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(c) Pester Lloyd / 51 - 2015   POLITIK     13.12.2015

Hass, Angst und Bakschisch: Orbán zementiert auf Fidesz-Parteitag seine Macht

Die ungarische Regierungspartei Fidesz hielt am Wochenende ihren 26. Parteitag ab. Es war eine Manifestation der Alleinherrschaftsansprüche Orbáns, der noch weitere 30 Jahre regieren will. Die Delegierten wählten ihn dafür mit  stalinistischer Mehrheit wieder. Höhepunkt war die Verabschiedung einer antieuropäischen, fremdenfeindlichen Deklaration, die ein "neues Europa" unter völkisch-nationalistischen Vorzeichen fordert.  Für die Günstlinge gibt es Boni.

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Form und Inhalt in Übereinstimmung: Der Rechtspopulist Orbán auf dem Parteitag des Fidesz am Wochenende. Foto: MTI

 

Die Wahl Orbáns war reine Formsache, denn innerparteiliche Opposition kommt beim Fidesz Verrat gleich und bedeutet das politische Aus. Im Fahrwasser des großen Vorsitzenden konnten sich auch die neu gewählten Vizeparteichefs Gergely Gulyás, der vor allem für das Ausformulieren der Gesetzesvorschläge verantwortlich zeichnet, Ex-Generalsekretär Gábor Kubatov, Fußballpräsident und informeller Führungsoffizier der internen Leibgarde Orbáns sowie Szilárd Németh, einer der Chefideologen, ihrer Mehrheiten sicher sein. Lajos Kósa, János Lázár und Zoltán Pokorni verloren ihre Posten als Vizechefs. Die beiden Erstgenannten stolperten als Fraktionschef bzw. Quasi-Kanzler hinauf, Pokorni, einer der letzten mit eigenem Kopf, wurde als Bezirksbürgermeister des Budapester XII. in wohl bestallte Gnadenpension geschickt. Wiedergewählt wurde Ildikó Gáll Pelczné, die schweigsame Quotenfrau im Bund der Hungaromachos.

Zum "Inhalt". Orbán machte klar, dass "wir die nächsten 30 Jahre hier sein werden", womit er "an der Macht" meinte. Er werde auch der nächste Ministerpräsident sein, an der Spitze der "erfolgreichsten Volkspartei Europas". Ergänzt wurde diese Drohung durch die Ankündigung einiger vorgeblich sozialer Maßnahmen, wie der Senkung der Mehrwertsteuer für Häuslebauer, die als Teil der exemplarischen "Familienhilfe" gefeiert werden soll. Rund 5-6 Mio. Ungarn können angesichts ihrer prekären Einkommensverhältnisse, die sich - unter dem Strich - in den vergangenen 5 Jahren Orbán nochmals deutlich verschlechtert haben, vom Bau oder Kauf eines Eigenheimes nur noch träumen, die "Familienhilfe" gilt also einer ganz bestimmten Schicht, sie ist eine von vielen typischen ständestaatlichen Selektionen, die wiederum Teil des kleptokratischen Gesamtkunstwerkes sind, das Orbán erschuf und sich von der EU finanzieren lässt. Die Boni für die Günstlinge, in Form von Aufträgen aus "Ausschreibungen", Sonderwirtschaftszonen unter dem Deckmantel der Gesundheitsförderung oder der nationalen Sicherheit (Tabakmonopol, AKW-Ausbau etc.), sind fester Bestandteil des Systems, ja eigentlich sind sie das Schmiermittel, das Alles am Laufen hält und interne, politische Differenzen dahinschmelzen, Kritiker erpressbar werden lässt.

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Um Dopplungen zu vermeiden, kann an dieser Stelle Orbáns eitle Parteitags-Rede aus Eigenlob, vermischt mit Lügen von einer "bürgerlichen, gerechten Gesellschaft" übergangen werden. Die wesentlichen Statements, die ahnen lassen, welche Politik Ungarn in den kommenden Jahren betreiben wird eine Politik, die nicht auf Leistungen für das Volk, sondern auf dem Schüren von Änsten und Hass besteht, auf Stellvertreterkriegen, Sündenböcken und Opfermythen, fasste nämlich eine "Deklaration zu Europa" zusammen, die am Ende des Parteitages einstimmig in die Welt gesandt wurd und das Zeug dazu hat, zum Manifest der Rechtsextremisten Europas zu werden. Die Deklaration fasst sehr gekonnt zusammen, welchen Feind im eigenen Bett sich Europa in Budapest eingefangen hat.

