Hauptmenü

 

Unabhängiger Journalismus braucht die Hilfe seiner Leserinnen und Leser!

Bitte unterstützen auch Sie den PESTER LLOYD!

 

AUB6-PESTERLLOYD BANNER2

 

(c) Pester Lloyd / 41 - 2016     MEDIEN     10.10.2016

"Wie in Putins Russland": Reaktionen auf Einstellung der Népszabadság in Ungarn

Die Schließung der Tageszeitung Népszabadság schlägt in Ungarn weiter hohe Wellen. Am Wochenende gab es zwei Demonstrationen, initiiert von der ausgesperrten Redaktion der Zeitung, unterstützt von vielen Kollegen, Oppositionsgruppen und Bürgern. Man ist sich darin einig, dass es sich um einen politisch motivierten Schritt, ein abgekartetes Spiel zwischen Orbántreuen und dem Eigentümer handelt.

40nepproteste (Andere)
In Ermangelung eines aktuellen Exemplares und als Zeichen des Protestes legte dieser Zeitungshändler am Montag eine Ausgabe von 2011 auf. Titel: “Ungarn beendet die Pressefreiheit!”

Die Regierungspartei Fidesz ließ in offiziellen Stellungnahmen verkünden, dass man die "wirtschaftliche Entscheidung" des Eigentümers zu repsektieren habe, im Gegenteil, würde sich die Regierung hier einmischen, würde man gegen die Pressefreiheit handeln. Ein Fidesz-Vizechef konnte seine Freude über die Einstellung indes nicht verbergen und meldete, dass es "längst an der Zeit war", so Szilárd Németh. Außerdem habe die MSZP ihre Anteile an der Zeitung selbst verkauft, heißt es in einer Stellungnahme.

 

Die MSZP sprach von einem "schwarzen Tag in der Geschichte der ungarischen Medien seit der demokratischen Transformation". Der Schritt der Schließung "kann nicht mit finanziellen Verlusten" erklärt werden, sondern vielmehr mit der aktuellen Offenlegung von Regierungsskandalen. Parteivize Kunhalmi sprach u.a. die Helikopteraffäre von Orbáns Kabinetssminister Rogán an, der am Tag des Referendums bei der privaten Nutzung eines Luxus-Hubschraubers gespottet wurde sowie den Fall von Nationalbankchef Matolcsy, der vom Chef der Bankenvereinigung eine Luxuswohnung anmietet (Interessenskollision) und luxuriöse Geschenke aus öffentlichen Mitteln an seine Günstlinge und Geliebte verteilt. Die MSZP zählte die Liste der Medien auf, aus denen Fidesz mit verschiedenen Tricks "Lautsprecher der Parteipropaganda" gemacht habe. All das erinnere an "Putins Russland". “Heute ist es die Népszabadság, morgen der Rest der Zeitungen, am Ende werden die Parteien verboten und das ist dann das Ende des Landes", rief der Budapester MSZP-Chef auf einer der Demos am Wochenende.

Die DK von Ex-Premier Gyurcsány spricht von einer der "fiesesten Attacken gegen die ungarische Demokratie und Pressefreiheit" und "eine neue Etappe des Baus von Orbáns Diktatur". Die DK prüft rechtliche Schritte vor europäischen Institutionen, konnte aber nicht erklären, wie diese aussehen sollten.

Die patriotischen Grünen von der LMP sprechen von einem "inakzeptablen Vorgang", Fidesz solle "nachweisen, dass sie damit nichts zu tun haben". Diesmal sind "sie zu weit gegangen", sagte Partei-Co-Chefin Bernadett Szél. Es gehe darum, ob "die ungarische Presse frei bleiben und die Regierung für ihre Aktionen zur Rechenschaft gezogen" werden könne. Szél sprach auf einem Parteikongress der LMP, der sich "einstimmig solidarisch" mit den Mitarbeitern der Zeitung erklärte.

Selbst die neonazistische Jobbi sieht, zumindest offiziell, in der "Unterwanderung der Népszabadság" ein "weiteres Beispiel für Orbáns unersättliche Megalomanie (Größenwahn)" und keine "Marktlogik". Allerdings sehe man auch "den Zustand der Linken" dergestalt, dass sie "nicht einmal ihre eigenen Medien verteidigen können".

Mehrere, auch ausländische Zeitungen erklärten auf ihren Titelseiten am Montag ihre Solidarität mit der Redaktion der Népszabadság. Diese erreicht eine riesige Welle der Sympathie und Unterstützung und hat beschlossen, weiter für ihre Zeitung zu kämpfen. Redakteur Miklós Hargitai erklärte vor den Demonstranten, dass die Aussperrung der Mitarbeiter klar zeige "um was für eine gesdchäftliche Entscheidung" es sich handelte. Es stehe außer Frage, dass die Mächtigen das weitere Erscheinen der Zeitung verhinderten, weil die ihre Arbeit als "Kontrolleur" zu gut gemacht habe.

 

Der Präsident des EU-Parlamentes, Martin Schulz, twitterte auf Ungarisch: "Die plötzliche Einstellung der Népszabadság stellt eine beängstigende Präzedenz dar. Ich stehe in Solidarität mit den Ungarn, die heute protestieren."

Die Redaktion, die derzeit über
eine Facebook-Seite kommuniziert, hat dem Verlag, Mediaworks ein Kaufangebot für die Zeitung vorgelegt. Dieses wurde mit Hinweis auf interne Entscheidungswege zunächst abgelehnt. Ein weiterer Hinweis, dass die Schließung keine vordergründig ökonomischen Motive haben könne, meint Anna Danó, Sprecherin der Redaktion. Am Montag wolle man weiter mit Mediaworks verhandeln und zumindest ein "Letter of intent" erreichen, also eine grundsätzliche Absichtserklärung.

Details und Hintergründe zum Coup der Schließung der Népszabadság in diesem Beitrag.

red.


Unabhängiger Journalismus braucht die Hilfe seiner Leserinnen und Leser!

Bitte unterstützen auch Sie den PESTER LLOYD mit einem Abo oder einer Spende. Infos hier!






 

 

Effizient werben im
Pester Lloyd!
Mehr.

 

 

 

 

Das Pester Lloyd Archiv ab 1854