(c) Pester Lloyd / 2007 FREIZEIT & TOURISMUS _______________________________________________________
Wo sich nicht nur Elefant und Schmetterling „Gute Nacht“ sagen
Ein Besuch im Budapester Zoo
Mit einer Besucherzahl von einer Million ist der Budapester Zoo im
Stadtwäldchen die am meisten besuchte Kultureinrichtung ganz Ungarns. Trotzdem wird ein Zoobesucher aus Westeuropa anderes gewöhnt sein, hinsichtlich der Gehege und Anlagen für die Tiere...
Wahrscheinlich liegt die hohe Besucherzahl daran, dass der Budapester
Zoo und Botanische Garten die ganze Familie anspricht. 4000 Tiere aus über 500 Arten aus den Tropen, den gemäßigten und kalten Klimazonen
haben hier in Budapest ihr neues Zuhause gefunden. 160 Menschen sind im Zoo angestellt und kümmern sich das ganze Jahr über um die Tiere
und die Instandhaltung der Anlagen. Die größten Bewohner sind hier die Elefanten, die kleinsten die Insekten.
Unter den Spezies befinden sich außerdem Primaten, Beuteltiere,
Raubtiere, Seehunde, Huftiere, Nagetiere, verschiedenste Vogelarten, Fledermäuse, Reptilien und Amphibien. Mit der umfangreicheren
Renovierung 2004 ist auch das unter Denkmalschutz stehende Aquarium wieder eröffnet worden. Neben den Tieren gibt es aber auch noch 2000
Arten von Pflanzen. Das Palmenhaus ist das größte Tropenhaus der Region. Hier bilden Pflanzen und Tiere eine Lebensgemeinschaft.
Neben der Pflanzensammlung sind hier Vögel, Fledermäuse, Alligatoren sowie diverse andere Amphibien zu sehen. Einige Bäume sind bereits
einige hundert Jahre alt, wie die Platanen. Andere Besonderheiten sind zum Beispiel auch die Gingkos, die oft als „lebende Fossile“ bezeichnet werden.
Damals...
Die Idee, einen zoologischen Garten zu gründen wuchs bereits1840, aber erst nach 1859 wurde die Umsetzung ernsthaft in Erwägung gezogen. Vier Wissenschaftler gaben den Anstoß dazu: Dr. József
Szabó, Dozent, József Gerenday, Direktor des Botanischen Gartens, Dr. Ágoston Kubinyi, Direktor des Nationalmuseums sowie János Xantus,
ein Sammler und Zoologe. Als erstes bildeten sie die „Zoologische Garten Aktienfirma“ um eine finanzielle Basis zu schaffen und
Managementstrukturen festzulegen. Die Stadt Pest (damals noch nicht mit Buda vereint zu Budapest) schlug zwei Bauplätze vor, beide im
Stadtwäldchen. Auf Rat von Gustav Jäger, Direktor des Wiener Zoos, entschieden sie sich für das westlich gelegene Grundstück. Am 5.
September 1865 bot die Stadt einen 30-jährigen Pachtvertrag an, für die symbolische Miete über ein Goldstück pro Jahr.
Einer der führenden Architekten der Zeit, Antal Szkalnitzky, wurde ausgesucht um die Gebäude zu entwerfen. Er arbeitete an vielen
großen Gebäuden im Land, so dass sein Cousin Henrik Koch ihn bei der Arbeit unterstützte. Der Budapester Zoologische Garten öffnete
schließlich am 9. August 1866 seine Tore. Er gehört somit zu den ältesten Zoos überhaupt. Damals konnten die Besucher 500 Tiere zu sehen bekommen. Die meisten davon waren gekauft, aber auch
Geschenke. Wie zum Beispiel einige Tiere vom Zoo Schönbrunn in Wien. Auch Königin Elisabeth und ihrem besonderen Verhältnis zu Ungarn ist
es zu verdanken, dass der Zoo 1868 zu einer Giraffendame kam. Wie sich später herausstellte, war sie zum damaligen Zeitpunkt bereits
schwanger, so dass hier im gleichen Jahr auch das erste Giraffenbaby zur Welt kam. Spezialisiert war der Park auf Affen und Papageien,
außerdem gab es Wild und Raubvögel. Aber die Auswahl an Tieren war nicht genug um ausreichend Besucher anzulocken, so dass der
Zoodirektor Károly Serák neue Attraktionen etablieren musste, die auf viel Kritik stießen.
