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Stadtmagazin des Pester Lloyd für Budapest

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(c) Pester Lloyd / 24 - 2009 BILDUNG & FORSCHUNG
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Ein Sonderling in der ungarischen Bildungslandschaft

Deutschsprachige Andrássy Universität Budapest

Mit dem Slogan „Fit für Europa“ wirbt die Budapester Andrássy Gyula Universität in ihren Prospekten. Seit nunmehr fünf Jahren versucht die erste deutschsprachige Universität, die nach dem 2. Weltkrieg außerhalb des deutschen Sprachraumes eröffnet wurde, diesem Gründungsmotto gerecht zu werden.

Die kleine, blutjunge ungarische Universität mit internationaler Ausrichtung knüpft im so genannten Mitteleuropa an eine bewegte Geschichte der deutschsprachigen Ausbildung an, die bis zur Schließung durch das Benes-Dekret im Jahre 1945 mit der Deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag bestanden hatte. Indes soll durch die Andrássy Universität einer vergangenen Epoche des Revisionismus und Nationalismus nicht neues Leben eingehaucht werden. Die Gründer wollten nicht nationalistisch beeinflussten Forderungen nachgehen und daran anknüpfend einen restaurativen Prozess einläuten, wie ehedem 1882 in Prag, als unter Kaiser Franz Joseph die älteste Universität Mitteleuropas – "Alma Mater Carolina" – in eine tschechische und eine deutsche Lehranstalt geteilt wurde.

Die Budapester Einrichtung ganz in der Nähe des Nationalmuseums im historischen einstigen Stadtpalais der Grafen Festetics möchte sich durch einen übernationalen Charakter auszeichnen – ganz im Lichte der verheißungsvollen Idee eines friedlich geeinten aber vielseitigen Europas über Staatengrenzen hinweg.

Donauländer als Gründer

Die Geschichte der Universitätsgründung geht auf die Jahre 2001 und 2002 zurück. Feierlich wird im Februar 2001 die Ulmer Erklärung zur Gründung der Andrássy Universität vom damaligen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, den Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern, Edmund Stoiber, und Baden-Württembergs, Erwin Teufel, sowie dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel unterzeichnet. Im Juni wird daraufhin ein Gesetz im ungarischen Parlament zur staatlichen Anerkennung der Andrássy Universität verabschiedet und entsprechende Unterstützung zugesichert. Schließlich ernennt im Mai des Folgejahres Staatspräsident Ferenc Mádl zahlreiche Professoren für die Dauer von vier Jahren. Am 2. September beginnt das erste Studienjahr.

Multinationalität als Konstruktionsprinzip

Die ausgerufene "Multinationalität als Konstruktionsprinzip" haben sich die Initiatoren der Universität auf ihre Fahnen geschrieben, als sie das Gemeinschaftsprojekt der Republik Ungarn mit der Republik Österreich, der Eidgenössischen Konföderation, dem Freistaat Bayern und dem Land Baden-Württemberg – unter Unterstützung durch das deutsche Auswärtige Amt – zum Leben erweckten. Um dem hohen Ideal näher zu kommen wird die Hochschule von zahlreichen weiteren Förderern, Stiftungen, Privatunternehmen aus Ungarn und den drei deutschsprachigen Ländern gefördert. Ihre offene Geisteshaltung zieht eine bunte Mischung junger Absolventen aus ganz Europa an die Einrichtung nach Budapest, die dort auf eine genauso farbenfrohe Auswahl entsandter Lehrender aus europäischen Bildungsstätten trifft.

Seit 1991 folgt mit der Central European University Budapest bereits eine englischsprachige Universität erfolgreich dem Konzept Menschen aus unterschiedlichen Regionen mit divergierendem Hintergrund in einem akademischen Kontext zusammenzuführen. Diese länderübergreifende Ausbildungsform möchte die deutschsprachige Universität ergänzen und nicht in konkurrierender Weise behindern. Aufgrund wirtschaftlicher, kultureller und nicht zuletzt menschlicher Beziehungen sollen bestehende enge regionale Verbindungen zwischen den mittel- und osteuropäischen sowie deutschsprachigen Ländern gefördert und ausgebaut werden.

Drei Fakultäten mit Ausblick nach Europa

Derzeit werden an drei Fakultäten in vier postgradualen Studiengängen fast 180 Absolventen von Hochschulen aus Ungarn, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Rumänien, der Slowakei und Polen in deutscher Sprache in Ein- oder Zweijahresprogrammen interdisziplinär ausgebildet. Diejenigen, die erfolgreich das Ausbildungsprogramm absolviert haben, sollen für Führungs- und Fachaufgaben bereit stehen.

Die Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften möchte graduierte Juristen in der Pflege kontinentaleuropäischen und internationalen Rechtsdenkens sowie in der Vertiefung des europäischen Gemeinschaftsrechts zusammenführen. Der eine oder andere Absolvent kann nach Erwerb des Abschlusstitels – einem Master Legum (LL.M.) – der Realisierung eines Berufswunsch mit globalem Format in einer europäischen oder internationalen Behörde, Organisation oder einem international tätigen Unternehmen einen Schritt näher kommen.

In der Fakultät für internationale Beziehungen wird das Ziel einer allumfassenden Ausbildung verfolgt. Zum einen wird angestrebt im Studiengang „Internationale Angelegenheiten“ ein breites Politik-, Wirtschafts- und Gesellschaftsinteresse zu vermitteln. Zum anderen soll im Parallelstudiengang „Internationale Beziehungen/Ökonomie“ neben dem klaren Schwerpunkt in der Volkswirtschaftslehre ein fundiertes Verständnis für die europäische Wirtschaftsintegration und Wirtschaftspolitik vermittelt werden. Dem Profil der Gesamtuniversität folgend sind die Studiengänge geleitet von der "Einheit der Gesellschaftswissenschaften".

Als Brücke und Vermittlerin zu den benannten Disziplinen versteht sich die Fakultät für Mitteleuropäische Studien. Sie soll die Grundlage bieten um den Raum in der Mitte Europas mit seinen variierenden Rechtstraditionen, wirtschaftsgeschichtlichen Hintergründen und kulturellen und ideengeschichtlichen Aspekten erfassen zu können.

Durch die geringe Zahl Studenten in einem Studienjahrgang soll dem Phänomen "Massenuniversität" mit Folgen wie Unpersönlichkeit unter Studenten und schlechte oder fehlende Betreuung durch die Unterrichtenden entgegen gewirkt werden. Eine Doktorschule ist ein nächstes gestelltes Ziel. In der Andrássy Universität stehen Besuchern die Tore immer offen. Diese können sich selbst ein Bild von einem länderübergreifenden Bildungsaustausch machen.

B. M.

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