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(c) Pester Lloyd / 46 - 2016    POLITIK     13.11.2016

Fidesz ärgern: Jobbik bringt fast gleichlautende Verfassungsänderung ein

Der öffentliche geführte Machtkampf zwischen der rechtsradikal-populistischen Regierungspartei Fidesz und der stärksten Oppositionskraft, der neonazistischen Jobbik, der in den vergangenen Tagen selbst für ungarische Verhältnisse deutlich unter der Gürtellinie geführt wurde, findet seine Fortsetzung am Montag im Parlament. Gleichzeitig gibt es besorgniserregende Annäherungen zwischen Jobbik und der Linken.

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Bisher galt: Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen (die Linke). Dieser Teufelspakt zwischen Orbán und Vona ist nun aufgehoben, Jeder gegen Jeden das Motto der Stunde...

Jobbik wird dann die gleiche Änderung der Verfassung zur Abstimmung einbringen, die zunächst von Fidesz vorgelegt wurde, aber wegen zwei fehlender Stimmen aus dem Oppsitionslager an der erforderlichen qualifizierten 2/3-Mehrheit scheiterte und wüste Beschimpfungen von Seiten der Regierungsfraktion auslösten..

 

Einen kleinen Einschub nimmt Jobbik in dem sonst wortgleichen Entwurf vor: Die Erteilung von Aufenthaltstiteln gegen finanzielle Gegenleistungen soll untersagt werden. Gemeint ist damit konkret das Modell "EU-Visa gegen Staatsanleihen" mit der die Regierung über Off-Shore-Unternehmen, in die auch Orbán-Günstlinge verwickelt sind, neben Milliarden für Staatsanleihen auch Abermillionen an Gebühren einnimmt und so teils zwielichtigen Gestalten aus Asien, Afrika, Russland etc. den Eintritt in die EU ermöglicht, in Summe geht es seit 2013 um rund 4.000 bewilligte Anträge. Die Formulierung ist von Jobbik aber so gewählt, dass man das Gesetz nicht so einfach umschreiben kann, also z.B. allgemein von “Investoren” sprechen könnnte.

Jobbik erhöht damit noch einmal den politischen Druck auf Orbán, dessen Partei bei einer Ablehnung des Vorschlags kaum schlüssig darstellen kann (oder will), warum man an dem Schema festhält, wenn es, nach eigener Aussage u.a. von Orbán-Stabschef Lázár und Vizefraktionschef Gulyás, für die Finanzierung der Staatsschulden gar nicht mehr notwendig sein soll und ohnehin vorgesehen war, es demnächst einzustellen.

Der Machtkampf im rechten Lager geht damit in die nächste Runde. Hatte Orbán bis dato auf Jobbik zählen können, u.a. als Schwamm für Proteststimmen, die so dem demokratischen Oppositionslager entzogen wurden sowie auch als Mehrheitsbeschaffer bei notwendigen Verfassungsmehrheiten, befindet sich Fidesz jetzt im offenen Krieg gegen die aufmüpfigen, herausfordernden Rechtsextremisten im bürgerlichen Schafspelz.

 

Lange bekannte Verbindungen der Jobbik zu militanten Nazigruppierungen werden in den Regierungsmedien ausführlich dargestellt und impliziert, dass der kürzliche Mord an einem Polizisten durch einen landesbekannten Neonazi mit Jobbik zusammenhängt.

Auch die bereits seit längerem bekannten Kontakte von
Jobbik-Funktionären in russische Geheimdienstkreise sowie die Finanzierung der Partei aus dem Ausland, sollen das vaterlandslose Gebaren der Jobbik belegen, was etwas heikel ist, da die Verbindungen zwischen Fidesz und Moskau ebenfalls auf allen Ebenen nachweisbar sind.

Tiefpunkt war das
"Outing" von Jobbik-Chef Vona als Homosexuellen, im homophoben Ungarn gleicht das einer öffentlichen Hinrichtung.

Der parlamentarische Schlagabtausch aufgrund der Jobbik-Vorlage dürfte eine weitere Eskalationsstufe in diesem Machtkampf auslösen. Dieser wird befeuert, da Teile der demokratischen Opposition und Jobbik zarte Bande der Kooperation knüpfen. So wollen die Oppositionsparteien eine Art Schatten-U-Ausschuss bilden, um sich bei der Aufdeckung der zahlreichen Korruptions- und Amtsmissbrauchsskandale im Regierungsumfeld zu vernetzen. Erstes “Opfer” dieser Untersuchungen soll Orbáns Adjudant und “Propagandaminister” Antal Rogán sein, der nicht nur mit zahlreichen Luxus-Exzessen brilliert und in fragwürdigen Immobiliendeals aufscheint, sondern auch im Off-Shore-Geschäft mit den EU-Visa involviert sein soll.

Diese Kooperation wird eine neue Debatte über den Umgang der demokratischen Opposition mit der Jobbik auslösen. War es bisher nur die grüne LMP, die Kontakte zu Jobbik pflegte, werden in der Linken nun immer mehr Stimmen laut, die eine Zusammenarbeit zur Absetzung der Fidesz-Regierung spätestens bei den Wahlen 2018 fordern.

Unsere Meinung dazu ist und bleibt klar: keine Zusammenarbeit mit Nazis, unter keinen Umständen, auch nicht aus taktischen Überlegungen. Ist die demokratische Opposition nicht in der Lage, aus eigener Anziehungskraft das Wahlvok von einem besseren Konzept für das Land zu überzeugen, wird sie auch nicht in der Lage sein, nach einer Ablösung Orbáns die komplette Machtübernahme durch die Jobbik zu verhindern. Vielmehr stellt man diese Neonazis auch für jene Wählergruppen als wählbar dar, die vorher nie auf die Idee gekommen wären, sie zu unterstützen. Das wäre fatal.

red.

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