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(c) Pester Lloyd / 29 - 2012     WIRTSCHAFT 20.07.2012

 

Brutto, Netto, Realo

Neue Zahlen zu Einkommen und Auskommen in Ungarn

Neue Daten zum amtlich registrierten Einkommen in Ungarn liefert das Statistische Zentralamt in Budapest. Danach sind die Bruttoeinkommen im Schnitt im Jahresvergleich um 6,4% gestiegen, die Realeinkommen aber um über 4% gesunken. 30.000 Menschen verloren in der freien Wirtschaft ihre Jobs, "aufgefangen" wird die Statsitik durch kommunale Beschäftigungsprogramme, bei denen die Menschen mit Hungerlöhnen abgespeist werden.

Kommunale Beschäftigungsprogramme zum Hungerlohn sind der einzige Arbeitsplatzmotor,
der in Ungarn derzeit hörbar läuft

Die Bruttolöhne in der ungarischen Privatwirtschaft stiegen sogar um beachtliche 9,4%. Natürlich war es diese Zahl, welche die Regierung für ihre Pressemitteilung zum Thema verwendet hat. Die statistischen Erhebungen sind aufgrund der Durchschnittsangaben und der die Lebenswirklichkeit kaum beschreibenden Inflationrate ohnehin nur von Tendenz aufzeigendem Wert.

Diese Tendenzen besagen: Durchschnittliches Bruttoeinkommen in Ungarn im Mai 2012 in Unternehmen der Privatwirtschaft mit mindestens fünf Angestellten: 237.327 HUF (heute ca. 835.- EUR), + 9,4% zum Vorjahresmonat. Im öffentlichen Dienst war ein Rückgang von 0,6% zu verzeichnen, in Summe bleibt ein Plus von 6,4% im Schnitt aller gemeldeten Beschäftigten. Ausnahme war im öffentlichen Dienst der Gesundheitssektor, der durch eine gesetzliche Gehaltsanhebung überproportional zulegte.

Die Realeinkommen, also hier: Nettoeinkommen minus offizieller Inflationsrate, lagen in den ersten vier Monaten 2012 rund 4,2% unter dem auch nicht berauschenden Niveau von vor einem Jahr, im Mai verringerte sich dieses Minus auf 1,4%, aber auch nur deshalb weil die Basisdaten aus dem Vorjahr niedriger waren. Das Durchschnittsnetto macht mit 155.000 Forin umgerechnet ca. 545.- EUR aus.

 

Der relativ hohe Anstieg der Bruttolöhne binnen 12 Monaten hat vor allem mit dem staatlichen Kompensationsmodell für die von der Flat Tax benachteiligten Beschäftigten in den unteren Einkommensschichten (unter 220.000, betrifft rund zwei Drittel aller Beschäftigten) zu tun. Privatunternehmen konnten vom Staat nur dann eine Ausgleichszahlung für ihre Angestellten bekommen, die unter der Flat tax (aufgrund von Superbrutto und anderen Übergangsregelungen) plötzlich weniger in der Lohntüte hatten als unter dem alten System, wenn sie deren Löhne wenigstens um zusätzliche 5% anhoben. Damit erhöhten sich jedoch auch die Arbeitskosten stärker als kalkuliert, was direkten Einfluss auf die Beschäftigtenzahlen hatte, wie weiter unten berichtet.

Wie Premier Orbán jetzt ankündigte soll der gesetzliche Mindestlohn für gerlernte Arbeitskräfte spätestens ab 2014 100.000 Forint brutto (352.- EUR) erreichen, derzeit 93.000 Forint (327.- EUR). Diese Ankündigung hat vor allem damit zu tun, dass der Staat die Zusatzbelastungen aus den Kompenstionszahlungen so schnell wie möglich verringern möchte, die Ausfälle durch den niedrigen Einkommenssetuersatz sind ohnehin schon kaum für das Budget verkraftbar. Dazu soll 2013 auch das Superbrutto als Berechnungsgrundlage fallen (also der Bruttolohn + die Arbeitgeberanteile an den Sozialbgaben), der - als Übergangslösung für den gebeutelten Staatshaushalt gedacht - ohnehin als eine der absurdesten Ideen in die ungarischen Fiskalgeschichte eingehen wird, mussten die dadurch erwirtschafteten Mehreinnahmen nämlich postwendend als Lohnkompensationen umgeleitet werden.

Auch die Angestellten staatlich finanzierter Behörden und Unternehmen bekamen diese Kompensationen, deren Abwicklung die ganze Idee der "Flat" tax ad absurdum geführt hat. Rund 57% aller Vollzeit-Staatsbediensteten erhielten im Schnitt monatlich 10.400 Forint (36.- EUR) Ausgleichszahlung vom Staat, damit die Besserverdiener sich über das Geschenk einer maximal 16%igen Einkommenssteuer freuen dürfen. Auch nichtstaatliche Non-Profit-Unternehmen kamen teilweise in den "Genuss" dieser Regelung, hier erhielten 8,5% der Beschäftigten Zuzahlungen.

Entgegen den Jubelmeldungen der Regierung wie: "Anhaltend steigende Beschäftigungsrate" entließen die Privatunternehmer in diesem Jahr bisher netto 30.000 Menschen, die meisten Entlassungen gab es wieder bei kleinen und mittleren Unternehmen, wogegen das neue "Arbeitsplatzschutzprogramm" dieser Regierung helfen soll, was aber von Fachleuten bezweifelt wird.

Eine Zunahme von "Beschäftigung" verzeichnet lediglich der öffentliche Sektor und auch da nur die "kommunalen Beschäftigungsprogramme", die für Sozialhilfeempfänger verpflichtend sind, insoweit die Kommune das fordert. 104.000 Menschen waren in solchen Programmen im Mai registriert, geht es nach der Regierung, sollen es bald 250.000 bis 350.000 sein, ehemalige Frührentner, die kurzerhand “umdeklariert” werden eingeschlossen.

 

Wer in diesen Programmen ganztags schuftet, wie sinnvoll die Tätigkeit auch immer sein mag und sich nichts zu schulden kommen ließ, konnte im Schnitt mit 73.013 Forint (256.- EUR) nach Hause gehen, womit man ja - laut Wirtschaftsminister Matolcsy - heute in Ungarn sehr gut auskommen können soll. Er sagte halt nicht, wie lange. Der Sozialhilfesatz beträgt in Ungarn heute 28.000 Forint, das sins zum heutigen Kurs 98,21 EUR. Die Hungerlöhner herausgerechnet, reduzierte sich der Personalstand im öffentlichen Dienst übers Jahr um 2,3%.

Über die gestiegene Abgaben- und lebensnotwendige Ausgabenlast für den Ottonormalverbraucher, aus der sich dann das tatsächlich verfügbare Einkommen errechnet, können und wollen die Statistiker nichts ermitteln. Zum Thema wachsender Verarmung finden Sie in diesem Beiträge Zahlen und Hintergründe.

Mehr zu den umständlichen und volkswirtschaftlich sinnlosen Lohnkompensationen hier

Und einige Details, Zahlen und Erlebnisberichte zur "Közmunka", den kommunalen Beschäftigungsprogrammen

red.

red.

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