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(c) Pester Lloyd / 45 - 2015   POLITIK     05.11.2015


Häme und Wehmut: Ungarische Reaktionen auf Regierungsrücktritt in Rumänien

Der Rücktritt der rumänischen Regierung, speziell von Premier Ponta, wird in den ungarischen Medien mit großem Interesse verfolgt. Unabhängige und linksliberale Medien sehen darin einen wichtigen Sieg für die Bürger und ein Beleg für das Funktionieren demokratischer Kontrollstrukturen und politischer Balance im Nachbarland. Für die Orbán-Regierung ist Pontas Sturz ein Triumph, eine Warnung und ein Ansporn zugleich.

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In Ungarn gäbe es weder eine derart unabhängige und konsequente
Korruptionsbekämpfungsbehörde wie die DNA, keinerlei politisches Gegengewicht bzw. Kontrollorgan durch einen Staatspräsidenten und schon gar keine derart agilen Bürger, die ihren Protest gegen Missstände laut zum Ausdruck brächten, hieß es in verschiedenen Kommentaren, in Teils wehmütigem Ton. Der Brand in der Bukarester Diskothek wurde einhellig lediglich als letzter Zündfunke für die massiven Proteste eingestuft.

Für die ungarische Regierung ist Pontas Rückzug sowie der Abgang einer "sozialistischen" Regierung zunächst ein gefühlter Sieg, hatte man sich ja seit Monaten wegen der
Flüchtlingspolitik und dem Zaunbau in den Haaren, wobei die ungarische Regierung - allen Ernstes - stets die Legitimität Pontas aufgrund der Korruptionsermittlungen mit offener Häme anzweifelte. Ungarn hat außerdem einen der Korruption beschuldigten Abgeordneten der Ungarnpartei RMDSZ im Lande versteckt und Rumänien "ungarnfeindlicher Aktivitäten" beschuldigt.

Wegen der Instrumentalisierung der Rumänienungarn für Orbáns Großungarnpolitik war das Verhältnis der beiden Nachbarn ohnehin seit Jahren angeschlagen. Staatspräsident Áder lud, nur einen Tag nach Pontas Rücktritt, seinen rumänischen Amtskollegen, den konservativen Klaus Johannis demonstrativ zu einem Staatsbesuch ein, um die Beziehungen beider Länder "nun" zu verbessern.

Rechte und regierungsnahe Medien ergingen sich in Häme für den Sturz des "Sozis", was aber nichts anderes hieß als, dass die Linken offenbar zu dumm sind, ihre auf Korruption basierende Macht ausreichend zu sichern, wie es in Ungarn der Fall ist.

 

Dass die Konservativen die Macht in Rumänien sobald vollständig übernehmen, ist indes noch gar nicht raus, bisher scheint die linksliberal-nationalliberale Koalition zu halten. Verteidigungsstaatssekretär Mircea Dusa könnte als Pontas Nachfolger in Stellung gehen und geschickterweise einige Ponta-Widersacher mit ins Kabinett holen, um so Volkes Zorn zu beruhigen und Neuwahlen zu verhindern.

Die Vorgänge in Rumänien dürften Fidesz indes noch mehr anspornen, dafür zu sorgen, dass möglichst nie wieder in Ungarn eine Behörde oder eine Instanz Regierungskriminalität ernsthaft untersuchen kann. Das Niederhalten der Opposition dürfte dabei derzeit das kleinere Problem darstellen, denn das erledigt diese weitgehend selbst. Der Furor des Volkes wird bis auf Weiteres mit Sündenböcken, Stellvertreterkriegen, punktuellen Trinkgeldern und Fremdschuldstories im Zaume gehalten. Bis dato funktioniert das bestens.

red.


 

 

 

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