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(c) Pester Lloyd / 47 - 2016    POLITIK     25.11.2016

Arbeitskräfte willkommen: Ungarn höhlt EU-Visapflicht für Ukraine aus

Zur Zeit hält sich der ukrainische Ministerpräsident Volodymyr Groysman zu einem zweitägigen offiziellen Besuch in Ungarn auf. Die Beziehungen beider Länder waren in den vergangenen Jahren gespannt. Premier Orbán betrachtet das Land strategisch doch als eine Art Hinterhof. Vor allem die Rekrutierung billiger Arbeitskräfte für die westlichen Werkbänke liegt in seinem Interesse und er lässt keine Gelegenheit aus, der EU eins auszuwischen.

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Die
Einstellung von Gaslieferungen auf russischen Druck, Vorwürfe der Agententätigkeit  gegen Ungarn, ein Einsatz des TÉK im Nachbarland sowie Orbáns Affinität zu Putin, der den Separatisten ein Recht auf Autonomie zusprach, brachten immer wieder erhebliche Spannungen in die Beziehungen beider Länder. Umgekehrt warf Budapest der Kiewer Regierung vor, Hungaro-Ukrainer gezielt zum Kriegsdienst einzuziehen und auch sonst zu unterdrücken 2015 kam es sogar zu militärischen Übergriffen auf von ethnischen Ungarn besiedelte Gebiete durch den "Rechten Sektor".

 

Auf der anderen Seite sieht die Orbán-Regierung in der Ukraine eine wichtigen, strategischen Nachbarn, einen interessanten Markt für Exporte und Investitionen, einen Quell für dringend benötigte Arbeitskräfte und ein Land, das man politisch und ökonomisch zu seinem Vorteil beeinflussen sollte. Entsprechend freundlich war der Empfang in Budapest.

So stellt Ungarn einen Kredit in Höhe von 50 Millionen Euro zum Ausbau der Grenzübergangsstellen und grenznahen Infrastruktur bereit. Mit dem Geld soll eine Umgehungsstraße um Berehove/Beregszász, ein Ausbau der Autobahnverbindung zwischen Berehove und Mukacheve/Munkács sowie von zwei Grenzübergängen finanziert werden. Der Kredit wird von der staatlichen Eximbank gewährt, das Ausfallrisiko liegt also beim ungarischen Steuerzahler. Das Gros der Aufträge soll an ungarische Baufirmen gehen, aus "Sicherheitsgründen" bleiben Details der Ausschreibungen unter Verschluss.

Neben dem Kredit wird Ungarn in diesem Jahr 6,4 Millionen Euro Wirtschaftshilfe an die Ukraine überweisen, 2017 sollen es 16 Millionen sein. Die Verwendung wird bilateral geregelt, auch hier gilt, dass ungarische Unternehmen bevorzugt zum Zuge kommen sollen.

Ungarn fordert seit geraumer Zeit die Visafreiheit für Urkainer bei Reisen in die EU. Die Union ziert sich,
aus nachvollziehbaren Gründen, allen Einwohnern aus dem Kriegsland Ukraine eine unkontrollierte Einreise in die EU zu gewähren. Ungarn fährt nun einen eigenen Weg, der europarechtlich nicht einwandfrei ist. So will man nicht nur die Gebühren für die Erteilung von Visa abschaffen, sondern "ukrainischen Bürgern kostenlose langfristige Visa" erteilen, "die in Ungarn, aber nicht im Rest der Europäischen Union" gültig seien.

Das Ziel ist klar: es handelt sich quasi um Arbeitsvisa, die Lücken im ungarischen Arbeitsmarkt füllen helfen sollen - auf Anforderung der großen Produzenten, vor allem der Auto- und Elektronikbranche. Politisch passen die Ukrainer der Regierungspartei ins Konzept, handelt es sich doch um die "richtigen Einwanderer", mit denen man sich zudem auch noch als "Kriegsflüchtlinge" schmücken möchte, um die man sich nächstenliebend kümmere.
Mehr dazu.

Da Ungarn jedoch Teil des Schengenraums ist, können bzw. dürfen eigentlich keine begrenzt wirksamen Visa ausgestellt werden, da deren Limitierung durch das Fehlen von Grenzkontrollen im Schengenruam nicht durchsetzbar ist. Das heißt, die Inhaber der Visa können unkontrolliert weiterreisen.

 

Ungarn verstieß bereits mehrfach gegen Schengen-Regeln, u.a. in dem es vereinfachte Staatsbürgerschaften in Nicht-EU-Länder aufgrund von "Blutsverwandtschaft" also an ethnische Ungarn aushändigte und EU-Visa gegen den Kauf von Staatsanleihen anbietet.

Orbán sieht sich hier wieder einmal in der Rolle, Regeln aussetzen zu dürfen: "Die Visafreiheit für die Ukraine ist von der EU blockiert, doch für Ungarn ist die Sache eine moralische Angelegenheit." Die Maßnahme würde die "westliche Integration der Ukraine" fördern. Dass sie auch Kriegsverbrechern und Waffenhändlern von beiden Konfliktparteien den Weg in die EU frei macht, scheint für Orbán, der sonst
in jedem Einwanderer einen Terroristen und Vergewaltiger sieht, hier kein Problem.

red.

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