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(c) Pester Lloyd / 36 - 2015   POLITIK    ab 07.09.2015

 

+ + + Newsticker zur Lage der Flüchtlinge in Ungarn + + + Teil 2


 



+ + + 1. Oktober, 9:26 Uhr + + +

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Überlegt er gerade, ob er sich auch ein “Holy”-Schild besorgen soll?

Orbán vor der UNO: "Kein neues Leben für Einwanderer in Europa"

 

Orbán wiederholte vor der UN-Vollversammlung am Mittwoch seinen Standpunkt, dass man es "nicht mit einer Flüchtlingskrise", sondern einer "Massenwanderung" zu tun habe. Unter ihnen seien fast nur Wirtschaftsflüchtlinge, einige Flüchtlinge, sonst aber "Asylsuchende und auch ausländische Kämpfer". Europa wird ohne "eine globale Lösung destabilisiert werden", es kann "die unbestimmbare Masse nicht aufnehmen". Man müsse den Leuten "ihre Heimat wiedergeben", aber kein "neues Leben in Europa anbieten".

Orbán hat sich in New York zuvor mit seinem tschechischen Amtskollegen Bohuslav Sobotka getroffen und beschwor dabei die - nicht existente - Einheit der "Visegrád Vier"-Gruppe (CZ, HU, SK, PL) in der Flüchtlingsfrage. Mit Abdel Fatah al-Sisi, dem durch einen Militärputsch an die Macht gekommenen Machthaber Ägyptens, war sich Orbán, so die amtliche Darstellung, einig, dass die Flüchtlingskrise durch das Vordringen des IS verursacht sei, aber "keine Frage des Islam, sondern eine der illegalen Einwanderung" sei. Sowohl der Kampf gegen den IS als auch gegen "illegale Einwanderung" bedürfen "globaler Lösungen."

Außenminister will in Syrien mit "allen Seiten" verhandeln, ungarische Soldaten sollen Kurden ausbilden

Außenminister Szijjártó ergänzte, dasses "ohne Russland keine Lösung der Flüchtlingskrise" geben würde, auch müsste man "mit allen Parteien in Syrien" über eine Konfliktlösung sprechen (also auch mit IS und Assad). Alles andere seien "naive Illusionen". Er betonte, dass "Verbrechen gegen Christen in der Region nicht ungestraft bleiben dürfen" (gegen andere wohl schon?!)

Der ungarische Außenminister hat am Rande einer UN-Tagung zum Thema "Kampf gegen den IS" in New York angekündigt, dass die 110 in Kurdistan derzeit zur Bewachung eines US-Stützpunkts stationierten Soldaten auch zur Ausbildung von Peschmerga-Kämpfern eingesetzt werden sollen. "Leider erobert der Islamische Staat mehr und mehr Gebiete, mehr und mehr Menschen sind gezwungen ihre Heimat zu verlassen." Daher müsse Europa seine "Aktivitäten gegen den IS verstärken, um den Einwanderungsdruck zu verringern."

Innenminister: Prügel für Journalisten kein Eingriff in die Pressefreiheit

Laut Innenminister Pintér war "Ungarns Freiheit in Gefahr" bevor der Zaun zu Serbien gebaut wurde. Dies war eine Maßnahme der "Nationalen Sicherheit". Er berichtete dem parlamentarischen "Nationalen Verteidigungskomitee", dass 2015 bisher 287.383 illegale Grenzübertritte verzeichnet wurden. Während man an der gesicherten serbischen Grenze Einreisende registriere (in unrechtsstaatlichen Verfahren im Stundentakt abweist), finde das an der kroatisch-ungarischen Grenze nicht statt, "weil wir davon ausgehen, dass dies im EU-Land Kroatien bereits geschehen sei." (Dann müsste Ungarn, das sich ja bekanntlich genau an EU-Regeln hält, sie eigentlich dahin zurückschiken, anstatt sie zur österreichischen Grenze zu transportieren). Die tätlichen Angriffe ungarischer Polizisten auf ein halbes Dutzen internationaler Journalisten bei den
Ausschreitungen in Röszke waren "kein Eingriff in die Pressefreiheit", da: "es ja keine Ermittlungen gegen die Pressevertreter gibt." (“Eine gesunde Watsch´n hat noch niemandem geschadet!”)


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Fototermin: Orbán zwischen der First Family

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Ein Foto macht gerade die Runde in sozialen Netzwerken im Internet, das Premier Orbán zwischen der "First Family" bei einem Fototermin zeigt, als Präsident Obama einen Empfang für Staats- und Regierungschefs des UN-Gipfels gab. Während sich das US-Präsidentenpaar mit professionellem Dauerlächeln präsentiert, steht dazwischen ein völlig verklemmter Viktor Orbán, mit manisch aufgerissenen Augen, krampfhaft bemüht, eine staatsmännische Haltung zu bewahren. Kommentare reichen von: das Gesicht des neuen Ungarn bis Vorlage für das Wachsfigurenkabinett. Orbán wurde in den vergangenen Monaten und Jahren mehrmals bedeutet, dass das Weiße Haus für einen exklusiven Emfpang "keine Termine" habe. Nun schlich sich der "Puszta-Putin" im Gefolge der UN doch noch an den mächtigsten Mann der Welt heran...


+ + + 29. September, 9:55 Uhr + + +

Chor der Minister: Ungarn das einzige Land, das sich an EU-Regeln hält

Trotz des offensichtlichen Gegenteils zigtausender, ohne Registrierung von der kroatisch-ungarischen zur österreichisch-ungarischen Grenze geleiteteten Flüchtlinge, trommelt die Regierung, namentlich Außenminister Szijjártó und Justizminister Trócsányi, weiter davon, sich an "alle EU-Regeln zu halten" und zwar "als einziges Land in der Region". So konkret wurden die ungarischen Regierungsvertreter hinsichtlich Dublin- und Schengenverordnung dabei nicht, Kleinigkeiten wie die Grundrechtsartikel 1 und 2 Lissabon-Vertrag, Sondertribunale oder allgemeine Menschenrechtskonvention wurden in diesem Zusammenhang noch nie erwähnt, aber man versuche wenigstens "die Schengen-Außengrenze und damit Europa" zu schützen. Der Justizminister: es ist ja klar, dass "Zäune nicht schön sind", aber "irgendwie muss man ja Bürger und den Frieden schützen".

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Wenn man bedenkt, dass Orbán die Ungarn bereits einmal stolz als “halbasiatisches Volk” bezeichnet hatte, bekommt dieses Foto mit Premier Renzi aus dem Vorjahr eine ganz amüsante Bedeutung

Italienischer Premier: Ungarn gefährlicher für Europa als Russland

Die aktuellen Äußerungen bedeuten auch eine Antwort auf den "Angriff" des italienischen Premiers Matteo Renzi, der am Rande der UN-Tagung davon sprach, dass "nicht Russland, sondern Ungarn heute die wahre Bedrohung für Europa" darstelle, "weil sie eine neue Mauer errichten." Italiens Regierung ist zwar weit davon entfernt das durch das es umgebende Mittelmeer unkalkulierbare Flüchtlingsproblem lösen zu können, Renzi stellt sich aber der Herausforderung in einem Sinne, die den Ankommenden nicht von vornherein kriminelle Handlungen unterschiebt und ihre Grundbedürfnisse anerkennt. Außenminister Szijjártó, der praktisch jeden Tag einem anderen Land die Leviten liest, weil es "voreingenommene Behauptungen" gegen Ungarn aufstellt, verlangt "Kritik einzustellen" und lieber zusammen zu arbeiten. Dabei war und ist es Ungarn, dass sich bis heute jeder gemeinsamen Lösung in der EU widersetzt, dabei auf nationalistisch-völkische Selbstbehauptungsargumente bauend.

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Anstelle Stacheldraht: Gemeinsame Grenzpatrouillen mit Slowenien

Innenminister Pintér (Foto: MTI) hat Slowenien auserkoren, als leuchtendes Beispiel für die Kooperationsfähigkeit staatlichen ungarischen Handlens zu dienen. Während die Kommunikation mit Österreich weitgehend verweigert, Serbien argwöhnisch beobachtet wird sowie Rumänien und Kroatien als Feinde behandelt werden, stellt man mit Slowenien "gemeinsame Grenzpatrouillen" auf. Das war offenbar die Bedingung für den Abbau der "mobilen Grenzsperranlagen" an der gemeinsamen Schengen-Innengrenze.

Zwei Drittel für Eisernen Vorhang um Ungarn

Das regierungstreue Revolverportal 888.hu (
siehe hier unseren Artikel zu den Hintergründen dieses Mediums) hat eine als repräsentativ behauptete Umfrage abgehalten, nach der 67% der Befragten den Bau von Grenzzäunen befürworten. 31% allerdings hätten sich dagegen ausgesprochen. Daraus ergibt sich nicht nur eine Diskrepanz zu den 80% Zustimmung zu Orbáns Grenzregime, die das regierungsnahe Institut Századvég herausgefunden haben will, sondern auch die interessante Feststellung, dass fast ein Drittel der Ungarn gegen dieses Regime sind. Wenn man bedenkt, dass die jetzige Fidesz-Parlamentsmehrheit lediglich von 27% der wahlberechtigten Bevölkerung "gestaltet" wurde, relativiert das die "überwältigende" Mehrheit, die MTI aus diesen Zahlen liest. Unter den deklarierten "Rechten" finden 86% Eiserne Vorhänge gut, Menschen der "Mitte" (wo immer die in Ungarn sein soll) sind es 63%, jene, die sich am Telefon trauten, sich als "Linke" einzustufen, meinen zu 39%, dass Grenzzäune sein müssten.

+ + + 28. September, 11:45 Uhr + + +

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Eine aktuelle Aufnahme von der kroatisch-ungarischen Grenze. Dermartialische Aufgalopp von vermummten Soldaten mit Sturmgewehren ist sicherheitstaktisch völlig unnötig, tendentiell gefährlich und der Einsatz von Armee gegen unbewaffnete Zivilisten kriegs- und menschenrechtswidrig. Er ist ein Zeichen nach Innen. Der “starke Mann” in Budapest lässt die Muskeln spielen. Foto: MTI

Zwei weitere Gerichte bilden Sondertribunale gegen "Grenzverletzter"

Ab Oktober werden auch die Komitatsgerichte Pécs und Zalaegerszeg dazu befugt sein, neben dem in Szeged, die Sondertribunale gegen "Grenzverletzter" durchzuführen. Der Beschluss dazu wird am Dienstag im Parlament getroffen werden.

Während all jene, die beim Überwinden des ungarisch-serbischen Grenzzauns erwischt werden, in Schnellfverfahren abgeurteilt werden (ca. 100-150 pro Tag) werden täglich Tausende, die über Kroatien kommen, über ungarisches Territorium an die österreichische Grenze geleitet, unregistriert und eigentlich auch "illegale Eindringlinge." Dennoch reklamiert Ungarn die Einhaltung "aller EU-Regeln" exklusiv für sich. Was Rechtsexperten konkret an den Sondergerichten aussetzen,
lesen Sie hier.

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Ungarische Staatsmedien zensieren UN-Generalsekretär

Präsident Áders Treffen mit dem UN-Generalsekretär in New York am vergangenen Freitag wurde vor allem von den regierungsnahen Medien aufgegriffen. Es wurde so dargestellt, als wandte sich Áder um Unterstützung an die UN, weil die EU den ungarischen Vorschlägen zur Lösung der Flüchtlingskrise nicht nachkomme. Während man dort nur 1 Mrd. EUR zusätzlich locker machen wolle, strebe Ungarn 6 Mrd. an und aus einer europäischen solle eine internationale Verteilungsquote werden. Ban Ki-moons Höflichkeitsfloskel er "verstehe die Herausforderungen, die Ungarn" gerade bewältigen müsse, wurde als Zustimmung zu Orbáns Maßnahmen interpretiert, der eigentliche Kernsatz aber, nämlich Bans Mahnung, unter allen Umständen Menschen- und Grundrechte zu achten und der Hinweis, dass neue Zäune keine Lösung sein könnten, ließen sowohl die amtliche Nachrichtenagentur MTI als auch das Staatsfernsehen M1 unter den Tisch fallen.

UNO schlägt "Flüchtlingssteuer" auf Spekulations-Transaktionen vor

Ein Vertreter der UN-Flüchtlingshilfe machte bei einem Vor-Ort-Termin an der ungarisch-kroatischen Grenze den Vorschlag, die EU solle eine Aktien- und Derivatetransaktionssteuer von 0.1% einführen, um mehr Mittel für die Bewältigung der Krise zur Verfügung zu haben. Ein Viertel dieser Einnahmen sollte den Ländern überwiesen werden, die Flüchtlinge aufnehmen, 50% sollten in die Entwicklungsländer gehen, sowohl Aufnahmeländer wie Libanon, Jordanien, aber auch Herkunftsländer der Flüchtlinge und dort für Trinkwasser, Nahrung, Gesundheits- und Bildungsstrukturen benutzt werden, das letzte Viertel solle an die nationalen Haushalte für Integrationsmaßnahmen gehen. Elf EU-Länder unterstützen laut UN diesen Vorschlag bereits.

Bemerkenswert ist die ungarische Antwort. Dort sagte ein Staatssekretär tatsächlich, dass Ungarn eine solche Finanztransaktionssteuer schon seit Jahren - als erstes EU-Land - eingeführt habe. Was er nicht sagte: die Transaktionssteuer zahlen alle Bürger auf jede Finanzbewegung, also auch die Mindestrentenempfängerin bei der Einzahlung ihrer Stromrechnung, während sie für Finanzjongleure und Banken bei rund 17 EUR pro Transaktion gedeckelt wurde. Die Einnahmen werden außerdem für die Schuldentilgung und "Sonderprojekte" wie den Bau von Fußballstadien oder den neuen Amtssitz des Premiers ausgegeben.

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Kroatische Polizei versucht zu sortieren....

Kroatien sieht in ungarischem Grenzzaun "Bollwerk gegen (serbische) Barbaren"

Regierungs-PR und Regimemedien führen weiter eine hartnäckige Abwehrschlacht gegen "ungerechte" Urteile ausländischer Medien zu Ungarns Flüchtlingspolitik. Vor allem Außenminister Szijjártó produziert am laufenden Band Depeschen, Protestnoten und Einbestellungen von Botschaftern, lässt sich auf BBC interviewen und schickt jeden, der ein paar Brocken Englisch beherrscht an die Medienfront.

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Im Moment zielt Budapest vor allem auf Rumänien und Kroatien, Letzteres würde Ungarn "verbal missbrauchen und attackieren". Allerdungs hatte der Minister hier einmal Recht, denn Kroatien und Serbien befinden sich zumindest wieder in einem Kalten Krieg, in dem alte Ressentiments geschürt werden. Ungarns Grenzregime war dafür nur der Auslöser, nicht der Grund. Der koratische Premier Zoran Milanovic sagte, Ungarn hätte mit dem Zaun an der serbischen Grenze ein "Bollwerk gegen die Barbaren" errichtet, womit er aber wohl nicht die Flüchtlinge meinte. Szijjártó warf Milanovic vor, sein als herzensgut angekündigtes Asylwesen sei "binnen eines Tages zusammengebrochen", er solle daher "lieber still sein", zumal das Land täglich tausende "Einwanderer" nach Ungarn schicke.

Dass Ungarn diese allerdings stante pede weiter gen Österreich schickt, sagte Szijjártó nicht dazu. Ein MSZP-Oppositioneller im Parlament erinnerte ihn daran und bat um Zügelung, denn die langfristigen Beziehungen zu den Nachbarn würden sonst noch mehr gefährdet. Mittlerweile habe man es sich - auch durch verfehlte oder unterlassene Kommunikation - mit praktisch allen Nachbarländern außer der Slowakei verscherzt und Orbán habe bei seinem Besuch in Wien auch nichts erreicht.

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+ + + 26. September, 14:45 Uhr + + +

Orbán bleibt stur, der Westen hilfos: Nehmt unsere Zäune oder die Flüchtlinge!

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Orbán mit Lázár und Szijjártó am Freitag in der ung. Botschaft in Wien

Premier Orbán hat es sich bei seinem Besuch in Wien am Freitag leicht gemacht: Entweder der Westen unterstützt seine Grenzzaunanlagen sowie sein martialisches Regime und schließt, ebenso wie er, die Grenzen, einschließlich jener zwischen EU-Staaten und auch innerhalb des Schengenraumes, - oder: Deutschland und Österreich werden in den "kommenden Monat eine Viertelmillion Einwanderer bekommen".

