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(c) Pester Lloyd / 38 - 2016   NACHRICHTEN     25.09.2016

 

Bombenanschlag auf Polizisten in Budapest

38verdachtiger
UPDATE, 27.09., 16.00 Uhr: Regierungschef Orbán sieht derzeit "keine Verbindung zu Einwanderern", Polizei präsentiert Video und Fotos von Verdächtigem

In einer Stellungnahme im staatlichen TV verneinte Ungarns Premier Orbán am Dienstag eine Verbindung des samstäglichen Bombenanschlags mit der Flüchtlingskrise bzw. der "Masseneinwanderung" wie die offizielle Sprachregelung der Fidesz-Regierung lautet. "Es gibt keine Anzeichen für eine Verbindung zwischen der Einwanderungskrise und der Explosion." Natürlich "können wir das nicht ausschließen, doch derzeit weist nichts daraufhin", so Orbán, der in der Vergangenheit mehrmals einen direkten Zusammenhang zwischen Flüchtlingsbewegungen und ansteigendem Terrorismus in Europa machte und diesen auch so in der Kampagne für das Referndum am Sonntag kommunizieren lässt. "Was immer die Motive des Täters waren, es ist ein verdammenswerter Akt... Ich habe den Innenminister angewiesen, ihn zu jagen, zur Strecke zu bringen und aus ihm heraus zu quetschen, was er getan hat und warum..."

Zuvor hatte bereits das parlamentarische Komitee für Nationale Sicherheit, unter formellem Vorsitz eines Oppositionellem, einen ideologisch-terroristischen Hintergrund ausgeschlossen.

Die Polizei hat mittlerweile ein Video sowie mehrere Fotos des Verdächtigen jungen Mannes veröffentlicht (Hier der Link zur Webseite der ung. Polizei
http://police.hu/hirek-es-informaciok/legfrissebb-hireink/felhivasok/az-elkoveto-kepmasa ), es wurde eine Prämie von rund 30.000 EUR zur Ergreifung ausgelobt. Die Ermittlungen gehen ansonsten in alle Richtungen weiter.

Unmittelbar nach dem Anschlag wurde im Internet und in anderen Medien diskutiert, dass der Anschlag nicht einmal extremistisch motiviert sein muss, allein die Unsicherheit seiner Ursache und über die Herkunft des Verursachers würde Orbán für sein Referendum am kommenden Sonntag in die Hände spielen.

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Es war ein Attentat: Auf einer Pressekonferenz am Sonntagabend ließ die nationale Polizei keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Explosion in der Budapester Innenstadt am Samstagabend um einen gezielten Anschlag gegen Polizisten mit einer Nagelbombe handelte. Es läuft eine Großfahndung an, über die Motive des Täters herrscht Unklarheit


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Der Landespolizeikommandant und der Oberstaatsanwalt der höchsten Ermittlungesbehörde am Sonntagabend vor Journalisten in Budapest

Gefahndet wird jetzt nach einem 20-25 Jahre alten, ca. 170 cm großen Mann, mit dunklen Hosen, hellen Turnschuhen, der von Zeugen beim Hantieren mit einer Tasche und dem Wurf eines Gegenstandes unmittelbar vor der Explosion beobachtet worden war. Für die Ergreifung des Verdächtigen wurden 10 Mio. Forint, ca. 30.000 EUR ausgelobt. Vorgespielt wurden den Polizisten dramatische Hilferufe der verletzten Polizisten. Gleichzeitig mit Razzien, an denen hunderte Polizisten teilnehmen, wie Károly Papp, Landespolizeikommandant mitteilte, werden auch die Aufnahmen aus 145 Überwachungs- und Verkehrskameras der Gegend 30 Tager rückwirkend ausgewertet. Die Kontrollen an Grenzen und am Flughafen und anderen strategischen Punkten werden erhöht. Die Gegend um den Tatort bleibt bis auf Weiteres gesperrt.

Hinsichtlich der Motive des Täters tappt die Polizei nach eigenen Angaben noch im Dunkeln. Von persönlichen Motiven, über organisierte Kriminalität bis hin zu Terrorismus mit extremistischem Hintergrund werden von Profilern und Ermittlern alle Möglichkeiten in Betracht gezogen. Dass der Angriff gezielt auf die Polizisten verübt wurde, daran besteht für die Polizeiführung kein Zweifel, auch wenn ein Beleg dafür nicht erbracht wurde. In der Gegend gibt es einige Nachtclubs mit auffälliger, bandenkrimineller Vergangenheit, weswegen in der Gegend, gerade am Abend verstärkte Patrouillen installiert wurden. Verstärkte Ermittlungen im "Milieu" werden daher die Folge sein. ed.

Bitte entnehmen Sie die Entwicklungen des Tages, erste Reaktionen unseren untenstehenden News-Updates.

red.


UPDATE, Sonntag, 25.09., 16.00 Uhr: Polizei kündigt Stellungnahme an: Regierung bittet um Ruhe, Opposition würzt Verschwörungstheorie mit Orbán als Auftraggeber eines inszenierten Anschlags

Nach der Einberufung des Nationalen Sicherheitskomitees des Parlamentes für Montag durch dessen oppositonellen Ausschussvorsitzenden, hat sich erstmals auch ein Regierungsmitglied zur Explosion geäußert. Der Leiter des Kommunikationsamtes der Regierung, Staatssekretär Bence Tuzson, forderte am Nachmittag von allen Seiten "ein verantwortungsvolles Handeln", wünschte den verletzten Polizisten baldige Genesung und hofft, dass die Behörden bis zum Sonntagabend genügend Informationen sammeln konnten, um "detaillierte Informationen darüber zu geben, was geschehen ist."

