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(c) Pester Lloyd / 48 - 2016    POLITIK     02.12.2016

Gewinner Ungarn: Orbán strebt nach der Weltherrschaft

Orbáns Propaganda trieft vor Eigenlob, Lügen, Nationalismus und Überheblichkeit. Sie ist jedoch omnipräsent und wird von vielen für bare Münze genommen. Er stellt seine Politik der kleptokratischen Entdemokratisierung rhetorisch auf den Kopf und sich Retter der Demokratie an die Spitze selbsternannter Volkstribune von Le Pen bis Trump, die bald die Weltherrschaft erringen werden - gegen die EU und die “liberalen Eliten”. Auszüge aus Orbáns aktuellen Wortschwällen...

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Im Radiointerview "180 Minuten" im staatlichen Kossuth Rádíó, sowie auf der sogenannten "Allungarischen Konferenz" MÁÉRT, die im Parlament ihr Jahrestreffen abhielt, ventilierte Orbán einmal mehr zum Flüchtlingsthema, zur gewachsenen Anerkennung Ungarns und seiner Politik und warnte die EU davor, es zu wagen, ihn bei der Umsetzung seiner Pläne zu stören. Die Melodie aus Opfermythen und Freiheitskampf, Angstmacherei, Selbstlob und -überschätzung, Lügen, Nationalismus und Populismus ist die gleiche, nur der Text variiert von Zeit zu Zeit.

Zunächst referierte Orbán am Freitag im Rundfunk darüber, dass diejenigen Regierungen in der Welt, die "nicht verstehen, dass die Menschen gegen Einwanderung sind, abgelöst werden". Dies sei "noch eine Frage der Zeit" und "wir" müssten "so lange aushalten, bis die Demokratie wiederhergestellt sei."

Orbán kreiert hier wieder einmal das Bild, dass jene Länder Europas, aber auch in der Welt, die sich um eine gemeinsame, auf der Basis der Menschen- und Grundrechte basierenden Flüchtlingspolitik bemühen, eine Art abgehobene Elite, eine geheime Weltregierung bildeten, die "undemokratisch" handeln, weil sie den "Volkswillen" in ihren Ländern ignorieren würden.

Doch Beispiele wie Polen, Großbritannien, die USA und womöglich bald Österreich und Frankreich, würden zeigen, dass "die Demokratisierung nicht aufzuhalten sei". Bald seien "wir, die gegen jede Einwanderung sind, in der Mehrheit", so Orbán.

Dass das Thema "Einwanderung" (laut Orbán gibt es quasi keine Flüchtlinge mit Asylrecht) von den Politikern der Regierungsparteien in den genannten Ländern lediglich als Aufhänger genutzt wird, um das Volk aufzuhetzen und ihre antidemokratischen Agenden umzusetzen, davon - natürlich kein Wort. Nach Orbán steht der Westen vor einem Wandel, von "liberalen Nicht-Demokratien" hin zu seinem Modell "der illiberalen Demokratie", die viel effizienter und volksnäher sei als die "in einer intellektuellen Krise befindlichen" Staatenmodelle der heutigen "Eliten".

Orbán begrüßte in diesem Zusammenhang ein Statement seines Verfassungsgerichtes, das dessen Recht bestätigt, EU-Entscheidungen auf Verletzungen der "Souveränität und der ungarischen Verfassungsordnung" hin zu prüfen. Dieses Recht wurde zwar von der EU nie in Frage gestellt, zumal die nationalen und gemeinschaftlichen Zuständigkeiten in den EU-Verträgen klar getrennt aufgeführt werden, Orbán sieht in der von seiner Regierung - quasi als Ersatz für die gescheiterte Verfassungsänderung - angeforderten Stellungnahme indes "eine große Hilfe in der Schlacht mit Brüssel".