Vorläufige Kehrtwende bei Zaunbau zu Slowenien

Es "fühlt sich zwar nicht gut an", zu einem EU-Nachbarn wie Kroatien einen Zaun zu bauen (der übrigens sehr bald fertig sein soll), aber man sei hier "in einem politischen Dilemma", Ungarn könne es sich nicht erlauben und wolle auch nicht "von Hunderttausenden Einwanderern überrannt" zu werden. Einen geplanten Zaunbau zu Slowenien dementierte Orbán, dies seien nur Erdarbeiten, um geländegängigen Fahrzeugen einen "mobilen Grenzschutz" zu ermöglichen. Eine Lüge, in der Nacht zum Samstag transportierten Militärs in einer hektischen Aktion Zaunelemente und Drahtrollen ab, Regierungssprecher Kovács bestätigte zuvor noch, dass es sehr wohl "Stacheldraht" an der slowenisch-ungarischen Grenze gebe. Die Aussage erschien auch schriftlich auf der Regierungswebseite und wurde später wieder gelöscht.

Totale Abschottung gegen zögerliche EU

Die beiden Regierungsspitzen versuchten indes die verbale Hochrüstung gegenseitiger Vorwürfe zu beenden, wurden sich politisch und praktisch aber nicht einig. Freilich wurde das in Budapest ganz anders dargestellt.

Ungarn verficht seinen Standpunkt möglichst totaler Abschottung und versucht - so lange diese Abschottung praktisch nicht umsetzbar ist - durch die "Belieferung" von 10.000 Flüchtlingen täglich, Österreich und Deutschland zum Einlenken auf diese Linie zu zwingen, die jedoch einer Aussetzung praktisch sämtlicher Asyl- und Flüchtlingsregeln und -konventionen bedeutete und eine massive Eskalation an den Grenzen, vor allem zu Serbien, in der Folge aber auch zu anderen Ländern bedeuten würde. Der Westen hingegen versucht, bis es - irgendwann, irgendwie - zu einer verbindlichen, gemeinsamen Grenz- und Flüchtlingspolitik der EU kommt - möglichst eine humane Verteilung der Ankömmlinge zu bewältigen.

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Unweit der kroatisch-ungarischen Grenze...

Orbán weiter der Beschützer Europas

Der Westen bietet Orbán dabei an, an der zunächst noch freiwilligen EU-Quotenregelung für die Verteilung von zunächst 160.000 Menschen teilzunehmen, was aber die Errichtung von sog. Hot Spots, also EU-geführten Registrierungslagern in Ungarn einschließen würde - aber auch Geldmittel freimachte. Das schließt Orbán dennoch aus, lediglich die Aufnahme von rund 2000 Asylbewerbern (die ohnehin nicht in Ungarn bleiben wollen) würde er befürworten, wenn dann keine mehr nachkommen. Orbán spricht permanent von "Einwanderern" und "Wirtschaftsflüchtlingen", er bleibt auch bei seiner Qualifizierung der meisten von ihnen als "Terrorrisiko", "Hilfsempfänger" und "Kriminelle" (da sie illegal einreisten).

Orbán zieht sich weiter auf den Standpunkt zurück, er würde die österreichischen, deutschen und "sogar europäischen" Grenzen durch seine Zäune "mit schützen". Praktisch leitet er aber alle Ankömmlinge ungeprüft an die österreichische Grenze - behauptet aber gleichzeitig, er würde sich an alle EU-Regeln halten. In der Konsequenz bleibt Orbán nun nichts anderes übrig, als das gesamte Land einzuzäunen und militärisch zu sichern. In unserem
Beitrag über Orbáns Besuch in Bayern ordnen wir dieses Vorgehen ein.

Die österreichsiche ÖVP, Koaltionspartner der Kanzlerpartei SPÖ und "Schwesterpartei" von Fidesz und CDU, nahm über Vizekanzler Mitterlehner Orbán übrigens genauso in Schutz wie das vor wenigen Tagen CSU-Chef Seehofer tat. Orbáns Völkerrechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen (Röszke und Keleti sollte man vielleicht nicht so bald vergessen!) sowie die komplette Verweigerung europäischer Kooperation werden der konservativen Kameraderie untergeordnet. Von Papen lässt grüßen, der meinte dazumal auch, man müsse gewisse Personen eher integrieren als ausschließen....

Verbale, mediale Abwehrschlachten

Außenminister Szijjártó, Kanzler Lázár, Sprecher Kovács und ganze Stäbe von untergeordneten Chargen sind derweil mit verbalen und medialen Abwehrschlachten befasst, die Ungarns Opferrolle in der Verteidigung des "christlichen" Europas und die Ignoranz und Unfairness des Westens in den Vordergrund spielen sollen. Ungarns Regierung pocht auch weiter darauf, alles richtig zu machen, während weder der Westen, noch die in die Bredouille gebrachten Nachbarn Serbien, Kroatien und Rumänien auch nur einen Funken Ahnung von der Lage hätten - so die Essenz der Wortschwälle. Reihenweise werden Protestnoten geschrieben und Botschafter einbestellt.

80% mit Orbán-Kurs einverstanden, Jobbik jagt Fidesz weiter vor sich her

Laut einer Umfrage des regierungsfinanzierten Institutes Nézöpont, stehen 80% der Bevölkerung hinter Orbáns Anti-Flüchtlingspolitik und sind mit der Polizeiarbeit zufrieden (das wurde eigentlich gefragt, die Antworten dann aber auf die Regierungszufriedenheit interpoliert, sehr seriös...) Die neonazistische Partei Jobbik, zweistärkste politische Kraft in Ungarn, sah bis dato fast alle ihre Forderungen hinsichtlich des Grenzregimes erfüllt und treibt Orbáns Fidesz weiter vor sich her. Nun fordert sie, Orbán solle sich der Klage der Slowakei gegen eine womöglich verbindliche Flüchtlungsquote anschließen, die Grenzen noch dichter machen und praktisch alles was nach "illegalem Einwanderer" aussieht von ungarischem Territorium entfernen, somit auch die Weiterleitungen gen Westen einstellen.


Veranstaltungstipp: Europa und der Balkan nach 1989: Krisenmanagement zu wenig, zu spät? Termin: Donnerstag, 01. Oktober 2015, 18.00 Uhr, Ort: Andrássy Universität Budapest, Andrássy Saal, Vortrag von Herrn Dr. Erhard Busek, öst. Vizekanzler a.D., Leiter Institut für den Donauraum. Bitte entnehmen Sie weitere Informationen zur Veranstaltung und eine Anmeldmöglichkeit
hier.


+ + + 24. September, 11:15 Uhr + + +

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EU-Sondergipfel: Orbán will den Westen mit Flüchtlingen fluten bis er einknickt

Nach dem gestern von Orbán zunächst in München, sodann in Brüssel präsentierten 6-Punkte-Plan zur Flüchtlingsabwehr (Registrierungslager außerhalb der EU, massive Aufrüstung in Griechenland und Einsatz fremder Truppen dort, weitere Zäune, Sondersteuer, weltweite Flüchtlingsverteilung etc.) meldete sich Orbán am Donnerstagmorgen nochmals und sprach vor Medienvertretern in Brüssel.

Dabei kam sein eigentlicher Schlachtplan zum Vorschein, der allerdings nur belegt, was wir seit Wochen sehen können: er wird so lange Flüchtlinge von Kroatien und Serbien nach Österreich (bzw. von dort nach Deutschland) bringen lassen, bis die dortigen Aufnahmekapzitäten oder der politische Wille zusammenbrechen und man sowohl seine Zaunbauten billigt als auch selbst die Grenzen schließt.

"Wenn die unseren Zaun nicht mögen, dann müssen wir in Betracht ziehen, die Einwanderer nach Österreich und Deutschland zu lassen", so Orbán wörtlich. Allerdings zieht dann das Argument, er würde sich ja nur an Dublin und Schengen halten, nicht mehr wirklich. Aber das war von Anfang nur eine Zwecklüge.

Balkankreisel: Täglich kommen rund 10.000 Menschen über Ungarn

Binnen einer Woche gelangten auf diese Weise geschätzt 45.000 Flüchtlinge über den "Balkankreisel" über Serbien nach Kroatien und Ungarn und von dort an die österreichische Grenze, derzeit sind es täglich zwischen 8.000 und 10.000 Menschen, die in Österreich ankommen. Mittlerweile haben sich Serbien und Kroatien gegenseitig mit Waren- und LKW-Einreiseverboten belegt, Ungarn baut derweil seine Grenzzäune an der kroatischen und rumänischen Grenze weiter.
Mehrzum Pannonisch-balkanesischen Säbelrasseln.

Lösung ohne Orbán: Auch Visegrád Vier ist am Ende

Orbán tat beim Pressegespräch zudem so, als würden die europäischen Staatschefs auf dem Sondergipfel nichts anderes machen als fieberhaft an der Umsetzung seines 6-Punkte-"Lösungsvorschlages" arbeiten. Leider könnten sie sich aber nicht zum wichtigsten Punkt durchringen, nämlich "dem gemeinsamen Schutz der Außengrenze" durch eine multinationale Grenzschutzbrigade. So würde "Griechenland weiter ungestraft internationales Recht verletzen." Offenbar nehmen die westlichen Regierungschefs "die Sache nicht so ernst wie wir Ungarn das tun".

In Wirklichkeit arbeiten die Regierungschefs jedoch eher daran eine Lösung ohne Ungarn zu finden, den destruktiven Orbán weiter zu isolieren. Selbst die Visegrad-4-Achse mit Polen, Tschechien und der Slowakei hat Orbán durch seine Alleingänge und die übertriebene Härte verprellt. Polen wartet noch die Wahlen ab, wird dann aber bei einer Quotenlösung dabei sein, die nur anders heißen muss, um innenpolitisch vertretbar zu sein. Tschechien und Slowakei sehen sich eher in der Lage Österreichs, nämlich als reines Transitland für die aus Ungarn kommenden Flüchtlinge und werden es vermeiden sich - so wie Orbán - jede Woche die europapolitischen Finger neu zu verbrennen.

Neben der Verbesserung der Beziehungen zur Türkei wegen der Flüchtlingslage, solle Europa auch seine Beziehungen "zu Russland auf neue Füße stellen" (lies:
auch hier ist sein Ungarn Vorbild.)

Terrorist oder willkommener Prügelknabe? U-Haft für Syrer mit Schengen-Visum und neun Pässen

Ein bei den
Ausschreitungen an der serbisch-ungarischen Grenze am vergangenen Mittwoch verhafteter Mann, wurde gestern - zunächst für 30 Tage - in Untersuchungshaft gesteckt. Der 39jährige Syrer Ahmed H. soll laut Staatsanwaltschaft nicht nur der "Anstifter" der gewälttäitgen Zusammenstöße mit der Polizei gewesen, sondern auch Mitglied einer Terrorgruppe namens Tablighi Jamaat (ist eher eine fanatisch-frömmelnde, sunnitische Missionierugnssekte) sein, das wisse man aus "internationalen Quellen" (Ob CIA oder Wikipedia ließ man offen)

Suspekt ist, dass der Mann einen Pass mit Schengen-Visa sowie eine Arbeitserlaubnis für Zypern vorweisen konnte, aber dennoch "Ungarn illegal betrat", weil er sich der gesetzlichen Einreiseprozedur widersetze und - während er per Megaphon aufstachelnde Anweisungen gab - mehrmals zwischen serbischem und ungarischem Territorium wechselte. Gestern behauptete die Staatsanwaltschaft, man habe bei dem Mann neun verschiedene Pässe gefunden. Davon war vorher nicht die Rede gewesen. Der Verdächtige legte Rechtsmittel gegen die Verhängung der U-Haft ein.

Orbán und seine Sprecher rechtfertigten das Vorgehen von Polizei, Armee und Antiterroreinheit mit einem "Überfall bewaffneter Eindringlinge", der eine "Verteidigung der ungarischen und europäischen Grenze um jeden Preis" notwendig gemacht hätte. Dabei habe man "auch Terroristen gefangen."

Beobachter haben jedoch große Zweifel an der Version der Regierung. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie das Grenztor zunächst kurz geöffnet wurde, was vor allem Frauen und Kinder als Signal der Grenzöffnung verstanden. Dann knüppelten Spezialeinheiten plötzlich zu, was den Frust der nachdrängenden Masse zur Eskalation brachte, woraufhin aus der Menge Straftaten begangen wurden. Offen ist, ob es sich um stümperhafte Polizeitaktik oder eine bewusste Eskalation der Lage - wie zuvor bereits bei Röszke oder am Ostbahnhof handelte. Unter den Verletzten waren zwei Dutzend Einsatzkräfte, sowie rund 200 Personen, die wegen des Tränengaseinsatzes, Wunden von Küppeln bzw. durch Stürze behandelt wurden - von serbischen Hilfskräften. Auch sieben Journalisten wurden mit Gewalt von ihrer Arbeit abgehalten.

Die Präsentation des "Terroristen" Ahmed H. kann ein gelungener Fang sein, aber auch eine PR-Konstruktion, um Orbáns Wunschbild zu entsprechen. Dass unter den Flüchtlingen auch Radikale sind, ist durch Zeugen belegt, ihr Prozentsatz ist aber kaum höher als jener z.B. der Neonazis in Ungarn oder Deutschland an der Bevölkerung. Orbán setzte Flüchtlinge von Anfang an mit Terrorgefahr gleich, es ist wahrscheinlich, dass der Apparat mit allen Mitteln an der Erfüllung seiner Prophezeiung arbeitet.

Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Ungarn wegen Inhaftierung von Asylbewerbern

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Ungarn im Falle einer Klage von drei somalischen Asylbewerbern verurteilt. Die Behörden hätten, so das Straßburger Gericht, "während der Zeit der Asylprüfung die Menschenrechte dieser Männer verletzt", in dem sie sie "während der ganzen Zeit der Asylprozedur in Haft hielten." Die Drei kamen 2011 über Serbien ohne Papiere nach Ungarn und wurden verhaftet. Während eines - parallel zum Asylverfahren abgehaltenen - Auslieferugnsverfahrens wurde ihre Haft fünf Mal durch Gerichte verlängert, u.a. mit der Begründung, dass das "Risiko einer bevorstehenden Ausweisung sie frustrieren könnte" und sie daher eine "Gefahr für die Gesellschaft" darstellen. Ende März 2012 kamen die drei frei, sie erhielten keinen Asylstatus, sondern eine Duldung als Kriegsflüchtlinge. Das Urteil zieht u.a. auch eine finanzielle Entschädigung nach sich.

Es ist davon auszugehen, dass die neuen
Notstandsgesetze, die eine ganze Reihe von rechtsstaatlichen Grundlagen und Menschenrechten außer Kraft setzen (siehe hier den Brandbrief von 180 ungarischen Rechtsanwälten und Ex-Richtern

Flüchtlingskrise und “Lügenpresse” machen Ungarns Tourismus zu schaffen

"Die negative Berichterstattung in den Medien über die Einwanderungskrise in Ungarn, beeinträchtigt die Tourismusindustrie". Das beklagt u.a. der Chef der ungarischen Hotel- und Restaurantvereinigung, Niklai, im Fidesz-Zentralorgan "Magyar Idök". Viele Hotels hätten etliche Stornierungen und geringe Buchungsraten für den Oktober, auch die Buchungslage für die Wintersaison und die Frühbuchungen für die kommende Balaton-Saison sind stark rückläufig, was auch am unregelmäßigen Zugverkehr liege, vor allem aber an den "negativen Berichten". Daher solle das Wirtschaftsministerium eine internationale Image-Kampagne starten.

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+ + + 23. September, 12:34 Uhr + + +

 + + + Ungarns Außenminister fordert Aufrüstung: Diskussionen über eine europaweite Aufnahmequote für Flüchtlinge sind "Zeitverschwendung" + + +

39szijjartoDenn die ganze Idee sei "undurchführbarer Unsinn". So kommentierte Ungarns Außenminister Szijjártó die Mehrheitsentscheidung der EU-Innenminister zur Verteilung von 120.000 Flüchtlingen ohne bindende Wirkung. Ungarn und die Visegrád Vier seien dagegen, so lange es keine wirksame Sicherung der EU-Außengrenze in Griechenland gebe, die den "Einfall von zigtausenden weiteren Einwanderern" stoppt.