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Die oppositionelle "Demokratische Koalition", Partei von Ex-Premier Gyurcsány fordert ultimativ "bis 18.00 Uhr (für diesen Zeitpunkt wurde eine Pressekonfernz der Polizei angekündigt) Aufklärung darüber, was am Teréz körút passiert ist." Sollte dies nicht geschehen, könnten "die Menschen zu recht den Verdacht gegen die Regierung" hegen, dass die Angelegenheit zu "Wahlkampfzwecken" (
Referendum) benutzt wird. "Nach vielen Monaten der Hasskampagne der Regierung (gegen Flüchtlinge,Anm.) ist im Lande eine Stimmung entstanden, die es nicht nur nicht für unmöglich, sondern sogar für wahrscheinlich ansehen könnte, dass Orbán selbst hinter einer solchen Aktion stecken könnte." Das sei nichts, was die DK behaupte, sondern "was die Wahrnehmung in den sozialen Medien" sei. Die Polizei könnte all dem den Wind aus den Segeln nehmen, wenn sie "klar sagt, was Sache ist". Mehr als 12 Stunden nach der Explosion müssten die Fachleute auch in Ungarn in der Lage sein, darzustellen, um was es sich handelt. In Westeuropa brauche man dazu meist nur ein paar Stunden, heißt es in der Aussendung.

 

UPDATE, Sonntag, 25.09., 14.30 Uhr: Es verdichten sich die Hinweise, dass es sich bei der Explosion nicht um eine Gashavarie, sondern eine Bombe und somit ein gezieltes Attentat gehandelt hat. Zu dieser Einschätzung gelangte ein Sprengstoffexperte, allerdings im öffentlich-rechtlichen, somit parteigelenkten TV-Sender M1. Er geht aufgrund der Schäden davon aus, dass es sich um einen selbst gebastelten Sprengsatz handelt, der vor dem Lokal explodierte. Auch die herumliegenden Nägel seien ein Indiz dafür.

Zudem befragt die Kriminalpolizei nach Medienberichten - auch unabhängiger Medien - Anwohner gezielt nach einer Person, die Sekunden vor der Detonation mit einer Tasche unweit der Anschlagsstelle gesehen worden sein soll. Demnach könnte das Attentat gezielt den vorbeigehenden Polizisten gegolten haben. Offizielle Bestätigungen blieben aus, allerdings fahndet die Polizei offiziell wegen "Mordversuch" gegen "Unbekannt", geht also ebenfalls von einem Attentat aus.

Mittlerweile wurde das Palramentskomitee für nationale Sicherheit von seinem Vorsitzendem, einem Politiker der oppositionellen MSZP zu einer Sondersitzung einberufen.

Erstbericht, Sonntag, 25.09., 9.00 Uhr: Schockmoment für die Bewohner und Flanierer der Budapester Innenstadt am Samstagabend. Gegen 22.30 Uhr war an der Großen Ringstraße, an der Tréz körút zwischen Király utca und Oktogon, also in einer auch abends sehr belebten Gegend, eine heftige Explosion zu hören. Zeugen berichten, dass die Erschütterung bis zum naheliegenden Franz Liszt Platz zu spüren waren.

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Das Foto entstand unmittelbar nach der Explosion, die zwei Polizisten verletzte, einen davon sehr schwer.

Die aus allen Himmelsrichtungen herbeistürmenden Einsatzkräfte hatten zwei verletzte Polizisten zu versorgen, einer davon mit schweren Wunden. Nach offiziellen Angaben handelte es sich um eine reguläre Polizeistreife, die just im Moment der Expolision an dem Lokal halt machte.

Die Ursache der Detonation wird noch immer untersucht, die zentrale Ermittlungsbehörde NMI hat sich eingeschaltet und Zeugen aus der Nachbarschaft aufgefordert, etwaige Beobachtungen zu melden (Tel: 06-80-620-107). Die Gegend wurde weiträumig abgesperrt, der Verkehr umgeleitet, nur Bewohner haben Zutritt.

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Die Gegend am Teréz körút bleibt auch am Sonntag weiträumig gesperrt. Fotos: Index.hu, MTI

 

Gerüchte in sozialen Netzwerken, wonach es such um einen Terroakt mit einer Nagelbombe (lange Nägel waren auf Pressefotos vom Tatort zu sehen) handeln sollte, wurden bis dato von keiner Behörde bestätigt. In einer Woche findet in Ungarn das von einer beispiellosen Propaganda der Regierung begleitete Referendum zur Flüchtlingsfrage statt, was Spekulationen Nahrung gibt, Budapest könnte Ziel von radikalen Kräften sein. Auch die Möglichkeit einer Inszenierung wird im Internet diskutiert.

Der Verdacht der Behörden geht derzeit jedoch eher in Richtung einer Gasexplosion (kein so seltener Vorgang) in dem leerstehenden Ladenlokal, allerdings konnten bis dato weder ein Terrorakt noch gewöhnliche Kriminalität ausgeschlossen werden.

Die jüngsten Anschläge mit Sprengkörpern in Ungarn hatten rein innenpolitische Motivationen und zielten u.a
auf eine Bank (2014) sowie zuvor auf die Wohnhäuser linker Politiker. Vor knapp Jahren waren ungarische Roma Ziel einer Anschlagsserie mit sechs Todesopfern (2008/2009), in den Neunziger Jahren schockte eine Bombe in der Váci utca (1998) vor einem McDonalds das Land, auch hier Tote, Hintergrund war ein Mafiakrieg.

red
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