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(c) Pester Lloyd / 47 - 2016    BOULEVARD     25.11.2016

Schwarze Schafe, echte Männer: Trump und Orbán telefonierten miteinander

Der Zeitung Világgazdaság verriet Ungarns Premier Orbán einige Details dieses ersten, fernmündlichen Austauschs von Zärtlichkeiten der zwei unterschätzten Staatsmänner. Schon in der Wahlnacht sprach Orbán von Trumps Wahlsieg als einer "großartigen Nachricht", die belege, dass "die Demokratie noch lebt". Ja. Noch...

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Der Begriff Demokratie ist, nicht nur wegen 2 Millionen Wählerstimmen weniger und nicht erst seit Orbáns "illiberaler" Variante davon, ein dehnbarer geworden. Orbán betonte seit dem Wahlsieg Trumps
bei jeder Gelegenheit, quasi drohend, dass mit Trump "eine neue Weltordnung" anbrechen wird, frei von den Zwängen politischer Correctness und dem Korsett gutmenschlicher Ideologie.

 

Die "Welt wird ein besserer Ort" sein, sagte er sehr amerikanisch, denn die "liberale Nicht-Demokratie", die derzeit in Europa zur Unsitte geworden sei, stehe vor dem Aus, sie wird ersetzt durch Orbáns "illiberale Demokratie", das Adjektiv macht den Staat! Im Ergebnis wird man die "Völkerwanderung" bekämpfen, und ebenso die "liberale Pseudowelt" mit ihren "eigeninterpretierten Demokratieexporten". Dazu würden sich die US-ungarischen Beziehungen um "180 Grad wandeln".

Die Rosenblätter die der Ungar Trump streute, wehte es bis nach New York, wo sich der President elected in seinem Trump-Tower verpuppt hat und versucht, sich von einer bissig-giftigen Wahlkampfraupe in einen staatsmännischen Präsidentenschmetterling zu transformieren. Hier hält er Hof und gewährt Audienzen, diplomatisch holprig, verbal oft irritierend - aber wir lernten ja, dass gerade diese burschikose Unbeholfenheit ihn so menschlich macht, so normal.

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Man habe “seit langem nicht mehr so viel gelacht”, wie in der Wahlnacht, erklärte Orbán gegenüber Journalisten.

Nun durfte auch Ungarns Premier Viktor Orbán mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump telefonieren. Der Zeitung Világgazdaság verriet er einige Details dieses fernmündlichen Austauschs von Zärtlichkeiten der zwei unterschätzten Staatsmänner.

Zunächst habe "Donald J. Trump klar gemacht, wie sehr er Ungarn schätzt." Schon allein dieser eine Anruf hätte "unsere Position in den Staaten deutlich gestärkt". "Ich fühlte, dass er (ER!) weiß, was für ein mutiges, freiheitskämpferisches Volk unsere Nation ist, das in den letzten sechs Jahren außerordentliche wirtschaftliche Erfolge erreicht" habe.

Trump habe ihn nach Washington eingeladen, was für Orbán ein innerer Reichsparteitag gewesen sein muss, denn seit einem halben Jahrzehnt hatte das Weiße Haus "keine Termine" für ihn frei. Als höchstes der Gefühle ließ die Obama-Administration einmal den Außenminister Szijjártó zum Lieferanteneingang des State Departements hinein, wo er am Aufzug
wie ein Pizzabote von einer Vizestaatssekretärin, also quasi einer Sekretärin mit Bachelor abgefertigt wurde. Eine Demütigung die den stolzen (Neider sagen: eitlen) Ungarn tief im Pelz sitzt.

Der Tiefpunkt war erreicht als der US-Gesandte Goodfriend die Kunde von US-Einreiseverboten für ein halbes Dutzend ungarischer Amtsträger, darunter die Chefin des Finanzamtes NAV, wegen amtlicher Korruption überbrachte sowie Präsdient Obama Ungarn in einem Atemzug mit Schurkenstaaten nannte. Goodfriend ist - sehr zur Erleichterung der Nomenklatura - Geschichte, seine Nachfolgerin Coleen Bell ebenso, die Ungarn “nicht ein wirklich freies Land” schimpfte.

In fünf Jahren kehrten knapp 1.000 US-Firmen (von 3.400) dem Land den Rücken, diplomatisch herrschte Eiszeit - da kommt die wärmende Hand Trumps gerade Recht.

Entsprechend freudig Orbáns Reaktion auf Trumps Invitation: "Ich sagte ihm, dass ich lange nicht in Washington war, weil ich als `Schwarzes Schaf` gesehen wurde." - "Er (Trump) lachte und antwortete, dass man ihn auch als solches behandelte." Was für ein Schenkelklopfer, die beiden Volkstribune als Opfer der Politelite,
Widerstandskämpfer, ja Märtyrer ihrer Völker. Es bahnt sich die Männerfreundschaft zweier Großer an. Hätte Orbán eine Pussy, ließe er sie sich von Trump grabben. Ganz sicher.

Trump sei nicht "von Ideologie beschränkt", was Orbán freut. Stimmt. Davon nicht. Wir sollten anerkennen, dass Orbán gegen Trump wirkt wie ein linker Intellektueller. Ja, soweit sind wir gekommen in der Welt, in Europa. Orbán scheint einige Bücher gelesen, wenn auch völlig falsch verstanden zu haben (Nein, Jesus war kein Ungar!), tritt nicht auf wie ein gealteter Pornostar aus den frühen 70ern, spricht meistens in ganzen Sätzen und hat - erkennbar - einen Friseur.

 

Außerdem ist Orbán viel viel ärmer als Trump. So arm, dass seine Parteifreunde Firmen gründeten, um Spenden für ihn zu sammeln. Orbán schämt sich so für seine Armut, dass er lieber andere seine Konten führen lässt. Ein Mann durch, des und für das Volk eben. Orbán darbt in einem Bauernhaus in (s)einem Dorf mit einem Apfelbaum und neben einem lauten Stadion, Trump in einem goldverblendeten Protz-Turm im Big Apple. Orbán baut auch keine Mauern, nur Zäune, durch die Licht fluten kann. Und wo Licht, da ist Leben, Hoffnung. In punkto "Deportationen" und "Einwanderungsstopp" sei man sich indes einig, auch beim Aufrüsten, beim Freihandel nicht so ganz, aber das kommt schon noch.

Orbán freut sich darüber, dass Trump ein Präsident sein wird, der "mehr an Erfolgen, Effizienz, Ergebnissen als an politischen Theorien interessiert" sei. Ungarn wird davon profitieren, denn "die Fakten sind auf unserer Seite". Schluss mit der zergenderten Verweichlichung durch Menschen- und Grundrechte, Nächstenliebe oder Pressefreiheit. Echte Männer braucht die Welt. Führrrrer! Wir freuen uns schon auf die erste Telefonkonferenz Trumps und Orbáns mit Putin, Erdogan und vielleicht auch Frauke Petry und Kim Jong Un...

Wie drückte es doch gleich Norbert Hofer aus, FPÖ-Präsidentschaftskandidat in Österreich und auch einer dieser aalglatten Volksversteher im Fahrwasser der postfaktischen Wutbürger-Populismuswelle? "Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist...". Bald wundert man sich über nichts mehr...

ms

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