Frontex und Griechenland sollten die "exakte Anzahl an Truppen, Grenzschützern, Infrarotkameras, Helikoptern" nennen, die gebraucht würden, die Kosten dafür sollten sich die EU-Staaten teilen. Das wäre eines sinnvolle "Quotenlösung", so Szijjártó gestern in Brüssel. Die EU soll außerdem die Kosten für die Flüchtlingslager in Syrien und dessen Nachbarländern übernehmen und dort notfalls neue bauen.

Zu den Konflikten mit den Nachbarn: Kroatien gehöre bestraft, denn es habe EU-Regeln "ignoriert" und "befördert" zigtausende "Einwanderer" an die ungarische Grenze, ohne sie zu registrieren. (Das gleiche macht Ungarn in Richtung Österreich, aber Ungarn macht sich seine Regeln bekanntlich selbst.)

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+ + + 23. September, 12:32 Uhr + + +

Orbán bei Seehofer: Entfesselter Politdarwinismus Amok laufender Zaunkönige - Ein Brachialkommentar -

39baytitel (Andere)Die bayerische CSU, Schwesterpartei der CDU und der ungarischen Regierungspartei Fidesz bei der EVP, hat Premier Orbán am Mittwoch mit einer offiziellen Einladung nach München einen roten Teppich ausgerollt und sich - ein weiteres Mal - mit dessen Politik gemein gemacht. Demokratie- und Rechtsstaatsabbau, antieuropäische und menschenrechtswidrige Flüchtlingspolitik und -behandlung. Die CSU verlässt damit den Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Aber es geht wohl um Größeres... 

ZUM BEITRAG

 

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+ + + 22. September, 10:45 Uhr + + +

+ + + Regierung von Ungarn beschließt Einsatz der Armee gegen Zivilisten, weitere 100 Mio. EUR für Grenzschutz und beschimpft Hilfsorganisationen, Nachbarländer und Flüchtlinge im Libanon und Jordanien + + +

Das ungarische Parlament hat am Montag mit der Mehrheit der nationalistischen Regierungspartei Fidesz und der neonazistischen Partei Jobbik die ungarische Verfassung dahingehend geändert, dass ein Einsatz des Militärs im Inland, speziell zur Sicherung der Grenzen, möglich wird.

39armee1 (Andere)

Ungarisches Militär an der ungarisch-kroatischen Grenze. Ausrüstung stammt noch vom Afghanistaneinsatz. Aus wüsten- wird nun pusztagelb.....

Im Grunde wurden dabei der Armee Polizeirechte übertragen, sowohl was hoheitliche Vollmachten als auch die Anwendung von Gewalt gegen Zivilpersonen angeht. Orbán meinte, dass die Grenzsicherung nur mit dem Militär möglich sei, zumal neben der serbischen, nun auch die rumänische, kroatische und slowenische - die ukrainische sowieso - zu schützen sei.

Kritiker bemängeln, dass das Militär bereits seit Wochen - auch ohne parlamentarische Ermächtigung - im Einsatz war. Das ist aber nur eine Kleinigkeit gegenüber dem
Paradigmenwechsel, Militär gegen unbewaffnete Zivilisten in Stellung und Einsatz zu bringen. Es ist ganz und gar nicht beruhigend, dass die Armme dabei "nur" Polizeimittel einsetzen soll. Das Militär verfügt (überwiegend) weder über eine polizeiliche Ausrüstung, noch über eine entsprechende Ausbildung, es kann also auf Konfrontationen nur militärisch und mit militärischer Hardware reagieren.

Soldaten dürfen in Zukunft: Menschen verhaften, Leibesvisitationen durchführen, Autos und Wohnungen durchsuchen, Verkehrskontrollen und -sperren machen, Platzverweise aussprechen und Gebiete abriegeln. Soldaten im Grenzgebiet dürfen Gewalt anwenden, wenn "ein Angriff nicht anders abgewehrt werden kann". Dabei soll "nicht gegen das Leben vorgegangen werden" heißt es einigermaßen ungefähr im Gesetzestext. Und weiter: Der Einsatz von Schlagstöcken, Gummigeschossen, Tränengasgranaten, Blend- und Knallgranaten, Taesern oder Netz-Kanonen "zählt nicht als Waffeneinsatz". D.h. solange, man nicht die Knarre benutzt, setzt die Armee laut Gesetzestext keine Waffen ein.

Der Stabschef der Armee meldete umgehend Dienstbereitschaft, die Gesetze seien so formuliert, dass sich für die Soldaten bei den Vorschriften für den Waffeneinsatz nichts ändere, meinte General Benkö kurz und bündig.

Gleichzeitig beschloss die Regierungsmehrheit eine Aufstockung der Budgetmittel für den Grenzeinsatz, die unter "Bewältigung der Einwanderunskrise" verbucht werden. Zusätzlich 30 Mrd. Forint, also knapp 100 Mio. EUR werden für Zaunbau, Polizei- und Militäreinsätze etc. aufgewendet, womit sich das Notstands-Zusatzbudget binnen zwei Monaten verdoppelt hat. Insgesamt sind für 2015 bereits 160 Mrd. für die "Bewältigung" aus Steuer- und EU-Mitteln zugeteilt worden, also rund eine halbe Milliarden Euro (bzw. 3-5 Fußballstadien).

Bei der Debatte darüber behauptete Orbán, dass der Staat mit den Geldern auch die freiwilligen Hilfsorganisationen "stark gefördert" hätte. Er sprach von rund 645.000 EUR. Diese protestierten umgehend: Sie hätten gerne eine Aufstellung gesehen, welche NGO´s im Rahmen der Flüchtlingskrise welche Mittel zugesprochen bekommen hätten, meldete u.a. Migration Aid (MigAid. )Die professionellen (Rotes Kreuz, Malteser, Ökumenische Hilfe) Hilfsdienste waren nämlich nur in den Lagern tätig, während das Gros der Nothilfe u.a. an der Grünen Grenze, in den "wilden Lagern" um Röszke sowie am Budapester Ostbahnhof von NGO´s wie Migration Aid und vielen freiwilligen Personen gemacht wurde - ausschließlich aus privaten Spenden. Vom Roten Kreuz war da niergendwo etwas zu sehen. Fidesz schoss zurück, dass diese "Soros finanzierten" Gruppen sich mal nicht so aufspielen sollen. Man wisse schon, wem man Geld geben könne und wem nicht.

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Während nach wie vor tausende Flüchtlinge den "Balkankreisel" durchlaufen, um nach Westen zu gelangen, geht der verbale Schlagabtausch des Außenministeriums mit den Nachbarn weiter, Tenor: Ungarn versucht den Laden EU dicht zu halten, wird aber von allen anderen boykottiert und noch mit einer "Verleumdungskampagne" überzogen.

Apropos Verleumdung: Die Regierung schaltete in libanesischen und jordanischen Zeitungen großflächige Anzeigen in englischer und arabischer Sprache, die Flüchtlinge vehement vor der "illegalen" Einreise nach Ungarn warnen. Man sei zwar ein gastfreundliches Land, wenn aber Flüchtlinge kommen, sei das illegal und dann werden sie eingesperrt und abgeschoben und mit den “strengstmöglichen Mitteln” behandelt.

Auch die inländische Plakation wurde modifiziert. Neuester Slogan: "Das Volk hat entschieden: Das Land muss verteidigt werden." Wer es angreift, steht nicht darauf, aber das sollte mittlerweile allen klar sein: von "selbstmörderischen Liberalen" angelockte "bewaffnete Kriminelle" aus "kulturfremden Kreisen", die "unsere und die christliche Lebensart zerstören" werden. Alles O-Töne V. Orbán.


+ + + 21. September, 10:35 Uhr + + +

Säbelrasseln des "Autisten": Ungarn überwirft sich im Flüchtlingschaos mit seinen Nachbarn und steuert auf Vier-Fronten-"Krieg" zu

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Das von der ungarischen Regierung unter dem Vorwand des "Notstandes" installierte Chaos beim Umgang mit den Flüchtlingen trieb am Wochenende absurde Blüten. Weder Zaun, noch Soldaten hielten auch nur einen Ankömmling auf, nur werden sie jetzt im Kreis durch Pannonien und den Balkan gejagt. Den Abnehmer Österreich ignoriert man dabei, mit Serbien ist man böse, Rumänien wird zurechtgestutzt, doch gegen Kroatien fährt man schweres Geschütz auf.

ZUM BEITRAG


Unrechtsstaat: Hunderte Anwälte gegen "Notstandsgesetze" in Flüchtlingskrise

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Unrecht, das zum Gesetz erhoben wird, wird dadurch nicht zu Recht. Diesem sowohl rechtsstaatlichen wie humanistischen Grundsatz folgen hunderte ungarische "Rechtsanwälte für den Rechtsstaat" in einem öffentlichen Brandbrief und warnen davor, dass Flüchtlingen systematisch grundlegende Verfahrensrechte vorenthalten und sie als Menschen zweiter Klasse behandelt und abgeurteilt wer.

ZUM BEITRAG

 

+ + + 18. September, 11:00 Uhr + + +

Auslöser der Krawalle: Stümperhafte Polizeiarbeit oder gezielte Provokation? + + + Orbán: Land verteidigt, Terroristen gefangen, "selbstmörderischer Liberalismus" ist Schuld + + + Zaunbau zu Kroatien unter Hochdruck + + + Flüchtlingschaos durch Kehrtwende in Kroatien

Wie sich aufgrund mehrerer Videoaufnahmen mehrerer TV-Stationen und privater Zeugen herausstellte, war der Auslöser der Krawalle vom Mittwoch (Hier der Erstbericht, hier die Analyse) bei Horgos eine kurzzeitige Toröffnung durch ungarische Sicherheitskräfte. Ein Verwantwortlicher hat offenbar einigen Frauen und Kindern den Durchlass gewähren wollen, um sie der Gefahr nachdrückender Massen zu entziehen. Diese gingen nun davon aus, dass ihnen auf legalem Wege - wie gesetzlich zugesichert - der Zutritt für ein Prüfverfahren gewährt würde. Ein anderer Verantwortlicher, zu sehen ist deutlich die hektische Anordnung eines TÉK-Einsatzleiters, erkannte dann, dass nun alle Wartenden nachdrückten und ließ unter massivem Tränengas- und Knüppeleinsatz das Tor wieder schließen, was entsprechend wütende Reaktionen provozierte und auch die große Anzahl verhafteter und verletzter Frauen und Kinder erklärt. Im "besten" Fall war dies also eine stümperhafte Polizeiaktion, ein taktischer Fehler, im schlimmsten eine bewusste Provokation, um die Lage durch den Frust der Masse eskalieren zu lassen.

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In seiner turnusmäßigen Radioansprache im Staatsfunk rechtfertigte Premier Orbán am Freitagmorgen das Vorgehen der Polizei an der serbisch-ungarischen Grenze ohne jeden Zweifel aufkommen zu lassen. Dabei habe es sich um "organisierte Angriffe Bewaffneter" gehandelt, über die die "serbischen Sicherheitskräfte hinweg gesehen" hätten. Man habe dabei nicht nur sich selbst, die Grenze Ungarns und Europas verteidigt, sondern auch "Terroristen geschnappt". Die Lage sei überhaupt nur wegen des "selbstmörderischen Liberalismus`" entstanden, der in Europa "noch" den Ton angebe.  Im Übrigen sei man es gewohnt, keine Hilfe vom Westen oder Süden zu bekommen, dass ging schon Hunyadi so (Anspielung auf László Hunyadi, Bruder des Königs Matthias Corvinus im 15. Jh, der von einem serbischen Fürsten als Geisel genommen und von seinen westlichen Verbündeten im Stich gelassen wurde. In Ungarn populäres, historisierendes Opfer-Mythen-Geschwafel).

Orbán bestätigte weiter, dass bereits 600 Soldaten damit begonnen haben, den Grenzzaun auch entlang Kroatiens, zunächst an einer 41 Kilometer langen Sektion zu verlängern. Bereits Freitagnacht soll das Teilstück fertig sein. Eine ähnliche Verlängerung ist gen Rumänien geplant.

Inzwischen spielten sich in Kroatien fast ebenso chaotische Szenen ab wie zuvor in Ungarn, nachdem die Behörden entgegen der Aussage des Premiers, die Flüchtlinge durch zu lassen, eine 180-Grad-Wende hinlegten und versuchten, Tausende außerhalb des Landes zu halten bzw. sie zu einer Registrierung in Zagreb bzw. an anderen Punkten zu sammeln. Dabei kam es zu Polizeieinsätzen, die Flüchtlinge weichen daher nun über die grüne Grenze aus anstatt, wie zuvor, legale Grenzübergangsstellen zu benutzen.


+ + + 17. September, 16:22 Uhr + + +

Analyse, Hintergründe, weitere Entwicklungen:

Polizeistaat Ungarn: Orbán hat den Rubikon überschritten

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Am Tag nach den gewalttätigen Ausschreitungen an der serbisch-ungarischen Grenze wird Ungarns Isolation immer greifbarer. Vor allem das Verhalten von Serbien und Kroatien stellt Orbán als politischen Amokläufer und gewalttätigen Antieuropäer bloß. Während er an seiner irren Legende vom Schutz der Christenheit festhält und einen Polizeistaat installiert, erfüllen die einstigen Kriegsgegner "Christenpflichten" bzw. handeln schlicht: europäisch. Europa will ihm sogar das Grenzregime entziehen. Orbán aber treibt seine Show auf die Spitze, gewinnt mehrere Schlachten, hat aber den "Krieg" längst verloren.

ZUM BEITRAG

 

+ + + 16. September, 16:22 Uhr + + +

 + + + Versuchter Grenzdurchbruch: Gewalttätige Ausschreitungen, Steine, Tränengas an serbischer-ungarischer Grenze ZUM BEITRAG + UPDATES

Derweil wurde bekannt, dass heute der erste “illegale Eindringling” im Schnellverfahren abgeurteilt wurde. Ein Iraker wurde zu einem Jahr Ungarn-Sperre verdonnert, rechtskräftig, binnen 8 Stunden.

+ + + 16. September, 09:37 Uhr + + +

+ + + Chaos, Verzweiflung und Willkür an Grenze zu Serbien + Asylanträge ohne Aussicht auf Annahme + + + Kroatien: Fluchtroute beginnt sich zu verschieben + + + Rumänischer Premier: Orbán nicht besser als Assad und Co. + Alles Lügner und Extremisten: Ungarischer Außenminister kanzelt Kritiker ab + Oppositionskritik am "Austricksen der Flüchtlinge" und Bruch des Völkerrechts + Neue Plakatkampagne + + +

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Chaos, Verzweiflung und Willkür an Grenze zu Serbien

Tausende Flüchtlinge, darunter viele erschöpfte Kinder, Kranke und ältere Menschen, warten seit Dienstag am Grenzstreifen und an Grenzübergängen, um Einlass in die EU zu erhalten. Es erschallten Sprechchöre, einige traten demonstrativ in einen Hungerstreik, Berichten zu Folge gibt es kein System der Bearbeitung oder Einreisekontrolle, sondern es herrscht reine Willkür.

An bewaldeten und buschigen Grenzabschnitten, vor allem weiter östlich von Röszke, kam es zu mehreren Grenzdurchbrüchen. Bereits in den ersten acht Stunden am Dienstag wurden 60 "Grenzverletzer" verhaftet. Die Polizei sei hoch nervös und reagiere aggressiv, das begleitende Militär orientierungslos, offenbar spüren die Beamten, dass die Lage bei entsprechnd kritischer Masse schnell kippen und außer Kontrolle geraten kann, schreibt uns ein Augenzeuge.

Die Grenzübergänge bei Röszke und Ásotthalom sowie die Übergänge der M5 und 55 sind offiziell seit Dienstag 7 Uhr "suspendiert". Andere Übergänge werden "operativ reguliert". Das heißt, sie sind im Prinzip auch geschlossen, werden aber für Frachtverkehr oder amtliche Fahrzeuge gelegentlich gelüftet.

Es sind nun serbische Hilfskräfte und Freiwillige, die sich um die Versorgung der Flüchtlinge kümmern, obwohl das Gebiet rund 30 Meter vom Zaun bereits ungarisches Hoheitsgebiet darstellt, aber per Gesetz zum Niemandsland gemacht wurde.

