Hauptmenü

 

Unabhängiger Journalismus braucht die Hilfe seiner Leserinnen und Leser!

Bitte unterstützen auch Sie den PESTER LLOYD!

 

andrassy2015neu2

 

(c) Pester Lloyd / 43 - 2015   WIRTSCHAFT    22.10.2015


Minister: Gelenkte Subventionen, neue Sondersteuern und staatliche Zwangsleiharbeit sollen Wachstum erhalten

Die ungarische Regierung möchte "Firmen besteuern, die in Ungarn operieren, aber Steuern außerhalb zahlen", sagte Wirtschafts- und Finanzminister Varga in einem Interview mit der "Népszabadság". Wörtlich nannte er dabei Uber und Airbnb, die alternativen Taxi- bzw. Unterbringungsanbieter. Außerdem äußerte er sich vage zum gebremsten BIP-Wachstum und verklausulierte die nächste Grausamkeit des Obrigkeitsstaates.

43bip

Nominale BIP-Entwicklung in Ungarn

Premier Orbán hatte gefordert, dass auch "diese Multis" (also nicht nur jene, denen man steuerlich in Ungarn habhaft wird) "an den gesellschaftlichen Lasten" zu beteiligen wären, wobei er dabei vor allem auch Internetunternehmen wie Facebook, YouTube, Google, Amazon & Co. meinte. Varga wolle zu einer Art Quellensteuer gelangen und eine Steuerpflicht durch eine Mischung aus "Inspektionen und Verhandlungen" durchsetzen. Mehr zu Orbáns "Google-Steuer" hier.

Auf die seit geraumer Zeit sinkenden Wachstumsprognosen reagierte Varga äußerlich gelassen. Während "alle anderen sich nach unten korrigieren müssen", könne "Ungarn das Momentum bewahren". Um eine Wachstumsrate von über 2% zu halten brauche es jedoch einer Reihe von Maßnahmen: Abbau von Kreditbarrieren (Erpressung der Banken mit Strafsteuern, wenn die nicht mehr Geld verleihen), Beschleunigung von Zuschüssen (Abzapfen von EU-Mitteln), Beschluss einer Wohnbauförderung (wurde erst abgeschafft, wird nun für den gehegten Mittelstand wieder aufgelegt bzw. aufgestockt).

Ungarn hatte 2014 bis Anfang 2015 Wachstumsraten von teilweise über 3% geschafft (im Quartalsjahresvergleich), allerdings waren diese durch Einmaleffekte wie die Überschneidung zweier Finanzierungsperidoden der EU, ein gutes Erntejahr und günstige Konjunktur der dt. Auto- und Exportwirtschaft gepusht, hatten jedoch keine strukturellen Fundamente. Auch die eher theoretische Wertschöpfung der Zwangsarbeitsprogramme oder die rund 4,5 Mrd. EUR, die rund 600.000 ungarische Wirtschaftsflüchtlinge in die Heimat sandten, zählen zum BIP, was die "Erfolgsgeschichte" zusätzlich verzerrt. Andere Statistiken werfen einen klareren Blick auf die
Folgen Orbánscher Wirtschafts- und Sozialpolitik. Mehr zu den strukturellen Defiziten der ungarischen Wirtschaft in diesem Bericht.

 

Varga sprach in dem obigen Interview auch davon, dass die "Kommunalen Beschäftigungsprogramme neu bewertet werden" sollten, um zu sehen "wie flexibel der Arbeitsmarkt zum Wachstum beitragen kann." - Diese etwas umständliche Formulierung umschreibt das Regierungsvorhaben, die ca. 250.000 außerhalb des gesetzlichen Mindestlohns Zwangsverpflichteten der Wirtschaft gegen eine geringe Gebühr als weitgehend rechtlose Leiharbeiter zur Verfügung zu stellen. Hier mehr dazu. Die Regierung verkauft diese staatlich legalisierte Quasi-Leibeigenschaft als Erfüllung des eigentlichen Ziels der Maßnahme, nämlich die "Rückführung der Betroffenen in den ersten Arbeitsmarkt". Solange aber die "Kapazität des Marktes nicht genügt, jedem einen festen Job zu geben, müsse es eine Zwischenlösung geben", begründete Varga diesen neuerlichen Beleg für Orbáns menschenverachtenden Ständestaat.

red.


 

 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.

 

 

 

 

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854