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(c) Pester Lloyd / 13 - 2011  POLITIK 29.03.2011

KOMMENTARE

Zerrüttet oder müde?

Hinweise auf baldigen Rücktritt des ungarischen Außenministers

In Ungarn verdichten sich Hinweise, wonach Außenminister János Martonyi in der zweiten Jahreshälfte, nach Ende der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns, von seinem Amt zurücktreten könnte. Der bald 67jährige war bereits während der ersten Fidesz-Regierung 1998-2002 Außenminister und gilt als einer der moderaten Vertreter seiner Partei, der mit den einpeitschenden Funktionären, die sonst den Ton angeben, wenig gemein hat.

Über einen solchen Rücktritt war schon zu Beginn der Amtszeit spekuliert worden, Martonyi hatte sich dazu aber selbst nie geäußert. Für einen möglichen Rücktritt könnten sowohl persönliche als auch "atmosphärische" Gründe eine Rolle spielen, vermutet die linksliberale Zeitung Népszabadsag, die sich dabei auf Fidesz-Kreise bezieht. Martonyi, dessen markanter Husaren-Schnauzbart durch die zahlreichen EU-Sitzungen mittlerweile europaweit ein Markenzeichen geworden ist, das ganz wunderbar in gängige Ungarnklischees passt, gab, im Gegensatz zum zur Demagogie neigenden und sehr national betonten Orbán, den weltgewandten, ausgleichenden Diplomaten. In wichtigen Fragen mühte er sich möglichst wenig anzuecken, bei der Verteidigung des Mediengesetzes z.B. war er einer der ersten, der offiziell mögliche Änderungen kommunizierte.

Orbán ließ ihn manchesmal dumm aussehen

Manche Radikalitäten in Reihen seiner Partei gingen ihm stets zu weit, weshalb er sich auch aus einer Reihe von Debatten herausgehalten hatten, auch mit dem oft provokanten Stil Orbáns nach innen und der einpeitschenden Rhetorik einiger Funktionäre hatte Martonyi wenig am Hut. In einigen Kreisen war auch von persönlicher "Zerrüttung" im Verhältnis zwischen ihm und Premier Orbán die Rede, der ihm regelmäßig in die diplomatische Parade gefahren sein soll, was strategisch sensible Verhandlungen unmöglich gemacht habe. Diese Diskrepanz war zuletzt besonders beim "Pakt für den Euro" ersichtlich geworden, den Martonyi abwartend kommentierte, während Orbán der Initiative eine direkte Absage erteilte, womit er seinen Außenminister nicht zum ersten Mal als dummen Jungen dastehen ließ.

Offene biographische Fragen

Einige Stationen im Leben des Diplomaten, Rechtsanwalts und Juraporfessors, werfen bis heute Fragen auf, so war Martonyi ausgerechnet 1988, also kurz vor dem Zusammenbruch des Realsozialismus, der damaligen Einheitspartei MSZMP beigetreten. Er hat weiterhin zugegeben, in den Sechziger Jahren unter einem Decknamen eine Reihe von Berichten von Auslandsreisen für "die Polizei" verfasst zu haben, bestritt aber immer wieder offizieller oder inoffizieller Mitarbeiter des Geheimdienstes gewesen zu sein. Akten darüber sind, wie in fast allen diesen Fällen in Ungarn, nicht verfügbar.

Eine handvoll Nachfolgekandidaten

Als Nachfolger werden gleich eine handvoll Kandidaten genannt, darunter Enikö Györi, die sich derzeit als Repräsentantin der Ratspräsidentschaft in europäischen Kreisen bekannt macht, Staatssekretär Zsolt Németh - eher ein Fidesz-Hardliner mit teils eigenartigen völkischen Ansichten, der Leiter der ungarischen Delegation beim europäischen Parlament, József Szájer, der Botschafter in London Jánso Csák sowie der Unterstaatssekretär Gergely Pröhle, zuvor schon Botschafter in Bern und Berlin und einer von der - höflich gesprochen - besonders selbstbewussten Fraktion. Eine Persönlichkeit von Martonyis Format ist nicht im Ansatz darunter.

 

Rücktrittsgerüchte gab es bereits auch hinsichtlich des Ministers für Nationalwirtschaft, György Matolcsy, der wegen seiner vorlauten Äußerunge und teils waghalsigen Prognosen desöfteren den Forint ins Schwanken und seine Parteikollegen an den Rand der Verzweiflung brachte. Orbán stellte sich jedoch demonstrativ hinter Matolcsy und bezeichnete ihn als seine "rechte Hand".

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