35 Asylanträge ohne Aussicht auf Annahme

Nach Angaben von Unterstaatssekretär Gergely Pröhle hätten die Grenzbehörden gestern ganze 35 Asylanträge an den "Fenstern" im Zaun angenommen, womit die Personen für die Dauer des Verfahrens (maximal acht Tage) nach Ungarn einreisen durften und in ein Lager gebracht wurden. Da sie aus Serbien kamen, ist die Ablehnung so gut wie sicher. Pröhle wollte in einem arrogant-zynischen Interview mit dem ORF auch nicht beantworten, nach welchen Kriterien diese 35 ausgewählt wurden, während andere unmittelbar an der Grenze abgewiesen wurden und ob und wie Flüchtlinge in Ungarn heute überhaupt noch Asyl beantragen könnten.

Jeder Flüchtling wird zum Einwanderer - und abgelehnt

Ein Fidesz-Sprecher hingegen wurde klarer: "Jeder, der legal von Serbien - einem sicheren Drittland - aus einreist wird als Einwanderer, nicht als Flüchtling angesehen. Sollte er einen Asylantrag stellen, wird dieser höchstwahrscheinlich abgelehnt." Ungarn habe jetzt "drei Verteidigungslinien" an seiner Grenze zu Serbien installiert, den Zaun, die Polizisten und das Recht, erklärte Fidesz-Sprecher Bence Tuzson. Es fehle nun nur noch die Gesetzesanpassung, damit auch die Armee ihren Anteil am Grenzschutz leisten könne. Die Opposition sei immer noch "pro Einwanderung" und habe es "versäumt zu bemerken, dass sich der Wind in Europa gedreht habe." Mehrere Staaten, die Ungarn zuvor kritisiert haben, "müssten nun die gleichen Schritte ergreifen", behauptete der Parteisprecher.

Fluchtroute beginnt sich zu verschieben

Wie das serbische Staatsfernsehen gestern Abend berichtete, änderten viele Buslinien, die bis dato von der mazedonisch-serbischen Grenze bzw. von Belgrad aus an die ungarische Grenze, also Richtung Subotica fuhren, ihre Routen und bieten jetzt Touren nach Sid an, an die serbisch-kroatische Grenze. Mehrere Hundert Flüchtlinge sollen in der Nacht bereits nach Kroatien gekommen sein, von dort könnten sie sowohl über Ungarn (die Grenze zu Kroatien ist ja noch ungesichert) als auch über Slowenien nach Österreich weiter. Auch Ankömmlinge an der serbisch-ungarischen Grenze, die nicht auf weitere Entwicklungen warten wollen, machen sich, die Grenze entlang, gen Westen auf den Weg.

Rumänischer Premier: Orbán nicht besser als Assad und Co.

Die
Ankündigung des Außenministers, bald auch einen Zaun gen Rumänien errichten zu wollen, hat Premier Ponta zu einer saftigen Kritik auf seiner Facebook-Seite inspiriert. Er schrieb, "Stacheldrahtzäune, aggressive Gesetze, Gefängnis und Brutalität werden keine Probleme lösen." Auf dem TV-Sender Antena 3 fügte er hinzu, dass er sich schon vor dem Gedanken fürchte, "was zu tun sei, wenn ungarische Soldaten anfangen auf Kinder und Frauen zu schießen." Die ungarischen "Pläne für einen Zaun zeigen, dass es in Mitteleuropa politische Entscheidungsträger gibt, die nicht besser sind als die in Syrien, Libyen oder in anderen Ländern aus denen die Menschen fliehen."

Alles Lügner und Extremisten: Ungarischer Außenminister kanzelt Kritik aus Rumänien, Serbien und Brüssel ab

Klar, dass Ungarn solche Aussagen nicht auf sich sitzen lassen würde, umgehend wurde der Botschafter einbestellt, mittlerweile die Standardprozedur für den Austausch von "Informationen" der ungarischen Regierung mit seinen "Freunden". Außenminister Szijjártó meint, Ponta habe mit seiner "sinnlosen Äußerung Ungarn verletzt und angegriffen" und "seine Selbtskontrolle verloren", offenbar weil er "in seiner Innenpolitik schon den Boden unter seinen Füßen verlor." Pontas Äußerungen seien "extremistisch und glatte Lügen", er erwarte eine Entschuldigung.

Auch gegen Serbien teilte er aus. Entgegen den Behauptungen von Sozialminister Vulin (siehe unser Eintrag 15.9., 19.09 Uhr) hätte Ungarn den Nachbarn sehr wohl "regelmäßig" über die beabsichtigten Maßnahmen informiert. So habe er seinem Amtskollegen Ivica Dačić am 5. September alles nötige über die neuen Regeln mitgeteilt. Auch Frankreichs Europaminister Harlem Désir liege falsch mit seiner Kritik an Ungarns Zaun, Ungarn erfülle nur europäische Verpflichtungen beim Schutz der Außengrenze. Frankreich solle sich lieber um seinen Zaun in Calais kümmern. Auch die Bemerkung des italienischen Fraktionschefs der Europäischen Sozialdemokraten Gianni Pitella, der bei einem Lokalaugenschein in Röszke sagte "der Stacheldrahtzaun fühlt sich an als würde die Hitler-Zeit zurückkehren" sei "extremistisch", so Szijjártó und "außerhalb guten Geschmacks" und natürlich Teil der "Lügenkampagne der europäischen Sozialisten" gegen Ungarn.

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Fotos: MTI

Oppositionskritik am "Austricksen der Flüchtlinge" und Bruch des Völkerrechts

Die nach wie vor zahnlose Opposition in Ungarn erklärte ihr Missfallen zum neuen Grenzregime. Die grün-nationalliberale LMP (die gerade noch GPS-Tracker für Asylbewerber vorschlug), sagte, dass "die Regierung so die Flüchtlingswelle nicht stoppen können wird." Grenzschließung und Kriminalisierung von Flüchtlingen wird niemanden abhalten. Die kleine Partei "Gemeinsam" (Együtt) merkte an, dass Ungarn gegen die Genfer Flüchtlingskonvention handele und damit Völkerrecht breche.

"Dialog für Ungarn" (PM): "Die Regierung hält sich nicht einmal an ihre eigenen Gesetze", in dem Behörden die Flüchtlinge "austricksten". Erklärung: Auch an legalen Zutrittspunkten lassen sie - unter falschem Vorwand - ungarischsprachige Erklärungen unterzeichnen, in denen sie sich selbst als "illegale Einwanderer deklarieren", womit sie ihre eigene Ausweisung bzw. Verhaftung unterschreiben. Besonders perfide: sie unterschreiben gleichzeitig, dass ihnen der Text übersetzt wurde und sie ihn verstanden haben - auch auf Ungarisch. Die liberale MLP warnte vor "wachsenden Spannungen und gewalttäigen Ausschreitungen" an der Grenze. Der mediengeile Ex-Premier Gyurcsány ließ es sich nicht nehmen, selbst auf die serbische Seite zu wechseln und Interviews durch den Zaun zu geben.

Neue Plakatkampagne

Die Regierung hat 381 Mio. Forint, also ca. 1,2 Mio. EUR für eine weitere Anti-Flüchtlings-Kampagne auf Großplakaten angefordert. Das steht in der heutigen Ausgabe des Amtsblattes Magyar Közlöny. Diesmal soll ein Teil der Aktion in den Flüchtlingslagern in Libanon und der Türkei, aber auch in den Herkunfstländern, also u.a. Afghanistan und Syrien stattfinden und die Menschen "darüber aufklären, dass es sich nicht lohnt, nach Ungarn zu kommen." Ein Teil der Kampagne soll aber auch in Ungarn gefahren werden und das Volk von den befriedenden Vorzügen des neuen Grenzregimes und des Eisernen Vorhangs überzeugen helfen.

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+ + + 15. September, 19:09 Uhr + + +

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Serbien hat sich heute bitter über die ungarischen Nachbarn beklagt. Niemand habe mit Belgrad die vollkommene Schließung der Grenze abgesprochen, sagte Sozialminister Alexander Vulin. Dabei ging es nicht einmal um den Grenzzaun selbst, sondern um den Umstand, dass auch an regulären Grenzübergangsstellen total abgeriegelt wurde.

In dem davor befindlichen Grenzstreifen von etwa 30 Meter Breite, diesem "Niemandsland", sind nun tausende Menschen gefangen. Es gehört zwar schon zu Ungarn, aber die Behörden kümmern sich um die Menschen erst hinter dem Zaun. Serbien hoffe, so der Minister, dass die Schließung der Grenzen nach 48 Stunden aufgehoben wird und sich "Ungarn wie ein europäisches Land" benehme.

Dass es die grüne Grenze schützen wolle, sei das Eine, aber niemanden herein zu lassen, kann doch keine Lösung sein, sinnierte er. Gerade damit fördere man doch Menschenschmuggel und Serbien werde - ungeachtet der gestörten Kommunikation mit dem Nachbarn - Hilfsgüter an die Grenze liefern und auch an die Menschen verteilen, die diese im "Niemandsland" bräuchten, außerdem stünden Notquartiere in der Vojvodina mit Schlafplätzen bereit.

Die ungarische Reaktion blieb bisher aus. Das Orbánsche Hofprotokoll sieht üblicherweise die Vorladung des Botschafters wegen "unhaltbarer Vorwürfe" sowie die Drohung Lázár mit dem Einsatz der Geheimdienste wegen
"antiungarischer Aktivitäten" vor.

+ + + 15. September, 15:04 Uhr + + +

EILMELDUNG: Ungarn wird auch Zaun an Grenze zu Rumänien bauen 

+ + + 15. September, 13:36 Uhr + + +

Der Druck auf die serbisch-ungarische Grenze nimmt stündlich zu.

An den als "legale Zutrittspunkte" definierten Stellen, das sind einfach Bürocontainer, die in den Zaun hinein gebaut wurden, drängen sich die Menschen, Einlass bekommen aber nur Einzelne. Den meisten Flüchtlingen scheint nicht bewußt, dass sie auch dort nur die Abschiebung erwartet. Aber auch am Bahndamm Röszke / Horgos skandieren Hunderte "Open, Open!". An Dutzenden Stellen der "grünen" bzw. stahlglänzenden Grenze kam es zu Durchbrüchen, Polizei und Armee haben alle Hände voll zu tun, viele ehemalige Straßenübergänge werden nur notdürftig durch Polizeiketten abgesperrt, während immer mehr Flüchtlinge nachrücken.

Nachfolgende Fotos von MTI stammen alle von Dienstagmittag:

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+ + + 15. September, 12:06 Uhr + + +
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Auf einer gerade stattfindenden Regierungspressekonferenz vor Ort in Röszke teilten Regierungssprecher Kovács und Katastrophenschutzchef Bakondi (Foto: MTI) die Ausrufung des "Masseneinwanderungsnotstands" - zunächst für die zwei Komitate Csongrád und Bács-Kiskun - mit, was die
"Ermächtigungsgesetze" in Funktion setzt.

Zunächst aktuelle Zahlen, zum Fürchten:

> In diesem Jahr sind bis 14. September 171.800 "illegale Einwanderer" in Ungarn aufgegriffen worden, 300 (!) davon erhielten Flüchtlingsstatus, 65.000 stellten Asylanträge.

> Von den 171.800 stammen 32.979 aus Afghanistan, 3.630 aus dem Irak, knapp 80.000 aus Syrien, 3.231 aus Bangladesh

> Von 1. August bis 14. September habe man 73 Menschen wegen der Beschädigung der Grenzanlagen verhaftet, allein am Dienstag, also seit 0.00 Uhr waren es 60.

> 200 Mio. EUR habe Ungarn für Grenze, Flüchtlinge etc. ausgegeben, 7 Mio. EUR davon von der EU. (Eine glatte Lüge. Rund 80 Mio. wurden bis dato für den Zaun ausgegeben, die sonstigen Kosten trägt die EU zu rund 80%)

> Wessen Asylbescheid bzw. Statusprüfung nicht binnen 4 Wochen abgeschlossen werden kann, wird von der "Transitzone" in ein Flüchtlingslager "transportiert". Beide könne man jederzeit verlassen - allerdings hat das negative Konsequenzen auf das Verfahren. Die Regelzeit für die "Verfahren" soll bei 8 Tagen liegen.

> In den Transitzonen werde "Anfragenden" die Fingerabdrücke abgenommen, sie bekommen einen Schlafplatz und werden verpflegt. Kinder können freiwillig Unterricht erhalten. Sie werden dort "von der Regierung und Freiwilligen versorgt".

> Zoltán "Comical Zoli" Kovács: Man habe jetzt schon einen signfikanten Rückgang der illegalen Grenzübertritte feststellen können und gehe davon aus, dass sich die Zahl in den kommenden Wochen noch weiter spürbar reduziere. Derweil laufen Meldungen auf, dass Hunderte an abgelegenen Stellen die Grenzbarrieren durchbrechen. (Das erinnert an das "Die ungläubigen Angreifer werden an den Mauern Bagdads weinend Selbstmord begehen" des seligen Comical Ali).

+ + + 15. September, 10:54 Uhr + + +

Neues Grenzregime: Orbán triumphiert, die EU demontiert sich selbst

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Die erste Nacht der "neuen Zeitrechnung" - also des Inkraftretens der Notstandsgesetze gegen "Masseneinwanderung" in Ungarn - verlief befehlsgemäß ruhig, melden die Staatsemdien. Es gab die ersten Grenzdurchbrüche und ein wachsender Menschenstau in Serbien ist Hinweis, dass es nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm sein wird. Orbán triumphierte in einer TV-Sendung über die EU und legte Österreich am Montag noch ein dickes Ei ins Nest. Die EU findet bisher weder eine Antwort auf die Flüchtlingskrise, noch auf Orbáns Alleingänge. Dabei hätte sie eine...

ZUM BEITRAG

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+ + + 14. September, 18:00 Uhr + + +

Massives Militäraufgebot: Ungarn schließt letzte Schlupflöcher nach Serbien, bringt Maschinengewehre und gepanzerte Fahrzeuge in Stellung + Lagerräumung, Zigtausende unterwegs, verstärkte Polizeikontrollen, Politikerauftritte + Österreich untersagt Rückabschiebung nach Ungarn “nicht sicher” +

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Wie anders als mit Kugeln, kann dieses Gerät fliehende Menschen aufhalten? Was hält eigentlich der serbische Nationalismus davon, dass Ungarn mit Gewehrläufen auf sein Territorium zielt?

Mit einer mehrfachen Polizeikette, Polizisten zu Pferde, einem - offenbar aus der Zeit des Afghanistan-Einsatzes übrig gebliebenen Geländewagen mit Maschinengewehrturm, Truppen in Divisionsstärke sowie Eisenbahnwaggons haben Polizei und Armee den letzten Durchgang an der serbisch-ungarischen Grenze am Nachmittag gesperrt. Das betrifft nicht nur die Bahngleise, sondern auch den offiziellen Grenzübergang bei Röszke.
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Aufgalopp zur Orwell-Trophy 2015?

An der Engstelle, die zuvor Zehntausenden als Zugang nach Ungarn diente, bildete sich alsbald ein Rückstau von mehreren hundert Personen. Es ist anhand der Zahlen, die aus Griechenland, Mazedonien und Serbien kommen, davon auszugehen, dass diese Zahl bis in die Nacht auf etliche Tausend anwachsen dürfte, - eine erste echte "Bewährungsprobe" für Zaun und Besatzung, aber auch Indikator dafür, wie weit die Sicherheitskräfte beim "Grenzschutz" gehen werden.

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Gemeinsame Polizeiaktionen an der ungarisch-slowakischen Grenze

Nach Deutschland und Österreich haben auch Tschechien, Polen, die Slowakei, Dänemark und die Niederlande die Wiedereinführung von Grenzkontrollen angekündigt bzw. bereits eingeleitet.

Ungarn hat, außer der hermetischen Grenzschließung zu Serbien und den
morgen in Kraft tretenden Notstandsgesetzen, verschärfte Polizeikontrollen im Inland angeordnet, vorerst bis 30.09. Die Polizisten werden Pässe kontrollieren und hätten das Recht, auch ohne Verdachtsmomente Fahrzeugkontrollen und Leibesvisitationen vorzunehmen, alles diene: der Wiederherstellung von Recht und Ordnung. Illegaler Aufenthalt und "Schlepperei" (für die es keine kommerzielle Absicht braucht, um mit bis zu 4 Jahren Haft belegt zu werden) ist ab Dienstag strafverschärft.