"Erklärung zu Europa: Wir Delegierte des Fidesz, der Partei, die seit der demokratischen Wende, die mit dem Mauerfall begann, ununterbrochen parlamentarisch vertreten waren, legitimiert durch Wählerstimmen, die immer eingetreten sind für Freiheit, nationale Unabhängigkeit und die Wiedervereinigung von Europa, erklären folgendes:

- Die Zeit ist gekommen, offen und frei zu sprechen. Durch die Förderung von illegaler Masseneinwanderung, haben die europäischen Entscheidungsträger Europa in eine Krise getrieben, wie sie der Kontinent seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt hat.
- Die EU-Pro-Einwanderungspolitik ist verlogen, unverantwortlich und gefährlich. Sie ist verlogen, weil sie laut die Verpflichtung zur Humanität gegenüber Flüchtlingen erklärt, aber ihre wirkliche Ziele verheimlicht: den Import von billigen Arbeitskräften für die europäische Wirtschaft, die Rekrutierung von Massen von neuen Wählern für die links-liberalen Parteien, die an Zulauf verloren haben und die Unterwerfung der Mitgliedsländer unter eine zentralisierte Bürokratie. Diese Ziele werden selbst auf Kosten der Vernichtung der christlich-zivilisatorischen Grundlagen Europas verfolgt.
- Gleichzeitig verletzen viele europäische Führer dabei ständig EU-Recht. Ohne eine vertragliche Autorität schreiben sie verpflichtende Umsiedlungsquoten vor und bedrohen unwillige Mitgliedsländer mit dem Entzug von finanziellen Mitteln.
- Einwanderungsfreundliche Politik ist unverantwortlich, weil sie soziale Spannungen weiter erhöht, die sich aus der Integration von Einwanderermassen ergeben. Es ist unverantwortlich, weil es große Bürden für die Haushalte der betroffenen Staaten bedeutet. Es ist unverwantwortlich, weil es Europas ethnische Identität und Kultur verändert, die selbst in ihrer Vielfalt auf christlichen Wurzeln basiert.
- Einwanderungsfreundliche Politik ist gefährlich, weil es nun absolut klar ist, dass Einwanderung die terroristische Bedrohung erhöht. Alle Täter von Terroranschlägen der letzten Monate waren Einwanderer. Alle europäischen Führer wissen das, aber sie leugnen noch immer die Verknüpfung von Einwanderung und Terrorismus.
- Die europäischen Wähler haben nie, weder direkt, noch indirekt irgendeine Bewilligung zu dieser Politik erteilt. Diese Politik ist antidemokratisch, weil sie sich gegen die sich steigernd äußernde öffentliche Meinung stellt, die aber immer stärkeren Bemühungen ausgesetzt ist, unterdrückt zu werden.
- Diese Politik bedroht nicht nur die Existenz der Europäischen Union, sondern droht auch die gesamte europäische Zivilisation zu zerstören.
- Einwanderungsfreundliche Politik ist gescheitert. Wir werden dieser Politik mit der Authorisierung und der Hilfe der ungarischen Menschen entgegen treten, mit allen Mitteln die möglich und rechtens sind. Wir brauchen eine Meinungs-Demokratie, nicht eine Meinungs-Diktatur. Europas Führer müssen die Stimmen der Menschen hören.
- Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Zukunft unserer Familien im Namen irgendwelcher politischen und ökonomischen Interessen oder irgendeiner Form von ideologischer Besessenheit zerstört wird. Wir werden Ungarn verteidigen!
- Anstelle eines schwachen, wehrlosen Europas, das seinen Überlebensinstinkt verloren hat, brauchen wir wieder ein starkes Europa. Wir sind bereit, an seiner Schaffung mitzuwirken."

 

Die kaum mehr wahrnehmbare, demokratische Opposition im Lande wirft Orbán vor, auf dem Parteitag nichts über die wirklichen Probleme der Bürger gesagt zu haben, geschweige denn einen Plan zu haben, wie diese zu lösen sind. Kein Wort kam zu niedrigen Einkommen, die verspätete Auszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst (Lehrer), die Flucht von 600.000 jungen Ungarn, die zu Hause keine Arbeit mehr fanden, so József Tobiás, Chef der MSZP. Die Liberalen werfen Orbán "Realitätsverlust" zu. Seine Aussage, "der Liberalismus" in Europa würde sich "gegen Demokratie und Freiheit" wenden, sei absurd. Die Demokratische Koalition "applaudiert" Orbáns Erfolgsbilanz. In punkt Korruption stehe Ungarn in Europa an erster Stelle, beim Lebensstandard auf Platz 25.

red.

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