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(c) Pester Lloyd / 2007 MUSEEN & GALERIEN
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Bodenfestes Raumschiff

Das “Haus der Zukunft” in Budapest
Ein bunter Ort für Utopien, Visionen und Skeptiker

Der Eingang der einstigen Fabrikhalle erstrahlt in Weiß, laut dem leitenden Architekten István Tenke die Farbe der Zukunft. Kristallartige Buchstaben laufen über ein elektronisches Schriftband und geben die Preise an, der Besucher erhält ein weißes Schlüsselband, an das er seine Chipkarte hängen kann.

Die erste Assoziation verweist dennoch in die Vergangenheit, auf das Interieur eines alten James Bond Streifens oder auf Raumschiff Enterprise. Weiße Raumschiffkabinen bergen Toiletten und das ellipsenförmige Café Future entführt seine Besucher auf „Fliegenden Untertassen“. Kaum passiert man den Eingang, erwarten den Gast jedoch keine blonden Empfangsdamen in weißen Minis und Stiefeln, sondern ein silberner Roboter, dessen digitales Gesicht auf einem Bildschirm seine Hilfe anbietet.

Schnell entpuppt sich die intelligente Hostess dann doch als wahres Bond-Girl: Sprechen Sie Englisch? – Wenn Sie möchten. Wo soll ich anfangen? – Wo sie möchten. Begleiten Sie mich? – Wohin Sie möchten. Die Orientierung wird durch die dunkel gehaltenen Farben und die offenen Ausstellungsbereiche etwas erschwert, aber die rot gekleideten menschlichen Animateure sind über die Bereiche gut informiert und helfen bei der Nutzung der Ausstellungsobjekte, besonders dort, wo es nur Erklärungen auf Ungarisch gibt. Videoinstallationen erinnern an Zukunfts-Utopien der Filmgeschichte, der Politik und Wissenschaft, mit vielen interessanten Zitaten von vergangenen Visionären und Skeptikern.

Raumfahrt in das menschliche Gehirn

Nach der Ausstellung zu den Größen der ungarischen Vergangenheit „Álmok álmodói“ (Die Traumträumer) werden in den ehemaligen Industriehallen der Ganz- Fabrik nun ungarische und internationale Zukunftsvisionen vorgestellt. Am 16. Dezember 2005 öffnete das Jövö Háza (Haus der Zukunft) seine Tore in der C-Halle des Millenáris-Parks. 2004 nahm sich das Ministerium für Informatik und Nachrichtenübertragung des Millenáris-Parks an. Die Erneuerung der Gebäude kostete an die 1,5 Milliarden Ft, die Planung und Realisierung des Jövö Háza forderten nahezu die gleiche Summe. Die Ausstellung wartet auf zwei Etagen auf 3.000 qm mit wechselnden Vorführungen auf die Besucher.

Mit den nötigsten wissenschaftlichen Fakten versorgt soll jeder Besucher in der Lage sein, die Zukunft mit allen Sinnen spielerisch kennen zu lernen und anhand seiner eigenen Erfahrungen mit ihr in Verbindung zu treten. Die Zukunftsmodelle werden mit übergreifenden, alternativen Lehrmethoden vorgestellt und durch ein Lehrprogramm für Schulklassen zu einzelnen Themenbereichen ergänzt. Zahlreiche zeitgenössische ungarische Medienkünstler veranschaulichen die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit ihren Werken, die von den Gewinnern des vom Nationalen Kulturfonds ausgeschriebenen Wettbewerbes entwickelt wurden.

Der Bereich „Raumfahrt im Alltag“ im Erdgeschoss stellt sogleich eine Verbindung zwischen Wissenschaft und privater Zukunft her. Die Raumfahrt ermöglichte das Mobiltelefonnetz, das Autonavigationssystem, das Satellitenfernsehen und nicht zuletzt die Wettervorhersage. Auf einem Bildschirm kann man sich Bilder des Weltraums ansehen oder mit einem Satelliten die Erde umkreisen. Der heiß begehrte ungarische Flugsimulator der Boeing 737 lädt ebenfalls zu einem abenteuerlichen Flug ein.

Die dänische Ausstellung „Das Gehirn“ des Kopenhagener wissenschaftlichen Zentrums „Experimentarium“ beschäftigt sich mit der menschlichen Intelligenz. Passend im inneren Teil des Erdgeschosses platziert, kann ein echtes weibliches Gehirn betrachtet und angefasst werden. Zahlreiche Computer mit Persönlichkeits- und Intelligenztests stehen zur Verfügung, die die gängige Mars- und Venusforschung reflektieren. So wird am Ende jedes Tests die Frage nach dem Geschlecht gestellt und triumphierend konstatiert: Wie die meisten weiblichen Besucher haben auch Sie mehr auf Formen als auf Funktionen geachtet!