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Österreich am Anschlag: Massenankünfte nach ungarischen Lagerräumungen hier in Deutschkreuz

Tausende Flüchtlinge wurden von den Behörden heute noch an die westliche Grenze gebracht, die meisten Lager, vor allem jenes in Röszke sind weitgehend geräumt. Von den zugesagten "Transitzonen", in denen an legalen Einreisepunkten Ankommende ab Dienstag ihre "Statusprüfung" absitzen sollen, ist weit und breit nichts zu sehen. Ein Regierungssprecher meinte auf die Frage, was mit jenen Flüchtlingen geschehe, die es bis 0.00 Uhr nicht aus dem Land schaffen, lapidar: die bleiben dann eben in Ungarn. Derzeit existieren lediglich fünf verstreute Lager in und bei Kasernen, mit Kapazitäten von zusammen vielleicht 2.000 Plätzen.

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Nein, das ist kein Mahnmal für die Deportaionen im 2. Weltkrieg, sondern Teil der aktuellen Grenzbefestigung in Röszke

In Österreich sollen sich derzeit geschätzt 25.000 Flüchtlinge aufhalten, die meisten davon sind bestrebt, nach Deutschland weiterzureisen, die Zugunterbrechungen erschweren das allerdings. Allein über Heiligenkreuz und Nickelsdorf werden heute nochmals jeweils mehr als 10.000 Menschen erwartet, ca. 30.000 bis 50.000 dürften noch in Ungarn unterweges sein.

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Zwei Fidesz-Erklärbären beim Klugscheissen an der serbischen Grenze. Fotos: MTI, 1. www.index.hu

Sowohl Vertreter der Opposition, MSZP, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Gianni Pitella, als auch die beiden Fidesz-Scharfmacher Németh und Gulyás vom "Nationalen Sicherheitsausschuss" hielten in Röszke Pressekonferenzen ab und warben jeweils für ihre Standpunkte, also: Gemeinsame, europäische Lösung bei Beachtung der humanistischen Aspekte bzw. Ungarn als christliches Bollwerk gegen die Islamisierung Europas etc. etc.

Ein österreichisches Gericht hat heute die Rückabschiebung einer afghanischen Mutter mitsamt ihren Kindern nach Ungarn untersagt, weil, so der Richter, "die gesetzliche Annahme, dass Ungarn ein sicherer Drittstaat sei, nicht mehr zutrifft." In Deutschland gab es schon eine ganze Reihe solcher Urteile, im "gut vernetzten" und eher "konservativen" österreichischen Rechtsbetrieb stellt dies - zumal zu dieser Zeit - eine wichtige Entscheidung dar. Bleibt nur die Frage, welcher Menschenfeind in dieser Zeit überhaupt Rückabschiebungen nach Ungarn verantwortet? Einfache Antwort: Die Innenministerin Mikl-Leitner, ÖVP.



+ + + 14. September, 11:52 Uhr + + +

Orbán räumt Ungarn: + + + Vom Heldenplatz an die Front: Premier vereidigt mit martialischen Worten 900 Polizisten + + + Armeeaufmarsch und Lagerräumung in Röszke, Sonderzüge

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Am Montagvormittag vereidigte Premier Orbán 900 Absolventen der Polizeischule und schickte sie von der öffentlichen Zeremonie am Heldenplatz direkt an die Front an die serbische Grenze. Dort sollten sie nicht nur die "ungarische Heimat" "gegen aggressive Eindringlinge" verteidigen, sondern auch "das christliche Europa." und "unsere Art zu leben." Ungarn habe "ein Recht zu bestimmen, wer in unser Land kommt und wer nicht." Sie sollten sich auf "trickreiche, aggressive Angreifer" einstellen und gewiss sein, dass "illegaler Grenzübertritt ab Morgen genauso eine Straftat ist." wie die "Beschädigung des Grenzzauns." Die Polizei habe bisher "vorbildliches, heldenhaftes geleistet", um zu verhindern, dass die "Zukunft Ungarns und Europas im Chaos endet". Er sei stolz, dass Ungarns Mütter solche Söhne haben...

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Derweil marschieren in Röszke und an anderen Orten der Grenze immer mehr gefechtsbereite, also bewaffnete Militäreinheiten mit Feldgepäck auf (aktuelle Fotos vom Vormittag, alle MTI), während sich gleichzeitig tausende Flüchtlinge aus den Lagern in Marsch setzen und weitere Tausende die noch offenen Lücken im Zaun zum Grenzübertritt von Serbien her nutzen. Es ist nur zu erahnen, wie die Lage ab 0.00 Uhr am Dienstag eskalieren muss. Es ist ganz offensichtlich, dass Orbán Ungarn quasi räumen lässt, Sonderzüge bringen Flüchtlinge von Röszke (Foto) sowie Szeged und anderen Bahnhöfen gen Budapest bzw. Richtung der österreichischen Grenze, heute bisher 5.800, laut Angaben des ung. Innenministeriums.

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+ + + 14. September, 11:20 Uhr + + +

+ + + Flüchtlingslager Röszke vor Räumung? 60.000 Menschen im Nirgendwo + + + Österreich setzt Armee ein und führt Grenzkontrollen ein  + + +

Gerüchte machen die Runde, dass noch heute das Flüchtlingslager in Röszke und die Provisorien drumherum geräumt werden sollen. Das beträfe aktuell rund 60.000 Menschen. Was mit ihnen geschehen soll, ist unklar, denn eine Transportkapazität zur österreichischen Grenze oder alternative Lager stehen dafür nicht bereit.

Am Vormittag erklärte die österreichische Regierung, das Bundesheer an der ungarischen Grenze zum Einsatz zu bringen. Dies geschehe im Rahmen der erprobten "Assistenzeinsätze", die "humanitäre Hilfe" solle im Mittelpunkt stehen. Allerdings werde man auch dem deutschen Beispiel folgen und die "Grenzkontrollen verdichten". Das Asylrecht bleibe aber - wie auch an der deutschen Grenze - in Takt. Wer "Asyl" sage, dessen Ansinnen müsse auch geprüft werden, so Kanzeler Faymann (SPÖ), assistiert von Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP). Man habe Dublin nicht außer Kraft gesetzt, aber es funktioniere nicht. Eine andere Lösung gebe es noch nicht, Abschiebungen solle es aber ebensowenig geben wie einen "Rückstau" wegen der deutschen Maßnahmen.

Neben Nickelsdorf, entwickelt sich der Grenzübergang bei Heiligenkreuz zum neuen Hot Spot an der öst.-ung. Grenze, dort werden heute 10.000 Flüchtlinge erwartet, die Behörden sehen sich dem nicht ausreichend gewachsen. Österreich befürchtet, dass sich ab dem Inkraftreten der Notstandsgesetze in Ungarn am Dienstag, neue Flüchtlingsrouten etablieren, u.a. über die slowenisch-steirische und -kärnterische Grenze.


+ + + 14. September, 10:34 Uhr + + +

Polizeichef ruft "Alarmzustand" aus, 25.000 Grenzübertritte am Montag erwartet

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Blick auf die Bahnlinie Horgos-Szeged Montagnacht. Fotos: MTI

Tag 1 nach Einführung der Grenzkontrollen durch Deutschland (siehe Eintrag vom 13.9., 20.30 Uhr) ist Tag 1 vor der Grenzschließung durch Ungarn und die Inkraftsetzung der neuen Notstandsgesetze: Im Zuge der deutschen Grenzschließung rief noch Sonntagnacht der ungarische Landespolizeikommandant Károly Papp den internen "Alarmzustand" für vier Komitate aus, weil er mit einer "gewaltigen Flüchtlingswelle" aus Serbien rechnet.

Bereits an den Tagen zuvor, wurden mit jeweils über 5.000 "Illegalen" neue Rekordwerte verzeichnet, jetzt rechnet man intern für Montag mit bis zu 25.000 Menschen. Der Polizeialarm kann jedoch auch als politisch angeordnete Vorstufe zum morgen auszurufenden "Masseneinwanderungsnotstand" gesehen werden, der die Sondergesetze und Ermächtigungen für Militär und Behörden in Gang bringt. Derzeit sind ca. 6.000 Polizisten und 4.400 Soldaten an der Südgrenze im Einsatz.

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Blick von serbischer Seite auf eine der letzten Lücken im Zaun, dahinter auf dem Feld ein provisorisches Registrierungslager. Weiter hinten, Busse, dahinter Schlepperfahrzeuge.

In diesem Jahr sind bis Sonntagabend laut Budapester Innenministerium 181.000 "illegale Einwanderer" aufgegriffen worden, rund 12.000 davon befinden sich derzeit noch in Ungarn, davon wiederum rund 80% gegen ihren Willen, also in Haft, im Zwischenlager oder auf der Durchreise, nur ca. 4.000 Menschen lassen ihre Asylanträge in Ungarn bearbeiten, die Anerkennungsquote liegt bei ca. 10%. 63.000 nahm allein in den letzten 10 Tagen Deutschland auf.

Der befürchtete Rückstau hat bereits begonnen, in Österreich wird er von Hilfskräften mit Notquartieren abgefedert, in Ungarn nicht, hier lagern wieder viele auf freiem Feld, auch der Ostbahnhof in Budapest füllt sich wieder.

Ungarn will Grenzpolizei nach Griechenland schicken

Orbán und sein Außenminister Szijjártó begrüßten den Schritt der Bundesregierung zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen als "wichtigen Beitrag zum Schutz Europas", nun müssten andere Länder, in erster Linie Griechenland folgen. Da das Land "nicht fähig" sei, dies zu tun, müssten andere EU-Partner im Rahmen bilateraler Vereinbarungen helfen. Ungarn sei daher bereit, Grenzpolizisten und "technische Experten" nach Griechenland entsenden. Das wolle er auch dem EU-Innenministertreffen mitteilen, das am Montag tagt und dessen Ergebnisse in Ungarn mit Spannung und einigem Bangen erwartet werden, weil der Regierung die (wirklichen) Argumente gegen eine Abnahme von bis zu 54.000 Flüchtlingen durch andere Länder bald ausgehen.

Regierung lehnt EU-geführte Registrierungslager, sog. "Hot Spots" ab

Gleichzeitig stellte Regierungssprecher Kovács ein weiteres Mal klar, dass Ungarn keine von der EU betriebenen "Hot Spots" auf seinem Hoheitsgebiet dulden werde, weil das "keine Art und Weise" sei, "das Problem zu bewältigen". Die EU will diese in Eigenregie geführten Registrierungslager im Zusammenhang mit der Verteilungsquote einrichten, die Ungarn ebenso ablehnt wie Polen, Tschechien und die Slowakei. Auch die menschenunwürdigen Zustände in den ungarischen (aber auch den griechischen) Lagern und Provisorien spielen dabei eine Rolle. Es werde auch keine durchgängige "Transitzone" entlang der serbischen Grenze geben, aber "Punkte, an denen sich Einwanderer registrieren können, wo sie verpflegt und untergebracht werden." Derzeit werden mehrere solcher grenznaher Internierungslager, meist in Kasernen errichtet. Fidesz-Fraktionschef Rogán ergänzte, dass solche Hot-Spot-Lager "außerhalb der EU" einzurichten seien, nur so, bei gleichzeitigem "Schutz" (ließ Schließung) der EU-Grenzen sei eine kontrollierte "Einwanderung" möglich.

38soldaten (Andere)

Gefechtsbereite Soldaten an der ungarisch-serbischen Grenze. Frage: Wie hält man mit einer Maschinenpistole illegale Einwanderer auf?

"Grüne" fordern GPS-Tracking für Asylbewerber, mehr Polizei und mehr Durchgriffsrechte

Die grün-national-liberale Partei LMP hat im Rahmen eines 24-Punkte-Programms zur Vebesserung der Lage auch vorgeschlagen, Flüchtlinge mit einem GPS-Tracker zu bestücken, um sie im Rahmen der Verfahren orten zu können, sollten diese länger als einen Monat brauchen. Die anderen, demokratischen Oppositionsparteien zeigten sich empört über den Vorschlag und sehen sich darin bestätigt, dass LMP-Chef Schiffer sich mit seiner Partei immer mehr in Richtung "gelenkter" Opposition, in etwa wie in Putins Russland, bewegt. Sein kürzlich gemeinsamer Auftritt mit dem erklärten Europafeind und Parlamentspräsidenten Kövér (Fidesz), seine Duz-Kontakte zu Jobbik-Nazis im Parlament, belegten das. Schiffer schlug weiter mehr Geld und eine höhere Anzahl Polizeikräfte vor, auch sollten diese mehr Rechte erhalten, um Fingerabdrücke und Fotos machen zu können.

Tretende Kamerafrau und "Flüchtlingsfütterung" in Röszke werden untersucht

Sowohl die Fußtritte der Kamerafrau des rechtsextremen TV-Senders N1 als auch die Szenen der "Raubtierfütterung" durch die Polizei im Lager Röszke werden zu Ermittlungsfällen für Polizei und Staatsanwaltschaft. Die inzwischen entlassene "Journalistin" wurde von mehreren Politikern und Privatpersonen angezeigt, sie hat ein lamoryantes Entschuldigungsschreiben abgesetzt (sie sei nieman, der Kinder tritt, fühlte sich angegriffen, tut leid, ist nun arbeitslos, hat selber Kinder, Hexenjagd...) und wird in der rechten Szene bereits als Märtyrerin verehrt. Im Falle der entwürdigenden "Fütterung" in Röszke hat zunächst die Polizei eine interne Untersuchung angeordnet, die Staatsanwaltschaft mochte zunächst keine Straftat in den Vorgängen erkennen und warte den Bericht ab.

Katholischer Bischof warnt vor "zerstörerischer kultureller Invasion" und lobt Orbán als Christenretter

38kissrigo


Der Bischof von Szeged, zweit höchster Vertreter der katholischen Kirche in Ungarn, László Kiss-Rigó, hat bei seinen fremdenfeindlichen Äußerungen nochmals nachgelegt, nach dem er zuvor bereits seinem eigenen Papst widersprach, der keine Ahnung hätte, wovon er spreche, während hier "Allah ist groß"-schreiende Horden ankämen, die "uns überrennen und erobern wollen". Am Wochenende sprach der Bischof davon, dass man zwar "Solidarität" mit Flüchtlingen üben solle, warnte aber gleichzeitig "vor den Gefahren einer kulturellen Invasion", zumal es sich sich "bei der derzeitigen Lage nicht wirklich um eine Flüchtlingskrise handelt", sondern um "Masseneinwanderung, organisiert von kriminellen Gruppen". Seine Diözese bot schon im Vorjahr "1.000 christlichen Familien" aus Syrien Asyl in Ungarn an (übrigens in Absprache mit dem Kalvinisten-Pfarrer und Superminister Balog, der damit regierungsamtlich gegen das Diskriminierungsverbot der EU verstieß). Rassistisch sei er nicht, sonst betriebe man wohl kaum ein "Roma-Gymnasium" und biete Stipendien für Inder und andere Nationalitäten an. Kiss-Rigó legte nach: "die beschleunigte, aggressive kulturelle Invasion" könne die "soziale Identität mancher europäischer Länder verändern oder zerstören". Er folgt damit den völkisch-nationalistischen Tönen der Regierung Orbán. Auch der Primas, Kardinal Erdö, liegt auf dieser Linie, er begründete die mangelnde Hilfe der katholischen Kirche in der aktuellen Krise damit, dass man damit gegen das Gesetz verstoßen würde. Kiss-Rigó legte am Sonntag aber noch nach, jene "europäischen Politiker, die christliche Wurzeln negierten oder zurückwiesen und Säkularität predigten, bauten eine Diktatur ohne Werte." Dagegen helfe nur eine "Selbstbehauptungsstrategie, die auf Christlichkeit" beruhe. Diese "Strategie wird von unserem Ministerpräsidenten repräsentiert."


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+ + + 13. September, 20:30 Uhr + + +

Chaos im Chaos: Macht Deutschland dicht oder will man Orbán auflaufen lassen? Einstellung des Zugverkehrs zu Österreich und Grenzkontrollen werfen viele Fragen auf und lassen tausende Flüchtlinge im Transit hängen.

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Hauptbahnhof München

Deutschland hat seit Sonntag 17 Uhr, vorerst bis Montag 6.00 Uhr, den Zugverkehr von und nach Österreich eingestellt und angekündigt an der Schengengrenze zum Nachbarn wieder Grenzkontrollen einzuführen. Österreich, das an diesem Wochenende nochmals rund 10.000 aus Ungarn kommende Flüchtlinge in Empfang nahm und nach Deutschland weiter transportierte, kündigte ebenfalls - wenn auch - schengengemäß - keine durchgehenden - Grenzkontrollen an.