Er werde auch "nie vergessen, dass die Opposition sich auf die Seite Brüssels geschlagen" habe. Er werde dafür sorgen, dass "Ungarn nicht von Fremden besetzt wird" und beim EU-Gipfel später im Dezember "das Match für uns entscheiden", auch wenn "wir", gemeint Ungarn und die Visegrád-Staaten Polen, Tschechien und Slowakei "hier in der Rolle des David gegen Goliath" kämpfen. Doch die Konsensgrundsätze der ach so undemokratischen EU - das musste sogar Orbán einräumen - geben "sogar einem David manchmal eine Chance zu siegen".

Ungarn gehöre von nun an wieder zum "Gewinnerteam", "langsam aber sicher mausern wir uns vom Schwarzen Schaf zu einer Erfolgsgeschichte". Auf eine Moderatoren-Nachfrage, wie man mit der Prognose einer Wachstumsverlangsamung bis 2018 in Deutschland und damit erst Recht in Ungarn reagieren wolle, antwortete Orbán, "die Welt ist nicht nur Deutschland" und bezog sich auf seine Politik der "Ostöffnung".

Der Premier warnte die EU ausdrücklich davor, seine Politik der Zentralisierung der Energielieferungen und staatlichen Preisgestaltung zu beeinspruchen. Brüssel verlange eine Art von Wettbewerb, die nachweislich nicht zu Preissenkungen geführt hat, weil die großen Konzerne alles in Hinterzimmern absprechen (hiermit hat er zweifelsfrei Recht, allerdings gehen die Energiepreissenkungen in Ungarn zu Lasten des Staatshaushaltes und auf Kosten von Invesitionen in die Infrastruktur, sind also kein langfristig sinnvolles Mittel der Steuerung).

Orbán lobte sich ein weiteres Mal für seine Arbeitsmarktpolitik, die die Arbeitslosenquote unter 5% gedrückt  habe. Heute hat "Jeder, der arbeiten will, Zugang zu irgendeiner Art von Job." und "Heute lohnt sich Arbeit in Ungarn wieder", behauptet er, mit Blick auf die 25%ige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes (auf 312.- EUR, unter der Armutsgrenze). Im "schlimmsten Falle" könnten die Menschen in Kommunalen Beschäftigungsprogrammen "Zuflucht finden" (zur Hälfte des gesetzlichen Mindestlohnes, ohne Ausbildungsperspektiven oder Aussicht auf Zugang zum ersten Arbeitsmarkt).

 

Gegenüber den Vertretern ungarischer Minderheiten aus den Nachbarländern, MÁÉRT, die ihre Jahreskonferenz in Budapest abhalten, sagte Orbán in einer Ansprache, dass es "leichter geworden ist, auf Seiten Ungarns in der Welt zu stehen". In den letzten sechs Jahren "haben wir die Nation wiedervereint", "100 Jahre nach Trianon" hätten sich die "verstreuten Teile unseres Volkes wiedergefunden". 810.000 ethnische Ungarn aus den Nachbarländern habe man den ungarischen Pass gegeben und sie damit "wieder in den Schoß der Nation geholt". Leider würden einige Länder "die Minderheitenrechte" nicht akzeptieren und - vor allem in Rumänien "Kampagnen gegen ethnische Führer unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung" fahren.

Dann holte er weiter aus: Die westliche Welt befände sich "im Zustand eines intellktuellen Chaos`". Es sei doch "absurd", dass man ihn kritisiere, "dem kürzlich verstorbenen Fidel Castro aber alles verzeiht". "Die linksliberale Elite will nicht sehen, was Kommunismus bedeutet" und verharrt in ihrer "Traumwelt". Daher erkennen "viele in Brüssel immer noch nicht die Gründe, die zu Trump und Brexit führten". Es sei "nicht so schwer, Ähnlichkeiten zwischen diesen und der Wende 2010 in Ungarn zu erkennen." Doch die Linke "verliert an Boden", das gleiche würde auch für "die traditionelle Rechte" (er meint Konservative) gelten, "sie müssen sich anpassen, sonst verlieren auch sie an Unterstützung" (lies: so radikal-nationalistisch werden wir er).

red.

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