Die „Künstliche Intelligenz“, eine Wanderausstellung der „Cité des sciences et de l’industrie“ aus Paris, erklärt anschließend mit Hilfe von Logikspielen den „Gedankengang“ eines Computers. Der Besucher hat die Möglichkeit selbst zu prüfen, inwiefern er gut programmiert ist. Spiele verdeutlichen den Zweier-Code, der sowohl in unseren Genen als auch in Computern das Leben steuert. Algorithmische Problemlösungen finden ihre Berechtigung, wenn man nur einen kleinen Ausschnitt eines Schachbretts betrachtet: Schon nach dem ersten Schritt steigt die Zahl der folgenden Schritte ins Unermessliche. Landung auf dem roten Planeten Die Marsbasis empfängt die Besucher mit allen Informationen rund um den roten Planeten und zeigt die Möglichkeiten einer menschlichen Marslandung auf, die um 2030 geplant ist. Weitere Jahrzehnte werden wohl vergehen, ehe dann permanente Marsbasisstationen gebaut werden, auf denen Raumschiffe landen und Raumfahrttouristen einige Tage verbringen können. Auf einem marsähnlichen Untergrund ist ein ungarischer Mars-Rover in Originalgröße zu sehen (Foto), den die Besucher steuern können. Am Bildschirm kann man mit einer Marssonde reisen und seine Marsstation bauen. Im zweiten Stock lädt stündlich ein Raumschiff zur Marsexpedition ein. Unter Rütteln sieht man am Bildschirm, wie die Distanz zur Erde zunimmt. Eine verzerrte Computerstimme, die an Alpha 60 erinnert, kommentiert den Weltraum. Highlight ist der Zusammenstoß mit einem Meteoriten.

Ebenfalls in der zweiten Etage befindet sich die Installation „Bilder des Herzens“ des British Councils, die die Kultur- und Medizin-Geschichte des wichtigsten menschlichen Organs von Mesopotamien bis zum Roboterzeitalter nachzeichnet sowie die mehrfache symbolische Bedeutung des Herzens aufzeigt. Ein Film zur Herzoperation und ein interaktiver Liebesaltar sind ebenso zu sehen wie die Herzen der Bremer Stadtmusikanten, die nach Größe in durchsichtigen Boxen übereinander gestellt sind.

Die ungarische Ausstellung „Leben auf dem Konstruktionstisch“ kommentiert die neuesten Entwicklungen der Gentechnik, erklärt Genome, Chromosome, Sequenzen und DNS. Der Besucher kann auf dem Computer mit Hilfe eines Nano-Roboters im Körper einer Maus navigieren und sie von einem Krebstumor heilen. Die menschliche DNS als Bibliothek schließt an die digitale Bibliothek an, die einen Bereich von 24 Computern eröffnet, die Zugang zur Nationalen Digitalen Datenbank (NDA) und zum Nationalen Audiovisuellen Archiv (NAVA) haben. Seit einem halben Jahr digitalisieren mehrere Fernsehsender ihre Programme, die man auf zwei größeren Bildschirmen ansehen kann.

Doch nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich wird der audiovisuelle Komfort gesteigert. Im Microsoft-Zuhause ist es möglich, per Computersteuerung die Lichter ein- und auszuschalten, Türen zu öffnen, die Heizung zu regeln oder Videobotschaften abzuhören. Die Küche wartet mit einem Bildschirm auf, über den man Menüvorschläge und Einkaufslisten abrufen kann, sowie einem Kühlschrank, der das Verfallsdatum von Lebensmitteln angibt. Besonders Hobby-Rennfahrer kommen bei der neuesten Version der X-Box 360 auf riesigem Bildschirm auf ihre Kosten.

Wenn man den ganzen Tag spielend und wissensaufsaugend im Jövô Háza verbracht hat, geht man in den Abendstunden zur Sternenwacht in den Park gehen und beobachtet unter der weißen Kuppel mit dem Teleskop des Typs LX200GPS-SMT den Himmel. Der „Weg der Planeten“ veranschaulicht die Distanzen zwischen den Planeten und der Sonne, so dass sich schließlich auch der schwere Heimweg für den Zukunftspilger relativiert.

Julia Simig

Jövö Háza – Millenáris Park, Fény utca 20-22
1024 Budapest, Tel.: (06 1) 438-5312
www.jovohaza.hu
 

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