Mit diesen Schritten soll in erster Linie die Massenankunft von Flüchtlingen in München gebremst werden, das längst seine Kapazitätsgrenzen erreicht zu haben scheint. Zu allem Überfluss legte am Sonntagnachmittag auch noch ein Sprengstoffalarm den Bahnhof lahm. Auch die Weiterverteilung der Flüchtlinge in dieser extrem kurzen Zeit stellt viele aufnehmende Kommunen, aber auch die Logistik ab München vor große Schwierigkeiten.

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Hegyeshalom / Nickelsdorf

Allerdings werden die Maßnahmen zu einem Zeitpunkt ergriffen, da sich noch Abertausende Flüchtlinge im Transit in Österreich, Ungarn und von Serbien kommend, befinden, was einen erheblichen Rückstau verursacht. Für die kommende Nacht und den Montag wird mit bis zu 8.000 weiteren Flüchtlingen aus Serbien in Ungarn gerechnet, bis sich die Tore schließen sollen. Am Samstag zählte man mit 4.100 "Aufgriffen" binnen 24 Stunden einen neuen Rekordwert. Deutschland nahm seit der “Grenzöffnung” vorvoriges Wochenende laut Innenministerium rund 65.000 Menschen auf, also ein Drittel aller 181.000 (Stand Sonntag nacht), die dieses Jahr nach Ungarn geströmt sind und auch erfasst wurden.

Die letztendliche Stoßrichtung dieser Maßnahmen der Merkel-Regierung ist noch nicht ganz klar. Es kann zum Einen bedeuten, dass man Orbáns Bemühungen, die Grenzen ab Dienstag praktisch völlig dicht zu machen - und das auch bei Aufhebung aller EU- und völkerrechtlichen Vorgaben zum Asylrecht - abwartend unterstützt und hofft, dass seine Abriegeleung funktioniert. Allerdings blieben so jetzt schon, vor Inkraftreten der Notstandsgesetze am Dienstag, tausende, bis zigtausende Flüchtlinge in Ungarn und werden Zigtausende weitere nachdrücken. Damit ist eine Eskalation in Ungarn, aber auch am Grenzzaun zu Serbien vorprogrammiert, die Szenarien dazu
lesen Sie hier.

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Aufnahme von der serbisch-ungarischen Grenze, von einem bereits fertigen Abschnitt....

Dies kann auch bedeuten, dass Merkel in ihre Entscheidung die Überlegung einbezogen hat, Orbán auf diese Weise zu zwingen, an der geplanten Quotenregelung für die Verteilung von 120.000 Flüchtlingen teilzunehmen, die dieser rigoros ablehnt, obwohl ihm damit bis zu 54.000 Flüchtlinge abgenommen würden (in den Lagern befinden sich nur einige Tausend, die wirklich Asylanträge abwarten). Der Grund für Orbáns Ablehnung liegt u.a. darin, dass die EU gleichzeitig sog. "Hot Spots" an den Außengrenzen, also auch an der Südgrenze Ungarns zu Serbien, errichten will, die Aufnahme und Verteilung übernehmen, womit Orbán nicht nur hoheitliche Rechte, sondern auch die Regie über jene akopalyptischen Inszenierungen wie z.B. in Röszke und am Keleti abgeben müsste, die ihm innenpolitisch so zu Pass kommen.

Dass es Ungarn nicht gelingen wird, die Grenzen dicht zu halten, darf als wahrscheinlicher gelten, denn der Erfolg der Maßnahmen - auch wenn mittlerweile mit großer Hektik und dem Einsatz hunderter Häftlinge und bis zu 4.400 Soldaten am Zaun gewerkelt wird.

Abzuwarten bleibt, wie streng Deutschland und Österreich die Kontrollen vornehmen, ob sie eher einer Kanalisation der Ströme oder einer Abwehr gelten und ob mit Wiederaufnahme des Zugverkehrs evtl. alternative Transportmittel für Flüchtlinge ab den Grenzen von Österreich und Deutschland eingesetzt werden, also z.B. Sonderbusse, mit denen eine dezentralere Verteilung besser möglich wäre, als - wie bisher - praktisch alle Flüchtlinge erst über München zu führen. Oder ob Deutschland Schritt für Schritt wieder auf Dublin III umstellt, was u.a. die Rückführung der in Ungarn Registrierten bedeuten würde, was dort wiederum den Druck erhöht, sich am europäischen Vorschlag doch zu beteiligen. Letzteres Szenario ist unwahrscheinlicher, da eine rechtsstaatlich saubere Dublin-III-Rückführung verwaltungstechnisch mit abertausenden Menschen kaum zu bewältigen wäre. Ad-Hoc-Massenrückführungen wird es aus Deutschland nicht geben, ab kommende Woche wird das eher Alltag in Ungarn werden.

Dass hinter den Maßnahmen beschwichtigende Erwägungen in Richtung rechter Szene stehen könnten, also “besorgte Bürger”, Pegidisten oder CSU, ist auch denkbar. Immerhin hatten Seehofer und Orbán genau diese gefordert. Die banal klingende Idee, dass Merkel sich einfach den Gegebenheiten in der Union beugt, liegt auf der Hand.

So oder so. Ob pragmatische, taktische oder prinzipielle Abwägungen bei den heute getroffenen Entscheidungen überwogen, getragen werden sie in erster Linie - wieder - von den Flüchtlingen, die nicht Europas materielle Kapazitäten, wohl aber seine politische Handlungsfähigkeit überlastet haben.

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+ + + Am Sonntagnachmittag demonstrierten in Budapest mehrere tausend Menschen unter dem Motto "Schäm Dich, Orbán!" gegen die Flüchtlingspolitik und -hetze der Fidesz-Regierung. Die Beteiligung war für den Anlass sehr gering. Man forderte eine Mindestmaß an menschlicher Behandlung für die Flüchtlinge, eine Einbeziehung von NGO´s und eine Beteiligung an einer europäischen Lösung. + + +

+ + + 12. September, 13:00 Uhr + + +

Ungarn vor dem "Notstand": Europas Bollwerk oder Europas KZ?

37hangar1roeszke (Andere) (Andere)
Orbán macht das einzig Richtige! Was soll Ungarn denn sonst tun? Solche und ähnliche, - meist noch mit Hass gegen Fremde und uns "Volksverräter" gewürzte - Fragen erreichen uns in den letzten Tage immer wieder. Aber auch reflektierende, zu Empathie befähigte Menschen sind unsicher. Ganz zu Recht. Doch was sich in Ungarn jetzt zusammenbraut, hat weniger mit einer Flüchtlingskrise als mit einer Demokratiekrise zu tun und übersteigt alles bisher Dagewesene... - eine dringende Warnung vor dem "Masseneinwanderungsnotstand".

ZUM BEITRAG

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+ + + 11. September, 13:00 Uhr + + +

Verantstaltungstipp: “Schäm Dich, Orbán!”

Ungarische Bürger und Zivilgesellschaft rufen zu einer Demo gegen die Fidesz-Flüchtlingspolitik auf. https://www.facebook.com/events/119511411733653/  Sonntag, 13. September, 16 Uhr, Beginn an der Elisabeth Brücke, Pester Seite, Marsch zum Parlament.

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+ + + 11. September, 12:00 Uhr + + +

+ + + Die ungarische Regierung trifft derzeit alle erdenklichen Vorbereitungen, um die am Dienstag mit Inkraftreten der Notstandsgesetze von Orbán angeordnete "neue Zeitrechnung" anbrechen zu lassen. Grenzen dicht, Flüchtlinge raus, Abschreckung um jeden Preis. Das Militär ist bereits aktiv und bewaffnet im Einsatz, obwohl die Verfassungsänderung noch gar nicht beschlossen wurde. Die unmenschliche Behandlung in und um Röszke erreicht immer neue Tiefen. + + +

37militaereinsatz (Andere)

Unweit von Röszke machte ein Reporter von index.hu am Freitag diese Aufnahme, links ein Soldat mit Maschinenpistole.

Mit Hochdruck wird an der Fertigstellung des wirklichen Grenzzauns gearbeitet, weil sich der provisorische als völlig ungeeignet herausstellte, einschließlich der Schließung der Schlupflöcher an Bahnübergängen. Rund 3.800 Soldaten wurden - zusätzlich zu den rund 800 mit dem Zaunbau befassten Kameraden - in Grenznähe verlegt, sie sollen beim Bau und bei der "Grenzsicherung" helfen. Ca. 6.000 Polizisten sind im Süden im Einsatz, dazu Häftlinge und Kommunalbeschäftigte. Der Einsatz des Militärs zur Grenzsicherung soll am 21.9. noch durch eine Verfassungsänderung gestützt werden, eine Probeabstimmung am Donnerstag im zuständigen Parlamentsauusschuss offenbarte die Zustimmung der neonazistischen Jobbik zur Regierungsvorlage. Wie Fotos belegen, sind bereits Soldaten nicht nur mit technischen Kräften, sondern auch mit Kampftruppen im Einsatz.

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MTI publizierte dieses Foto von Truppentansporten an Ungarns Südgrenze.

Das Ermächtigungsgesetz für das Militär beinhaltet eine Reihe schwammiger Formulierungen hinsichtlich der Kompetenzen des Militärs. Die linke Opposition kritisierte, namentlich die DK, dass der Gesetzestext den Einsatz von Waffen für "Konfliktkontrolle und Grenzschutz" vorsieht, u.a. bei "gewalttätigen Aktionen gegen den Grenzfrieden", wie das Gesetz  ausführt. Soldaten dürften auch polizeiliche Maßnahmen ergreifen, Autos anhalten und durchsuchen, Gebiete absperren und individuelle Rechte einschränken. Der neue Verteidigungsminister, der auf die Frage nach Schusswaffengebrauch mit "niemand will das" antwortete, glaubt, dass "eine neue Art der Einwanderung stattfindet", eine, die "unsere Menschen bedroht". Die Armee wird dafür sorgen, dass legal Einwandernde ihrem Verfahren zugeführt werden, illegale Grenzübertritte aber bestraft werden.

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“Lager” unweit von Röszke, MTI

 

Ebenso ermöglicht die ungarische Polizei derzeit noch abertausenden Flüchtlingen die Ausreise nach Österreich, in dem man kleine oder größere Gruppen mit Bussen gen Norden transportiert oder sie selbst per Zug fahren lässt. Offenbar will man das land bis Dienstag möglichst flüchtlingsfrei haben. Bei Fußmärschen kamen allein gestern mindestens drei Flüchtlinge durch Verkehrsunfälle ums Leben.

Österreich meldete allein von Freitag Mitternacht bis morgens um 6 Uhr die Ankunft von rund 3.700 Menschen in Nickelsdorf, mit weiteren 10.000 am Wochenende sollte gerechnet werden, die Torschlusspanik hat allein am Donnerstag über 6.000 Menschen von Serbien nach Ungarn getrieben, Tausende sind weiterhin im Land unterwegs oder hängen in Lagern bzw. am Budapester Ostbahnhof fest, von wo der Abfluss der Menschen jetzt wieder schlechter funktionierte, vor allem Mangels ausreichender Bahnkapazitäten.

Österreich hat den Bahnverkehr von und nach Ungarn nun vorerst ganz eingestellt, der "Transportsicherheit" wegen, - jedoch wohl eher, um die Ankunft der Flüchtlinge kanalisieren zu können, die nun von Nickelsdorf ausschließlich mit Sonderbussen in Notquartiere oder zum Westbahnhof gebracht werden, um nach Deutschland weiter zu reisen.

37horgos (Andere)

Eines der letzten Schlupflöcher, bei Horgos.

Die Ankömmlinge der letzten Stunden seien in immer schlechterem Zustand, melden Hilfskräfte, etliche seien vor Erschöpfung zusammengebrochen, viele unterkühlt, vor allem Kinder litten und dem kalten, feuchen Wetter. Unter- bzw. Mangelernährung, Medikamentenmangel für chronisch Erkrankte seien weiteren Probleme. An der Grenze sind rund 100 Mediziner im Einsatz, um die notwendigen Hilfestellungen, Untersuchungen, notfalls Einweisungen vorzunehmen - was in Ungarn systemtaisch unterlassen wird.

Auch aus dem emblematisch gewordenen Lager in Röszke wurden Hunderte Menschen gen Westen transportiert, es gibt Meldungen, wonach das Lager bis Dienstag geräumt sein soll - vorausgesetzt den Militärs gelingt die Grenzsperrung, was Experten für aussichtslos erachten. Neben den erbärmlichen Zuständen, in denen die Menschen in Röszke, aber auch auf den vielen improvisierten Anhaltepunkten auf freiem Feld dahinvegetieren müssen, neben Tränengas- und Knüppeleinsätzen und demütigenden Prozeduren, machte jetzt ein weiteres
Skandalvideo die Runde, das zeigt, wie ungarische Polizisten Sandwiches per Wurf unter den Flüchtlingen verteilen - wie bei einer Viehfütterung.

Orbáns Kanzler Lázár kündigte gestern an, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass Ungarn am Dienstag den (eben erst als Kategorie erfundenen) "Masseneinwanderungsnotstand" ausruft, denn "das nationale Sicherheitskabinett hat herausgefunden, dass organisierte Kriminalität und Terrorbedrohung in Ungarn steigen". Damit ist klar, dass die
13 Gesetzesänderungen sofort Anwendung finden. Weiterhin wurde angekündigt, dass eine Polizeischule bei Körmend bald als neue Registrierungsstelle dienen soll (praktisch eine Kaserne) und bis zu 600 Personen aufnehmen könnte.

Lázár widersprach Anschuldigungen, die Regierung behandele die "Einwanderer nicht menschlich". Die Regierung "kooperiere mit dem Roten Kreuz, den Maltesern und dem Ökumenischen Hilfsdienst", um "sicher zu stellen, dass die Einwanderer, die an der Grenze wareten ausreichend versorgt werden." Die drei genannten Organisationen waren jedoch weder am Ostbahnhof, noch im Süden gesehen worden, lediglich in den Lagern sind sie sporadisch tätig.

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Ankunft in Nickelsdorf

Serbien fürchtet "riesige Probleme", wenn in den kommenden Tagen das ungarische Grenzregime so umgesetzt wird, wie angekündigt. Ungarns Innenminister Pintér versuchte daher gestern seinen Kollegen Stefanović bei einem Treffen in Subotica zu beschwichtigen. Ohne Hilfe der EU wird es in Serbien nicht gehen, meinte der serbische Innenminister, denn die neuen Gesetze bedeuten, dass fast alle Ankömmlinge in Serbien festhängen werden. Er wolle auch wissen, ob Europa dann - Dublin konseqeunt angewandt - er die von Ungarn zurückgewiesenen Flüchtlinge nach Bulgarien oder Griechenland abschieben solle.


+ + + 9. September, 12:00 Uhr + + +

Details zu Notstandsgesetzen: Ungarn will Flüchtlinge ab Dienstag in "exterritorialem" Grenzstreifen internieren

Das unabhängige Newsportal Index.hu will aus "Regierungsquellen" konkrete Handlungs- und Interpretationsanleitungen für die ab kommenden Dienstag in Kraft tretenden "Notstandsgesetze" in Erfahrung gebracht haben.

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Danach ist vorgesehen, den 60 Meter Grenzstreifen, in dem fortan ausschließlich Ankömmlinge - ob legal an den Zugangspunkten oder illegal einreisend - "nicht als ungarisches Gebiet zu qualifizieren". Damit schafft man einen quasi rechtsfreiem Raum, eine exterritoriale Zone, zur Rechtfertigung soll die Existenz von "Transitzonen" in Flughäfen herhalten.

Die Abschiebung all jener, die nicht für ein Asylverfahren in Frage kommen - und das sind durch die Definition sämtlicher Nachbarstaaten als "sichere Herkunfts- und Transitländer"  praktisch alle, die sich an den legalen Zugangspunkten melden - binnen 3 Stunden erfolgen. Wer als illegaler Grenzübertreter aufgegriffen wird, begeht ein Verbrechen kommt in Haft und vor ein Schnellgericht. Haft von 1-4 Jahren oder Ausweisung sind die vorgesehenen Urteile.

