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(c) Pester Lloyd / 49 - 2016    WIRTSCHAFT     05.12.2016

Hochspannung und Vollgas: Ungarns Energiesektor als Quelle der Selbstbereicherung

Die ungarische Regierung plant eine verschärfte Regulierung der Energiepreise und will dafür das Energieaufsichtsamt MEKH mit "legislativen Rechten" ausstatten, wie Fidesz-Vize Szilárd Németh am Wochenende mitteilte. Das Volk spart nichts, im Gegenteil, die Regierung enthält ihm die gesunkenen Weltmarktpreise vor und bereitet einer Gewinnmaximierung mit dem AKW Paks den Weg - dabei überwirft man sich auch mit der Slowakei.

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An den Hebeln der Macht. Nur Orbán will an der Preisschraube drehen...

Gemäß den im Radio am Freitag von Premier Orbán gemachten Vorgaben, dass man sich auch in Zukunft nicht von der EU bei der Gestaltung der Energiepreise für Haushalte und Industrie reinreden lassen wird, werde "man nicht zulassen, dass die Brüsseler Bürokraten den Ungarn die Chance nehmen, ihre Energiekosten zu senken."

Németh muss sich indes irgendwie versprochen haben, denn das MEKH mit "legislativen" also gesetzgeberischen Rechten auszustatten, ist nicht möglich. Das Parlament würde sich so selbst entmachten und die EU diesen Schritt schon gar nicht hinnehmen. Zudem bräuchte es dafür eine 2/3-Mehrheit zur Änderung der Verfassung, die das Volk als Souverän ausschalten müsste, denn das MEKH wird ja nicht gewählt. Er meinte wahrscheinlich erweiterte exekutive Rechte und erweiterte Vollmachten für das Amt seitens des Parlamentes, verrannte sich aber im Überschwang. Das MEKH kann schon jetzt Energieunternehmen direkt in die Rechnungslegung eingreifen und Bußen verhängen und hat außerdem Zugriff auf sämtliche Genehmigungsverfahren zur Installation neuer Leitungen, Schalt- und Zählerkästen sowie kann freihändig Unternehmen den Zugang zum Markt verwehren oder genehmigen.

Fidesz argumentiert, dass ohne eine staatliche Regierung die Energiepreise durch die Konzerne künstlich nach oben getrieben werden (was durchaus stimmt). Allerdings liegt der staatlichen Preisgestaltung in Wirklichkeit ein mehrfacher Denkfehler bzw. Betrug zu Grunde. Die Regierungspartei brüstet sich damit, dass die Gaspreise seit der staatlichen Intervention "nur um 9,7%" gestiegen seien, die für Strom gar nur um 2,2% und "damit weit unter der Inflation".

In Wahrheit hätten die Preise aber deutlich sinken müssen, sanken die Öl- und Gaspriese (der meiste Strom in Ungarn wird nach dem AKW Paks durch Gas erzegut) auf dem Weltmarkt seit 2014 um rund 40%, d.h. der Staat kassierte tatsächlich Zusatzprofite ein, ohne die Bevölkerung zu entlasten. Daher gehe es, kritisieren die oppositionellen Sozialisten von der MSZP "gar nicht um die Frage von mehr Rechten des MEKH, sondern um den luxuriösen Lebensstil der Nomenklatura", die,
so ist es nachgewiesen, an den Verstaatlichungen und Regulierungen im Energiesektor mitverdienen. Die Preisentwicklungen der letzten Jahren hätten eine Senkung der Energierechnungen für die Menschen um mindestens 20% gerechtfertigt. Die Extraprofite werden außerdem nicht für Zukunftsinvestitionen benutzt, was das Land technologisch weiter zurückwerfe und die Energiesicherheit gefährde.

Orbán hat aber noch eine andere Motiviation für seine
seit 2010 andauernden Interventionen und Quasi-Enteignungen gegen EU-Recht. Sowohl den Energie-Einzelhandel, Großhandel, das Netz und die Erzeugung will er möglichst unter seiner Kontrolle halten, die Preise staatlich reglementieren lassen, um das AKW Paks 2, das nach Einschätzung selbst interner Experten zu derzeitigen Preisen niemals wirtschaftlich sein wird, entsprechend gewinnbringend ausbeuten zu können. Hält er die Liefer- und Produktionskette in staatlicher Hand bzw. in Händen seiner Günstlinge, kann er mit den Preisen nach Belieben verfahren, erst Recht wenn Paks 2 einmal am Netz hängt.

 

Dazu dient auch der neueste Konflikt mit dem Nachbarland Slowakei. Seit einiger Zeit blockiert Ungarn den Ausbau einer Nord-Süd-Starkstromtrasse zwischen dem AKW Mochovce, die zu den Ländern des Balkan führen soll und den Slowaken den Verkauf von Strom ermöglichen soll. Die bilateralen Verträge waren schon unterschrieben, Gelder bewilligt, doch die Ungarn reden sich nun immer wieder heraus.

Natürlich soll das AKW Paks seine Stromüberschüsse ab 2024 in den Balkan verkaufen, die Konkurrenz vom Nachbarn würde so abgewürgt - auch gegen EU-Recht. Wie nun zu hören ist, wäre Ungarn sogar bereit, die Leitung zu errichten, aber nur, wenn der Auftrag vom staatlichen Auftragnehmer an einen privaten, ungarischen übergeht, die Gelder, es geht hier um rund 150 Mio. EUR also in die Taschen von Günstlingen wandern.

red.

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