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(c) Pester Lloyd / 38 - 2015   GESELLSCHAFT    21.09.2015

 

Unrechtsstaat Ungarn: Hunderte Anwälte gegen "Notstandsgesetze" in Flüchtlingskrise

Unrecht, das zum Gesetz erhoben wird, wird dadurch nicht zu Recht. Diesem sowohl rechtsstaatlichen wie humanistischen Grundsatz folgen hunderte ungarische "Rechtsanwälte für den Rechtsstaat" in einem öffentlichen Brandbrief und warnen davor, dass Flüchtlingen systematisch grundlegende Verfahrensrechte vorenthalten und sie als Menschen zweiter Klasse behandelt und abgeurteilt werden.

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Denn: "Die jetzt verabschiedeten Rechtsvorschriften (
Notstandsgesetze) verstoßen nämlich gegen alle von Ungarn unterzeichneten völkerrechtlichen Abkommen, das in Ungarn unmittelbar geltende europäische Gemeinschaftsrecht, das ungarische Grundgesetz und allgemeine Rechtsgrundsätze."

 

Die Anwälte formulieren, dass sie sich über die Schwierigkeit der Lage Ungarns im Klaren sind, dass Fremdenpolizei, Logistik und humanitäre Hilfe schier Unbewältigbares zu bewältigen haben. Man könne jedoch nicht erwarten, dass die jetzigen Gesetze und deren Umsetzung etwas verbessern. "Man kann nämlich mit juristischen Mitteln keinen Zauber treiben." und "Das ungarische Justizwesen ist keine Flüchtlingsorganisation, es ist nicht in der Lage binnen der vorgegebenen kurzen Zeit die Sache von so vielen Menschen wirklich gesetzmäßig und gerecht zu beurteilen."

"Wir erwarten von diesen Menschen, dass sie „unsere Gesetze“ einhalten (Anspielung auf die Plakataktion der Regierung, Anm.), ohne ihnen den Schutz „unserer Gesetze“ zu gewähren." heißt es weiter und es folgt eine Reihe von Beispielen wie die jüngsten Gesetzesänderungen Grundrechte und rechtsstaatliche Grundsätze missachten und Menschen mehrerer Klassen schaffen:

> minderjährige Angeklagte bekommen nicht den gleichen Schutz, wie das allen
anderen minderjährigen Personen vor einem ungarischen Gericht zusteht

> der Angeklagte kann die gegen ihn erhobene Anklage und das gefällte Urteil nicht
in seiner Muttersprache lesen, obwohl das gesetzlich jedem und in jedem Rechtsstaat vor dem Gericht zusteht

> Der angeordnete „Hausarrest“ für die Belasteten in einem Lager oder einer Unterkunft
unterbindet das Recht, das jeder Person, die festgenommen wurde, zusteht (Gespräch mit
einem Strafverteidiger, Telefonat)

> Gerichte dürfen in Sachen von Personen mit nicht geklärter Identität vorgehen

> die Zustellung der Klage und der Urteile erfolgt durch (lies: an) den Strafverteidiger, so hat die betroffene Person, die sich an einem unbekannten Ort aufhält, keine Chance, Informationen über den Ausgang des Verfahrens zu erhalten

> Einzelrichter fällen in Strafsachen, in denen prinzipiell ein Gerichtssenat erforderlich wäre und in gleichen Sachen bei ungarischen Bürgern auch ist

> Die Beschuldigten verlieren ihr Recht auf ein ordentliches Asylverfahren, ohne
das ein Gericht ihn verurteilt hätte.


Die Anwälte fordern die Regierung Ungarns auf, dem Parlament Vorschläge
vorzulegen, die den fundamentalen Grundsätzen des Rechts und der Rechtssetzung,
dem gesetzten EU-Recht und den ungarischen Rechtsvorschriften gerecht werden.
Außerdem fordern sie die Kollegen Richter und Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, dass sie "entsprechend ihrem Amtseid ihren Pflichten als Jurist nachkommen, und sie nicht nur das Recht pflegen, sondern diesen Menschen Gerechtigkeit zuteil werden lassen."

Außerdem macht man sich auch Sorgen um die "Würde unseres Berufstandes". Urteile durch Richter ohne Begründung, nach den oben kritisierten Vorgaben, Pflichtverteidiger, die ihren Job nicht ernst nehmen, seien unwürdig und nicht geeignet, "das Ansehen der ungarischen Justiz zu bewahren".

Facebook-Seite des offenen Briefes mit den Namen aller Unterzeichner:
https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1468108746829248&id=1468058366834286

red.


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