledigen und die Filetstücke
später an einen "strategischen Investor" veräußern zu können. Siehe dazu: Gleitflug in die Pleite: Mit Dekreten und Tricks will Ungarn die Malév "retten"
Die Anweisung zur Stillegung und Einstellung aller Aktivitäten kam - laut Mitteilung - vom
Aufsichtsrat, "um die Schäden zu minimieren". Man bedankt sich bei Mitarbeitern und Passagieren für das Vertrauen und kann sich wieder einen Seitenhieb gegen die EU nicht
ersparen. Diese habe Staatshilfen als wettbewerbswidrig verurteilt und damit verhindert,
dass "die Malév an die nötigen finanziellen Mittel" kommt. "Vor diesem Hintergrund" sei dem Management nichts anderes übrig geblieben. Diese Bemerkung ist, schaut man sich
die Geschichte von Privatisierung und Rückverstaatlichung an, eine ziemliche Unverschämtheit, passt aber zum ideologischen Grundton im heutigen Ungarn.
Letztlich scheiterte die Malév am Anspruch, "nationale Fluglinie" sein zu sollen. Daher
musste sie Aufgaben erfüllen und Linien bedienen, die jeder wirtschaftlichen Vernunft widersprachen, außerdem war das Management über weite Strecken unfähig, die
Einmischungen der verschiedenen Regierungen gab der Malév dann den Rest. Zwischen Low cost Carrierern und großen Konkurrenten fand sie letztlich weder regional noch auf
Langstrecke ihren Platz.
Die Malév beschäftigte zuletzt rund 2.600 Mitarbeiter und ist für rund 45% des Umsatzes
des Airport Budapest (Hochtief) verantwortlich. Über die weiteren Entwicklungen wird der Pester Lloyd zeitnah berichten.
Gestrandete Reisende können sich über ihre Rechte und Rückreisemöglichkeiten
infomieren. In Ungarn: 06-40-21-21-21, Aus dem Ausland: +36-802-11-11. Binnen drei Tagen kann man mit Malév-Tickets, zum Zwecke der Rückreise, auch auf andere Linien
umbuchen, der Staat steht außerdem mit einem Notfonds bereit.
red.
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