Somit soll der Zutritt zu Ungarn und damit zur EU verhindert und unattraktiv werden, wer von den Ankömmlingen z.B. schon in Griechenland oder Bulgarien registriert wurde, soll dann entweder dorthin abgeschoben oder gemäß der kommenden Quotenregelung weiterverteilt werden. Die wenigen, die bleiben dürfen, weil man ihre Asylanträge behandelt, sollen binnen 8 Tagen den Bescheid erhalten und dürfen den Grenzbereich verlassen - das dürfte nach den Planungen auf nicht einmal 1% der Flüchtlinge zutreffen. Die Folge ist, dass die meisten Flüchtlinge in Serbien bleiben oder sich andere Routen suchen werden. Welche Folgen die Internierung im Grenzstreifen nach sich ziehen, kann man sich ausmalen.

Auch für den Fall von "Massendurchbrüchen" werde man sich rüsten, die Verfassungsänderung für den Armeeeinsatz ist für den 21. September vorgesehen, diese soll "sich vorbereiten, solche Ereignisse zu verhindern". Jedem Polizisten sollen dann 2-3 Soldaten als "Assistenten" beistehen. "Bis Weihnachten" solle die Flut dann abebben, berichten die "Regierungsquellen".

Experten sehen die Grenze zu EU-Nachbar Kroatien als nächsten Hot Spot, von dort gelangt man über Ungarn und Slowenien in den Westen (über Österreich oder Italien). Auf Slowenien als neues Transitland setzt die Regierung ihre "Hoffnungen", denn dann ginge sie alles nichts mehr an, hieß es. Zwischen Kroatien und Ungarn bilden die Flüsse Drau / Drava und Mur / Mura natürliche Hindernisse, die das Flüchtlingsdrama verschärfen werden. Man denkt aber, einen Fluss könne man besser überwachen als eine grüne Grenze. Für einen Massenansturm über Kroatien oder Rumänien hat man bereits weitere Grenzzäune angekündigt. Allerdings hält man Rumänien für unwahrscheinlicher, weil der Weg von dort über Ungarn gen Westen deutlich weiter wäre.

Premier Orbán sprach von einer “neuen Ära” mit Inkraftreten der Gesetze, sein Kanzler Lázár ergänzte, dass dann die “Gnadenfrist endet”. Kritische Reaktionen aus Deutschland und von der EU - konkret zu diesen neuen Planungen - blieben bislang aus.

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+ + + 9. September, 11:00 Uhr + + +

Pulverfass: Grenzregion zu Serbien wird zum Jagdgebiet + Weicht Balkanroute bald über Rumänien und Kroatien aus? + Neuer Verteidigungsminister zu Schusswaffengebrauch an der Grenze: "Niemand will das." + Alle gegen Ungarn, Teil 528 + MSZP: Mit den Notstandsgesetzen werde "die Hölle losbrechen" + Ex-Premier fordert Orbán auf, sich Europas Hilfe nicht zu verschließen + Jobbik: 0-Toleranz mit Flüchtlingen


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Pulverfass: Grenzregion zu Serbien wird zum Jagdgebiet

Die Behörden in Südungarn haben inzwischen damit begonnen, auch die letzten Schlupfstellen am Zaun zu Serbien, vor allem bei Bahnstrecken zu schließen, Beeinträchtigungen des Waren- und Personenverkehrs in Kauf nehmend. Allerdings stellt sich heraus, dass das 1,50 Meter-Provisorium aus drei übereinander gelagerten Rollen NATO-Draht keinen effektiven Grenzschutz darstellt. Rund 4.000 Polizisten sind am 170 Kilometer langen Abschnitt vor allem mit der Jagd nach Flüchtlingen befasst, denen der Grenzübertritt bereits gelang oder jenen, die aus den Lagern ausbrechen. Dabei wird - wie u.a. gestern Abend berichtet - das Vorgehen der Behörden immer brutaler und auch das Aggressionspotential der Flüchtlinge steigt angesichts der menschunwürdigen Umstände bedrohlich an.

Weicht Balkanroute bald über Rumänien und Kroatien aus?

Derweil melden Kroatien und Rumänien eine "vermehrte Schleppertätigkeit" und fürchten, dass die Balkanroute sich nun über ihre Länder erstrecken könnte. Eine logische Folge des Grenzzauns zu Serbien. Sollten die
beschlossenen Notstandsgesetze ab 15.9. tatsächlich so umgesetzt werden, wird es zwangsläufig zu einem enormen Rückstau an Flüchtlingen in Serbien und Mazedonien kommen. Der Druck würde sich andere Ventile suchen und finden. Orbán hatte bereits angekündigt, notfalls auch gegenüber dem EU-Nachbarn Kroatien und Rumänien einen Zaun zu errichten. Ein Vorgehen, das durch Schengen nicht gedeckt wäre.

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Fotos: MTI

Neuer ungarischer Verteidigungsminister zu Schusswaffengebrauch an der Grenze: "Niemand will das."

Der nach der
Ablösung von Verteidigungsminister Csaba Hende stante pede eingesetzte Nachfolger István Simicskó, hat nach seiner Anhörung vor dem parlamentarischen Verteidigungsausschuss die "Erhöhung des öffentlichen Sicherheitsgefühls" als Priorität seiner Arbeit bezeichnet (Landesverteidigung wäre die richtige Antwort gewesen). Ungarn müsse seine Sicherheitspolitik "erneuern".

37simocsko (Andere) (2)Unumgänglich sei dazu eine "Beschleunigung beim Bau des Grenzzauns zu Serbien", wegen dessen Verzögerung sein Vorgänger am Montag gefeuert wurde. Seiner Ansicht nach "braucht die
Polizei die Hilfe der Armee" um "illegale Einwanderung zu verhindern." Auf die Frage, ob es "Soldaten auch erlaubt sein wird, mit tödlichen Waffen an der Grenze zu hantieren", sagte er kryptisch: "Niemand will das." - Nun, niemand hatte auch die Absicht, eine Mauer zu errichten. Simicskó will, einen noch ausstehenden Parlamentsbeschluss voraussetzend, 3.000 bis 4.000 Soldaten für den Grenzschutz abstellen. "Das sollte genug sein, um den Job zu erledigen."

Außerdem befürwortet er eine engere Kooperation mit dem TÉK dem Antiterrozentrum, das jedoch, weit darüber hinaus einschneidende geheimdienstliche Kompetenzen hat und von Struktur und Führung her auch als
Orbáns Privatarmee beschrieben werden kann. Das TÉK hatte immer wieder von "einsickernden IS-Terroristen" gesprochen, die mit der Flüchtlingswelle nach Europa kämen und behauptete zuletzt, vier Terroristen unter den Ankommenden "identifiziert" zu haben. Simicskó sagte, es sei leider "unmöglich, die wahre Identität der Einwanderer festzustellen" (lies: weshalb man am besten gar keine rein lässt).

Fidesz-Vize Lajos Kósa, Chef des Anhörungsausschusses bemerkte, dass Orbán "nicht gänzlich mit dem Tempo der Fertigstellung des Zaunes zufrieden" gewesen sei, daher sei Hende zurückgetreten.

Zu verteidigungspolitischen Fragestellungen, u.a. der geplanten
Beteiligung Ungarns bei der NATO-Eingreiftruppe im Baltikum, der Krise mit den Saab-Gripen Jets, der mangelhaften Ausstattung der Honvéd sowie zu der angekündigten Stationierung von 50 Panzern durch die US-Armee, sagte Simicskó vor den Medien nichts.


Alle gegen Ungarn, Teil 528: Auch Schwedens Meinung zur ungarischen Flüchtlingspolitik ist "inakzeptabel"

Rumänien, Österreich, Frankreich, jetzt Schweden. "Extrem Heuschlerisch und inakzeptabel" sei, was der schwedische Premier Stefan Löfven gestern zur ungarischen Flüchtlingspolitik sagte, so Außenminister Péter Szijjártó. Es könne nicht sein, wenn ein fremder Regierungschef die Anglegenheit der Flüchtlinge mit dem Transfer von Leistungen der EU vermische.

Löfven beschwerte sich vor laufenden Kameras darüber, dass Länder wie Ungarn sich der Verantwortung für die Flüchtlinge und einer gemeinsamen, europäischen Strategie verweigerte, wo Orbán doch "der Premier eines Landes sei, das einen der größten Beträge an EU-Geldern in der Gemeinschaft" bekäme (Platz 2 pro Kopf). Wenn sie diese Gemeinschaftsleistung annehmen, sollen sie auch beweisen, dass sie Teil der Gemeinschaft sind.

Szijjártó wiederholte, dass man sich lediglich an EU-Regeln, also Dublin und Schengen halte und damit den anderen Ländern viele Lasten abnehme. "Wenn es ein Land gibt, dass alle Anstrengungen unternimmt, um den Einwanderungsruck zu reduzieren und damit Solidarität mit anderen Ländern zeigt, dann ist das Ungarn." Beim nächsten Male könnte er ja noch hinzufügen, dass es den in Ungarn registrierten Flüchtlingen so gut geht, dass sie sich sogar einen längeren Urlaub in Deutschland leisten können.

MSZP: Mit den Notstandsgesetzen werde "die Hölle losbrechen"

Tamás Harangozó, Sprecher der MSZP, beklagt, dass die Regierung "ungenügende Leistungen" für die ankommenden Flüchtlinge und ihre Betreuung bereit stellt. Nach einer Visite im Lager Röszke, das derzeit eine besonderer Brennpunkt der Lage ist, sagte er: das Chaos dort sei nicht von den Flüchtlingen, sondern von der Polizei und den zuständigen Behörden verursacht. Die könnten ihre Arbeit nur dann machen, wenn sie ausreichende Ressorucen dafür haben. Dazu zählten mehr Busse, Zelte, Decken, aber auch medizinisches Personal. Das neue Lager in Röszke ist schon jetzt zu 20% überbelegt, wer neu ankomme, könne nicht mehr untergebracht werden. Generiert wurde diese Notlage von der Regierung. Die Polizisten seien zunehmend überfordert und frustriert, auch weil ihnen niemand sagen könne, ob und wann es weitere Lager gebe, in die man die Flüchtlinge bringen könne. Nach jetztigem Stand wird mit Inkraftreten und Durchsetzen der neuen Gesetze "die Hölle losbrechen".

UNHCR verlangt mehr Einsatz von Orbán, NGO´s verlangen mehr Einsatz vom UNHCR

Wie zuvor schon 22 ungarische NGO´s hat nun auch der Direktor des UN-Flüchtlingshilfswerkes UNHCR einen Apell an die ungarische Regierung gerichtet, die Registrierungsprozedur "einfacher zu gestalten" und "genügend Leistungen zur Verfügungen zu stellen". Vincent Cochetel kritisierte auch die Aussperrung von Hilfsorganisationen in Grenznähe sowie die Missachtung europäischer und humanitärer Grundstandards. Wie zum Hohn, empfing Orbán am Dienstag im Parlament die Chefs der Malteser und des Ökumenischen Hilfswerks, um sich für deren Einsatz zu bedanken. Von dem wissen nur die meisten Flüchtlinge nichts. Andere NGO´s werfen aber auch dem UNHCR vor, zu passiv zu agieren. Anstatt wirklich Ärzte und Material zu schicken, stünden die UN-Leute nur in schicken blauen Westen in der Puszta herum und gäben ein Interview nach dem anderen.

Ex-Premier fordert Orbán auf, sich Europas Hilfe nicht zu verschließen

Ex-Premier Gyurcsány, der zuletzt Schlagzeilen machte, weil er - medienwirksam - mehrere Flüchtlinge in seiner privaten Villa unterbrachte, warnte Ungarn vor einer kompletten Schließung der Südgrenze Ungarns, wie das die Notstandsgesetzgebung verfolgt. Zigtausende würden dann anrennen, unsere Polizei habe aber gerade gezeigt, dass sie nicht einmal mit ein paar Hundert fertig werde, sagte der DK-Politiker beim Besuch des Lagers in Bicske. Wenn Ungarn nicht die Zusammenarbeit mit anderen Ländern anstrebe, die ihm Flüchtlinge abnehmen könne (Quotenregelung), werden sich hier "dramatische Konflikte" abspielen. "Es gibt keine ausschließlich ungarische Lösung". Orbán habe Monate verstreichen lassen, in denen sinnvolle Lösungen möglich gewesen wären. Anstatt Plakatkampagnen hätte die Regierung das Einwanderungsamt aufstocken und adäquate Unterbringungsmöglichkeiten errichten müssen. Gyurcsány befürwortet - der Linie der EU-Kommission weitgehend folgend - "einheitliche, europäische Asylverfahren", eine gerechte Umverteilung sowie eine spürbare Steigerung der finanziellen Hilfen für die großen Flüchtlingslager außerhalb der EU, so dass "die Chancen steigen, dass die Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren können."

Jobbik: 0-Toleranz im Umgang mit Flüchtlingen

Die neonazistische Partei Jobbik treibt indes die Regierung weiter vor sich her, auch wenn sich Fidesz in vielen Punkten der praktischen Politik, in der Rhetorik sowieso, den Rechtsaußen bereits sehr angenähert hat. Man brauche "jetzt Antworten von der Regierung", denn es drohe "ein massives Chaos". Zigtausende abgelehnte Asylbewerber würden bald nach Ungarn zurückgeschickt werden, behauptete der Abgeordnete Dániel Zsiga-Kárpát (im Gegenteil: bei einer Quotenregelung, würde Ungarn stark entlastet). Die Regierung habe noch nicht klar gestellt, ob sie diese akzeptieren werde. Man lehne die Errichtung weiterer Camps ohne Konsultation der "gefährdeten" Bevölkerung ab, außerdem müssten die bestehenden Lager "0-Toleranz-Zonen" werden, wo die Polizei voll durchgreife. Eine Jobbik-Regierung würde niemals "übriggebliebene" Flüchtlinge aus Westeuropa aufnehmen. Es war übrigens die Reporterin des jobbik-nahen TV-Senders N1-TV, die gestern Schlagzeilen machte als sie vor laufenden Kameras gegen Flüchtlingskinder trat.

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+ + + 8. September, 20:28 Uhr + + +

Auffanglager Röszke: "Es bahnt sich eine Katastrophe an" + Reporterin tritt Flüchtlingskind + Ombudsmann prüft Unterbringung der Flüchtlinge auf Verfassungskonformität + NGO´s mahnen Regierung, ihre Pflicht zu tun + Pester Lloyd im Rundfunk

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Fotos: www.index.hu

Am Brennpunkt Röszke, unweit der serbisch-ungarischen Grente spitzte sich die Lage im Laufe des Dienstages zu. Immer mehr Ankömmlinge, heute insgesamt wieder ca. 2.500, werden von der Polizei in der Nähe des Registrierungslagers zusammengetrieben. Die Flüchtlinge wiederum wollen sich dem entziehen und so schnell wie möglich gen Norden nach Budapest. Die Polizei setzte wiederholt Knüppel und Reizgas ein, um die Menschen wieder einzufangen, nicht immer mit Erfolg.

Suchtrupps verfolgen die Entkommenen und bringen sie in Bussen und Gefangenentransporten zurück zum Lager, das jedoch völlig überfordert ist. Wo Transportkapazitäten fehlen, werden die Menschen auf freiem Feld festgehalten, es gibt dort weder medizinische Versorgung, noch Obdach, noch ausreichend Verpflegung. Zu allem Überfluss tauchen immer häufiger Gruppen ungarischer Neonazis im Grenzgebiet auf, um die Flüchtlinge "zu begrüßen". Das Portal index.hu warnt, dass sich dort eine "Tragödie anbahnt", denn die Lage sei kurz vor dem Explodieren. Es sei schon jetzt erwiesen, dass der Zaun eine komplette Fehlinstallation sei.

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Das Bild des Tages lieferte heute eine Reporterin des rechtsextremen Nachrichtenportals N1. Sie wurde von einem anderen Kollegen dabei gefilmt, wie sie auf ein kleines Mädchen, das sich den Weg durch die Polizeikette bahnte mit einem Fußtritt bedachte. (siehe Foto und Video ab Sekunde 30). Angeblich soll die Täterin mittlerweile entlassen worden sein. Das zweite Bild des Tages lieferte ein Flüchtlingsjunge, der beim Grenzübertritt von der Polizei empfangen wird, um ins Lager gesteckt zu werden. Das Kind bietet dem Polizisten einen Keks an... (Foto unten)

 



Der parlamentarische Ombudsmann für Grundrechte wird sich mit der Unterbringungssitutation der Flüchtlinge befassen. Er folgt damit Anträgen und Eingaben des linksliberalen Károly Eötvös Institutes. Allerdings stellte das Amt bereits fest, dass es keine Befugnisse habe, grundsätzliche Handlungsweisen zu beleuchten, man könne nur anhand konkreter Einzelfälle tätig werden und deren Übereinstimmung mit den maßgeblichen Verfassungsbestimmungen prüfen. Sollten dort Verstöße festgestellt werden, würde das in einem Bericht erörtert und könnte dann die Gerichte beschäftigen.