Es hieß er mache den Zoo „billig“ mit Angeboten wie einer
Zoo-Lotterie, Akrobaten, Seiltänzern und Feuerspuckern. Heute ist aber klar, dass der Zoo anders finanziell nicht überlebt hätte. Anfang
des 20. Jahrhunderts lebten die Tiere in sehr engen Käfigen - zur damaligen Zeit aber nicht unüblich. Außerdem wurden zu viele Spezies
angeschafft, so dass sich das Platzangebot nochmals verringerte. Seinerzeit wurde keine Rücksicht auf die Ansprüche der Tiere gelegt
und sie wurden wie Ausstellungsstücke behandelt. Bis heute durchlebte der Zoo einige Hochs und Tiefs, wurde geschlossen und wiedereröffnet
und stand mehrmals vor dem finanziellen Bankrott. Seit damals hat sich durch viele Umstrukturierungen und Renovierungen natürlich viel getan – auch für die Tiere.
...und heute
100 Millionen Gäste sind insgesamt seit der Eröffnung durch die Zoo-Tore spaziert. Die meisten Gebäude, die heute noch zu sehen sind,
wurden von Károly Kós zwischen 1909 und 1912 entworfen. Einige spiegeln die volkstümliche Baukunst von Siebenbürgen wider, so erinnert das Vogelhaus an die reformierte Kirche in Magyarvalkó.
Ansonsten sind die Anlagen im passenden Stil zu seinen „Bewohnern“ gestaltet.
Geöffnet ist der Zoo das ganze Jahr über: März, April, September und
Oktober von 9 bis 17 Uhr. November bis Februar von 9 bis 16 Uhr und Mai bis August von 9.00 bis 18.00 Uhr. Neben dem Budapester Zoo gibt
es noch elf weitere Zoos in Ungarn, die aber bei weitem nicht so gut besucht sind, wahrscheinlich aufgrund der höheren Touristenzahl in der
Hauptstadt. Am schönsten ist ein Besuch natürlich zur Hauptsaison, denn bei den derzeit noch etwas wechselhaften Temperaturen sind
auch die Tiere natürlich teilweise lieber drinnen und verstecken sich so erfolgreich vor den Besuchern. Außerdem finden im Sommer eine
Seehunde-Vorführung und Elefanten-Fütterungen statt und einige Tiere werden näher vorgestellt in der Show „Tiere in Aktion“.
Ein Ziel des Zoos ist es nämlich vor allem Kinder in unterhaltsamer Weise zu informieren und für Themen wie bedrohte Tierarten und
Artenschutz zu sensibilisieren. Auf den Informationstafeln vor den Gehegen der Tiere findet der Besucher auch Bilder und Erklärungen,
was mit ihnen in freier Wildbahn mitunter passiert. Es werden Elefanten gezeigt, die für ihr Elfenbein getötet wurden und Wilderer,
die für Tiger sehr viel Geld bekommen. Der Zoo versteht sich also auch als Kultureinrichtung, die nicht nur unterhalten soll, sondern auch einen
Bildungsauftrag hat. Überhaupt scheint sich nach umfangreicheren Renovierung vieles für die Tiere verbessert zu haben, zum Beispiel sind
sie nicht mehr in Käfigen eingesperrt, haben Außengehege und können so auch zwischen Draußen und Drinnen wählen.
Trotzdem wird ein Zoobesucher aus Westeuropa anderes gewöhnt sein,
hinsichtlich der Gehege und Anlagen für die Tiere. Vor allem für die Eisbären, die schon nervöse Ticks aufgrund von mangelndem Auslauf
zeigen, wünscht man sich deutlich mehr Platz – auch wenn sie sich bei den kälteren Temperaturen noch am wohlsten fühlen dürften. Genauso
bei den Tigern, die in der freien Natur etwa 65 Kilometer am Tag zurücklegen, betrachtet der kritische Besucher die Unterkunft der
Raubtiere mit gemischten Gefühlen. Dieses Bild bestätigt sich leider auch im Affenhaus, in dem sich die Primaten mit einem PVC-Boden
unter ihren Kletterbäumen zufrieden geben müssen. Nichtsdestotrotz muss dem Budapester Zoo auch zu Gute gehalten werden, dass sich
einiges getan hat und auch alle Möglichkeiten, was das Platzangebot angeht, ausgeschöpft wurden. Der Zoo ist auch bemüht sich an internationalen Züchtungsprogrammen zu beteiligen, die das
Aussterben bedrohter Tierarten verhindern sollen. Leider fehlt für vieles das Geld. So kann sich der Budapester Zoo auch nur einmal jährlich an
dem Treffen der „European Association of Zoos and Aquaria“ – eine Vereinigung von europäischen Zoos - teilnehmen. Dort werden zum Beispiel Bildungskonzepte entwickelt.
Aus Sicht des Tierschutz wäre es wünschenswert, wenn keine neuen Tiere angeschafft würden, so dass die verbleibenden mehr Platz hätten. Nur fraglich, ob ohne Tiger und Eisbären noch genügend
Besucher kommen und fehlende Eintrittsgelder würden wiederum noch weniger Geld für die verbleibenden Zoobewohner bedeuten.
Daniela Waterböhr
Budapester Zoologischer und Botanischer Garten Állatkerti krt. 6-12 1146 Budapest www.zoobudapest.com
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