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Stadtmagazin des Pester Lloyd für Budapest

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Aufatmen in Budas Bergen

Eine entspannte Reise zum höchsten Punkt der Stadt

Strahlender Sonnenschein, klarer Himmel, angenehm kühle Herbstluft: Das ideale Wetter für einen Wochenendausflug in Budas Berge. Der Rucksack ist schnell gepackt – eine Flasche Wasser, etwas Proviant –, das Schuhwerk festgeschnürt, die Tagesreise kann beginnen.

Unser Weg nimmt in Pest am Deák Ferenc tér seinen Anfang. Von hier fahren wir mit der M2 unterhalb der Donau hinüber nach Buda, zum Moskva tér. Mit der 56er Straßenbahn fahren wir zwei Stationen weiter bis zur Zahnradbahn. Direkt gegenüber des Hotel Budapest warten wir gespannt auf ihre Ankunft. Mit uns: Zwei Mountainbiker in voller Montur – mit Knie- und Schienbeinschoner, Helm und Schutzhandschuhen –, eine Dame mit weißer Pelzmütze und ein älterer Herr in Schwarz. Langsam kommt die Bahn um die Ecke gebogen und alle steigen in die behaglich warmen Wagons ein.

Die Zahnradbahn setzt sich in Bewegung, wir lassen die alltäglichen Verkehrsmittel und mit ihnen den Großstadtlärm hinter uns und genießen die Fahrt. Vorbei an Häusern, Straßen und Bäumen führt uns der Weg hinauf. Immer weiter zieht uns die Bahn hoch in die Berge. Menschen steigen ein uns aus. Und auch die Dame mit Pelzmütze und der Herr in Schwarz wollen nicht bis zur Endstation. Wir hingegen beobachten zufrieden, wie sich das graue Stadtbild zunehmend in ein Meer aus Rot-, Gelb-, Braun- und Orangetönen verwandelt.

Oben an der Endhaltestelle auf dem Széchenyi Berg angekommen, haben wir nicht mehr das Gefühl in der gleichen Stadt zu sein, in der wir eine Stunde zuvor gestartet sind. Schmunzelnd verabschieden wir uns von den wagemutigen Bikern, wünschen eine sichere Abfahrt und setzen unseren Weg in die Berge fort.

Kinder im Ehrenamt

Ein ganz besonderer Bahnhof erwartet uns ein paar Schritte weiter. In blauen Anzügen, mit weißen Hemden, blauen Krawatten und Mützen haben Kinder hier das Wort. Die 10- bis 14jährigen Schüler führen den Kindereisenbahnbetrieb fachmännisch und voller Stolz. Die anwesenden Erwachsenen beaufsichtigen lediglich den Betrieb bzw. führen die Lokomotiven. Schon beim Ticketkauf spürt man die Hingabe und das Engagement der Kinder für dieses Projekt. Eine Hingabe, die uns freudig stimmt. Bevor die Fahrt beginnt, machen sich die Jungs eifrig ans Werk und hieven gemeinsam Kisten vom Zug. Nachdem alle Vorbereitungen erledigt sind, kann es losgehen. Die Pforten werden geöffnet. Endlich dürfen wir, die einzigen Fahrgäste um diese Zeit, in die kleinere Ausführung der ungarischen Staatsbahn (MÁV) einsteigen. Wir haben die niedrigeren Decken, schmaleren Gänge und kleineren Bänke ganz für uns allein und genießen die Ruhe der Nebensaison. Zum Abschied grüßt das junge Personal und die Bahn tuckert los.

Bereits kurz nach der Abfahrt werden wir von zwei ernst dreinblickenden, pflichtbewussten Jungen um unsere Fahrscheine gebeten. (Voller Stolz posieren sie auch für unsere Kamera, während sie unsere Tickets abstempeln).

Budas höchster Punkt

Auf dem Weg zum János Berg kommen wir an einem Kinder-Kletter-Park vorbei, der sofort unsere ganze Aufmerksamkeit für sich beansprucht. In den Bäumen befindet sich eine hölzerne Abenteuerlandschaft, die das Kind in uns wieder erweckte. Wer mit Kind und Kegel unterwegs ist, sollte die Gelegenheiten beim Schopfe packen und hier einen Zwischenstopp einlegen. Einen solchen Park wird man so schnell nicht wieder finden. Was sich jedoch in den Budaer Bergen in Hülle und Fülle finden lässt sind Wanderwege, die von jeder Station der Kindereisenbahn aus zugänglich sind. Unsere Fahrt allerdings wird erst an der Haltestelle János-hegy unterbrochen. Freundlich verabschieden uns die Schaffner und ziehen weiter. Von hier führt ein steiler Weg hoch auf den Berg, wo wir uns bei Ankunft erst einmal einen Schluck Wasser gönnen.

Der Anstieg ist zwar nicht allzu lang, aber belächeln sollte man ihn dennoch nicht. Zum höchsten Punkt in den Budaer Bergen – auf dem Elisabeth Turm (527 m) – ist es von hier aus nicht mehr weit. Doch zunächst steht uns eine weitere Etappe bevor, die sich allemal lohnt: Der Turm an sich ist bereits eine Sehenswürdigkeit: Ein hohes Gebäude aus hellem Stein auf einem weiten Platz. Über den engen Gang der Wendeltreppe gelangen wir zunächst über die untere auf die mittlere Aussichtsplattform, von wo aus eine noch engere Treppe auf die Spitze des Turms führt.

Mit jeder Stufe nimmt der Wind an Stärke zu. (Und zerzaust uns nicht nur das Haar, sondern verschlägt uns auch die Sprache). Oben angekommen raubt uns der Ausblick über die ganze Stadt den Atem. Jede Anstrengung, die uns der Aufstieg gekostet hat, ist spätestens in diesem Moment vergessen. Die Kälte der Luft zwingt uns allerdings schon bald dazu, den Weg nach unten anzutreten.

Auf den Bänken vor dem prächtigen Aussichtsturm lässt es sich gemütlich in der Sonne verweilen. An dieser Stelle, rund um János-hegy, bietet es sich an, ein kleines Picknick einzulegen oder die Wälder für eine Wanderung oder einen kleinen Spaziergang zu nutzen. Die klare Luft ist nicht nur eine willkommene Abwechslung zum Großstadtdunst, sondern auch eine herrliche Erfrischung. Es fühlt sich gut an, richtig tief durchatmen zu können. Die “unberührte” Natur lässt einen die Alltagssorgen vergessen und die Stille ist eine Wohltat verglichen mit den hupenden Autos, den Sirenen der Rettungsfahrzeuge, den Maschinen der Bauarbeiter. Am liebsten möchte man sich etwas davon einpacken und mitnehmen. Doch eh wir uns versehen, sitzen wir bereits im Sessellift auf dem Weg zurück in die Stadt.

Zurück in den Alltag

Mit den Dächern Budapests zu unseren Füßen, kommt ein wenig Melancholie auf. Während der 10- bis 15minütigen Fahrt hinab mit dem für eine Großstadt eher ungewöhnlichen Transportmittel Sessellift fragen wir uns, wann es unser Terminkalender das nächste Mal erlauben wird, diese Tour noch einmal zu wiederholen und wann wir wieder in Budas Bergen aufatmen und abschalten können?

Mit der Buslinie 158 und der Fahrt zurück zum Moskva tér nimmt der Ausflug in die idyllische Landschaft sein Ende. Ein Ausflug, der sich zu jeder Jahreszeit in einem anderen Licht präsentiert, für jedes Alter das Richtige und immer die Reise wert ist.

Kerstin Siegel, Judith Berkhout

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