22 ungarische NGO´s, darunter so namhafte wie Greenpeace, das Helsinki Komitee oder TÁSZ haben der Regierung einen dringlichen Aufruf zur "humanen Behandlung der Flüchtlinge" übersandt. Darin heißt es, die Regierung komme ihren Pflichten nicht nach und lasse dadurch eine humanitäre Katastrophe zu und verweigere die Kooperation mit den NGO´s. Lob fand man für das freiwillige Engagement vieler Ungarn, privat und im Amt.

Der Pester Lloyd hatte heute Gelgenheit beim SWR-2-Forum zum Thema "Das Ende der Gemeinschaft? - Europa im Streit um die Flüchtlinge." mitzuwirken und dort besonders die Sicht aus und auf Ungarn darzustellen. Die Aufzeichnung der Sendung zum Nachhören oder Herunterladen finden Sie hier:
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/swr2-forum-das-ende-der-gemeinschaft/-/id=660214/did=15936518/nid=660214/p7tcee/index.html

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+ + + 8. September, 09:00 Uhr + + +

Demütigende Odysse: Hunderte brechen aus Lager aus - kehren aber wieder zurück

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Am Montagnachmittag brach eine Gruppe von mehreren Hundert bis 1.000 Flüchtlingen aus dem neuen Registrierungslager in Röszke, durchbrach unter "Freedom, Freedom!"-Rufen eine Polizeikette und machte sich auf der Autobhan M5 auf den Weg Richtung Budapest. Die Polizisten wichen der Menschenmenge ohne den Einsatz von Waffen.

Ein Reporter des Portals origo.hu berichtet, dass in der Gruppe außergewöhnlich viele Familien mit Kindern seien. Viele Menschen seien am Ende ihrer Kräfte, eine Schwangere musste in die Notaufnahme gebracht werden. Die Polizei versuchte wiederholt mit Durchsagen, die Flüchtlinge zum Aufgeben zu bewegen. Sie würden mehr als drei Tage und Nächte für die 170 Kilometer benötigen, man könne sie unterwegs weder versorgen, noch unterbingen. Sie sollten doch die bereitgestellten Busse benutzen, um ins Lager zurückzukehren. Was sie hier täten, wäre eine Straftat, für die sie aus der EU ausgewiesen werden müssten.

"Budapest, Budapest!" schallte es ihnen zunächst entgegen, denn von dort reisen täglich immer noch Hunderte erfolgreich an die österreichische Grenze. Die Flüchtlinge lagerten dann auf einem Feld und beschlossen am frühen Morgen, vor allem angesichts des Erschöpfungszustandes der Kinder und Älteren, den Fußmarsch abzubrechen und vorerst ins Lager zurückzukehren.

Zunehmende Amtsgewalt, Vorspiel auf "Notstand" ab 15.9.

Nach Berichten mehrere Hilfsorganisationen, Journalisten und privater Helfer, verschlechtert sich das Verhältnis zwischen Flüchtlingen und Polizei, vor allem in Grenznähe zusehends. Staatliche Gewaltanwendung, der Einsatz von Knüppeln und Tränengas, Freiheitsberaubung auch für kleine Kinder gehören genauso zum Alltag wie Anschreien, beleidigende Behandlungen und belegen - neben der katastrophalen sanitären und medizinischen Versorgungssituation vor allem in den provisorischen Sammelstellen (siehe Foto oben), dass die ungarische Administration unfähig bzw. unwillig zu einem menschenwürdigen Umgang mit den Flüchtlingen ist, - ergo die Europäische Gemeinschaft die Betreuung übernehmen muss, um gewisse Mindeststandards zu garantieren. Es darf nicht an der Gnade eines Polizisten liegen, ob und wann ein Bedürftiger in der EU lebensnotwendige Medikamente und Zugang zu einem Arzt erhält. Und es darf nicht in Orbáns Ermessen liegen, ob Kinder im Freien nächtigen müssen oder nicht.

Wenn am 15.9. die
"Notstandsgesetze" in Kraft treten ist die Kriminalisierung sämtlicher Flüchtlinge, ihre Internierung in einem Grenz-Sperr-Streifen die Standardprozedur, wobei durch entsprechende Regelungen dafür gesorgt wurde, dass praktisch keiner der Ankommeden mehr ein Recht auf Einreise und Aufenthalt hat. Besonders heikel dabei ist der geplante Einsatz der regulären Armee.

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+ + + 8. September, 09:00 Uhr + + +

Unfertiger Zaun, Unruhe im Generalstab: Orbán feuerte Verteidigungsminister

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"Nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitskabinetts am Montag, bei dem der Status der Situation illegaler Einwanderung erörtet und ein Bericht über den Fortschritt beim Bau der zeitweisen Grenzsicherungsanlage zu Serbien gehört wurde, übergab Verteidigungsminister Csaba Hende sein Rücktrittsgesuch, das der Premier umgehend annahm." erklärt eiseskalt die Pressestelle des "Politbüros".

ZUM BEITRAG

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+ + + 7. September, 10:34 Uhr + + +

Medizinischer Notstand an Ungarns Grenze zu Serbien

Die Lage an der Südgrenze bleibt katastrophal, Hunderte Menschen kommen weiter über die serbische Grenze, dort, wo es noch geht, vornehmlich beim Bahnübergang Röszke. Freiwillige Helfer berichten von zunehmender Polizeibrutalität und einem kritischen Mangel an adäquater Versorgung. Durch das kühlere Wetter (nachts bis 10 Grad und Regen) erkrankten immer mehr Menschen, hätten Fieber. Chronisch kranke und Alte seien auf sich allein gestellt, lebenswichtige Medikamente fehlten, die Arztstation im Flüchtlingslager sei überfordert und für viele gar nicht erreichbar. Es fehlt außerdem an warmer Kleidung, Zelten, Decken - man bittet, Überschüssiges, z.B. aus Wien nach Süden zu liefern. Bedarfslisten und Kontakte u.a. hier:
https://www.facebook.com/migrationaidhungary Viele fürchten, dass mit der weiteren Abschottung der “Betreuung” ab 15.9. die Sache unkontrollierbar und für die Menschen tödlich werden kann.

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Flüchtlinge bedanken sich am Budapester Ostbahnhof für die Hilfe ungarischer Menschen, die ihnen in ihrer vom Staat forcierten Notlage beistanden. Gleichzeitig zu diesem Foto veröffentlichte MTI Fotos von liegengelassenen Lebensmitteln im österreichischen Niceklsdorf. Klar: Chaos undankbarer “Einwanderer” im Westen, Friede, Freude, Palatschinken in Ungarn...

Zahlen

Die ungarische Polizei liefert für das Wochenende folgende Zahlen. Aufgriffe "illegaler Einwanderer" (gemeint sind die registrierten Grenzübertritte von Serbien), Freitag: 2.181, Samstag: 1.002, Sonntag: 2.203. Von den 5.384 Personen waren mindestens 580 Kinder. Damit bestätigt sich, dass die kleine Beruhigung am Samstag nur eine Atempause war, der Strom der Menschen gleichbleibend stark bleibt. Es wird davon ausgegangen, dass rund ein Drittel mehr angekommen sind, sich aber der Registrierung entziehen konnten. 38 Menschen wurden wegen Schlepperei angezeigt, davon wurden fünf in U-Haft genommen.

Österreichs Innenministerium meldet rund 15.000 Grenzübertritte seit Freitag, 12.000 seien bereits nach Deutschland weitergereist, der Rest werde zwischenversorgt, nur einige Dutzend stellten Asylanträge in Österreich

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Blick auf das neue “Anhaltelager” bei Röszke für ca. 1.200 Personen

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Orbán vor Diplomaten zur Diplomaten zur Flüchtlingskrise: “Kommt nicht!” - Tausendjähriges Ungarn wird sich zu schützen wissen

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Premier Orbán verteidigte beim zweiten Jahrstreffen seiner Botschafter in Budapest am Montagmorgen seine Flüchtlingspolitik und teilte in alle Richtungen aus: Ungarn halte sich an die Gesetze, seine Polizei sei Weltklasse. Dagegen herrsche in der Völkergemeinschaft Anarchie und in Europa Heuchelei. Ein Land, das seine Grenze nicht schützt, sein kein Land. Ungarn habe schon die Roma und liebe zwar Döner, aber keine Moslems. Ab 15. September fährt das Militär auf, dann werde ohnehin alles besser, schließlich habe das "tausendjährige Ungarn" viel Erfahrung bei der Grenzsicherung.

ZUM BEITRAG
 

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+ + + 6. September, 18.50 Uhr + + +

Ausreisewelle aus Ungarn dauert an - Tausende noch unterwegs: Wie ist die Lage in Budapest, an den Grenzen zu Österreich, und Serbien sowie in den Lagern. Und: Wie geht es weiter?

Der von Deutschland und Österreich durch die kurzfristig genehmigte Ausreise erhoffte Ventileffekt entfaltet volle Wirkung: Rund 15.000 Flüchtlinge konnten bis Sonntagnachmittag Ungarn gen Westen verlassen, die meisten von ihnen reisten über das Burgenland, Wien, Graz, Linz oder Salzburg mit Sonderbussen und -zügen, aber regulärem Linienverkehr nach Deutschland weiter, wo sie wiederum auf sämtliche Bundesländer verteilt werden. Glück und Erleichterung war den Menschen anzusehen, die sich am Ziel teils monatelanger Strapazen sehen. Die Hilfsbereitschaft der Behörden wie Freiwilligen war enorm, die Flüchtlinge zeigten dafür ihre Dankbarkeit. Deutschland rechnet derzeit mit rund 17.000 Menschen, die im Zuge der Aktion insgesamt aus Ungarn ankommen werden.

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Bilder von Sonntagmittag. Die Polizei ermöglicht einen halbwegs geordneten Abfluss der Leute am Keleti Bahnhof in die Züge Richtung Hegyeshalom. Fotos: MTI

Ostbahnhof in Budapest fast leer, viele Gestrandete noch im Land unterwegs

In Ungarn selbst sind noch einige tausend Menschen per Bahn und zu Fuß unterwegs. Sie kommen aus verschiedenen Auffanglagern, die sie gegen den Willen der Behörden verließen, direkt von der Grenze oder von Bahnhöfen, an denen es kein Weiter gab. Der Bahnhof in Keleti ist zwischenzeitlich fast völlig geräumt, vor allem auch deshalb, weil es den Flüchtlingen ermöglicht wurde, geordnet mit Regionalzügen zur Grenze nach Hegyeshalom zu fahren. Ähnliches gilt in Szeged und Györ.

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Wo eben noch Tausende unter erbärmlichen Umständen lagerten, ist - vorerst Ruhe eingekehrt.

Offiziell gibt es von der ungarischen Regierung keine Shuttle-Busse, die zu Fuß Marschierende einsammelt und weiterbringt, allerdings kommen an der Grenze immer noch, wenn auch vereinzelter, Busse an. Private Initiativen, darunter ein Konvoi aus Österreich, versuchen den Flüchtlingen den Marsch zu erleichtern bzw. sie mit Privat-PKW Richtung Grenze zu bringen.

Ungarische Behörden verweigern jede Kooperation - Vorwürfe an Österreich

Die ungarische Polizei bemüht sich an den Banhöfen und in den Städten sowie gen Westen unauffällig, vekehrstechnisch zu helfen und keine Konfrontationen mit den Flüchtlingen einzugehen. Eine Kooperation mit den österreichischen Kollegen sowohl der Polizei als auch der Bahn, Rotes Kreuz etc. wurde den ungarischen Behörden strikt untersagt. Eine trotzige Reaktion der Regierung in Budapest auf den für alle Welt sichtbaren Gesichtsverlust.

Diese ging noch weiter und bezichtigte Österreich, einseitig die Grenze bei Hegyeshalom / Nickelsdorf für den freien Personenverkehr geschlossen zu haben, in dem sie die Durchfahrt untersagte. Das tat die österreichische Seite jedoch nur, weil Ungarn den Busfahrern untersagte, die Flüchtlinge bis nach Nickelsdorf zu bringen, die dann zu Fuß die rund 2 Kilometer bewältigen mussten. Der Außenstaatssekretär Magyar bezichtigte den österreichischen Bundeskanzler, seine "Wut über die eigene Unfähigkeit auf Ungarn abzuladen" wie überhaupt jetzt der halbe Westen Ungarn in "ein negatives Licht" stelle.

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Feldllager bei Röszke, Warten auf Registrierung und Weitermarsch, hier fehlen Helfer und Hilfsgüter.

Weniger Grenzübertritte von Serbien - Meldungen über Polizeigewalt

Die Lage unmittelbar an der serbischen Grenze ist weitgehend kontrolliert, aber doch gespannt. Vor allem bei Röszke, wo die Menschen über Bahnschienen den Zaun umgehen können, wird von zahlreichen gewalttätigen und entwürdigenden Einsätzen der Polizei beim Aufbringen von Flüchtlingsgruppen nach ihrem "illegalen Grenzübertritt" berichtet. Ein neues Registrierungslager mit rund 1000 Plätzen und etwas besseren Standards steht bei Röszke bereit und soll die unwürdigen Umstände auf freiem Feld bzw. in dem alten Lager ablösen, denen die Ankömmlinge bisher ausgesetzt waren. Die Zäune des neuen Lagers sind deutlich höher und mit Stacheldraht gekrönt.

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Der Strom der Menschen riss auch am Sonntag nicht ab, wurde aber dünner

Allerdings sehen die meisten "unkooperativen, aggressiven, immer mehr fordernden" (Außenminsiter Szijjártó) Flüchtlinge - man fragt sich, woher dann die lachenden, freundlichen Menschen in Wien oder München kommen? - zu, dass sie so schnell wie möglich aus den Fängen der Grenzpolizei in Städte entkommen, um es möglichst umgehend an die österreichische Grenze zu schaffen, bevor sich das Fenster wieder schließt.

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Altes und neues Registrierungslager bei Röszke

An anderen Stellen, wie in Magyarkanizsa, warten größere Flüchtlingsgruppen noch jenseits der Grenze auf günstige Momente des Übertritts, Jagdszenen mit der Polizei nehmen zu, während an vielen Stellen der provisorische Stacheldrahtzaun allmählich durch den robusteren "Eisernen Vorhang" ersetzt wird. Beobachter und einige Medical Teams des UNHCR stehen bereit, sie berichten von weitgehender Ignoranz der Behörden ihren Hilfsangeboten gegenüber. Journalisten berichten von wachsender Behinderung der Berichterstattung.

Die ungarische Polizeführung gab bekannt, dass sich die Zahl der Grenzübertritte aus Serbien merklich abschwächte, von rund 2000 täglich auf unter 800 in der letzten Nacht. Verkehr und Sicherheit seien gewährleistet, "alle sind sicher", sagte Innenstaatssekretär Kontrát, meinte damit aber in erster Linie die einheimische Bevölkerung. Es gibt unbestätigte Meldungen, wonach die Staatsbahn MÁV angewiesen wurde, keine Züge aus Serbien mehr zu übernehmen, wenn darin Flüchtlinge sind.

Österreich will Grenze langsam wieder schließen - Wie weiter?

Österreich kündigte an, "Schrit für Schritt" wieder ein normales Grenzregime Nicht-EU-Bürgern gegenüber anzustreben, sobald die jetzige Welle abgeflaut ist. Was geschieht, sollte diese - zumal vor den ungarischen Sondergesetzen am 15. September - wieder anschwellen, ist unklar. Wie zu hören ist, haben in den letzten 24 Stunden rund 6.000 Menschen ihren Weg von Mazedonien über Serbien nach Ungarn begonnen, so dass der gerade etwas abschwellende Strom der Grenzübertritte wieder ansteigen wird.

Wie kann es jetzt weitergehen? Zu dieser Frage haben wir
am Ende dieses Beitrages konkrete Vorschläge gemacht.

red.


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