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(c) Pester Lloyd / 50 - 2016    WIRTSCHAFT     12.12.2016

Unter Freunden: Staatliche Eximbank als Finanzier des Mafiastaates Ungarn

Die staatliche Eximbank ist Dreh- und Angelpunkt der Finanzierung für Orbáns Günstlingswirtschaft geworden. Sie repräsentiert all das, was den Begriff Mafiastaat ausmacht: staatliche Strukturen werden genutzt, um bestimmte Interessensgruppen zu begünstigen, unter formaljuristisch rechtmäßigen Umständen. Opposition und EU laufen gegen eine Wand aus Schweigen und Dreistigkeit. In den jüngsten Fall ist wieder ein illustrer Minister involviert.

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Mein Haus, mein Flugzeug, mein Land...? - Imagebuilding der Eximbank

Die oppositionelle LMP wird die staatliche Eximbank vor Gericht bringen, weil diese sich weigert, Details über eine Ausschreibung für eine Kreditvergabe über 16 Milliarden Forint (rund 50 Mio. EUR) zu veröffentlichen. Das kündigte der Abgeordnete, LMP-Gründer und langjährige Vorsitzende András Schiffer an und ergänzte, dass es eigenartig sei, dass man Informationen just in einem Vorgang zurückhalte, in den eine Firma verwickelt ist, die dem "Propagandaminister" Antal Rogán nahe steht.

 

Schiffer will erreichen, dass die Eximbank die genauen Daten der Firmen und Personen, die den Kredit-Tender zugesprochen erhielten veröffentlicht, aber auch die Namen derjenigen Verwantwortlichen in der Bank, die über die Vergabe entschieden haben. Außerdem will er wissen, welche Mitbewerber an der Ausschreibung teilnahmen und welche Bedingungen sie einreichten. Sollte es nicht möglich sein, die Vergabe von Geldern, für die letztlich der Steuerzahler haftet, transparent zu machen, "können wir das ganze Informationsfreiheitsgesetz (das ohnehin schon stark beschränkt wurde, Anm.) in den Müll werfen." so Schiffer.

Der Oppositionelle bezieht sich auf eine Recherche des Wirtschaftsmagazins Forbes, wonach der Kredit an die Firma GB & Partner ging, gemanagt von Ágoston Gubicza and Mihály Boris. Ersterer ist der Ehemann von Rogáns erster Frau, die beide auch Rogáns ältesten Sohn großziehen. Boris wiederum wohnt im selben Wohnpark, in dem auch Rogán und Eximbank-Abteilungsleiter András Puskás residieren. Forbes bemerkt außerdem, dass es ungewöhnlich sei, dass eine Projektausschreibung (es geht um Immobilienentwicklung) von solcher Größenordnung in nur sechs Tagen abgehandelt wird, womit man Mitbewerbern praktisch keine Chance gab.

Exportförderung für ausgewählte Gruppen

Die Eximbank ist ein eindrückliches Beispiel für jene Vorgänge, die man mit dem Begriff Mafiastaat zusammenfassen kann bzw. muss, weil sie am besten illustriert, wie staatliche Strukturen genutzt werden, um bestimmte wirtschaftliche Interessensgruppen zu begünstigen, unter formaljuristisch rechtmäßigen Umständen, weil man die anwendbaren Gesetze entsprechend angepasst hat.

Die
Eximbank wurde 2012 verstaatlicht Kapitalspritze 2015 und offiziell mit der Aufgabe betraut, die Exportaktivitäten von ungarischen kleinen und mittelständischen Unternehmen zu unterstützen, zu finanzieren und zu versichern sowie Investitionen im Rahmen der "Ostöffnung" finanziell zu begleiten.

Das tat man auch, allerdings bevorzugt in Länder, von denen kaum Offenlegungen der Aktivitäten und der dazugehörigen Player zu erwarten sind, weil diese noch korrupter sind als Ungarn. So wurden u.a.
180 Millionen Euro nach Albanien gepumpt, weitere Millionen gingen bzw. gehen nach Weißrussland, Aserbaidshan, Kasachstan, in die Ukraine, in der Türkei errichtete man sogar eigens eine Filiale.

Querfinanzierung für den klammen Staatshaushalt

Daneben mischt die Eximbank jedoch auch als Handlanger der Fidesz-kontrollierten Nationalbank, MNB, im
Geschäft mit Anleiheverkäufen, bevorzugt auf dem grauen und dem Sekundärtmarkt mit und streicht dabei für sich und etliche Vermittler großzügige Provisionen ein. Auch bei der Kofinanzierung von EU-finanzierten Projekten mischt die Eximbank mit, Projekte, die allesamt über den Tisch von Orbáns Kabinettschef Lázár wandern, ein Verfahrensweg, der die EU immer wieder zu kritischen Nachfragen und (lediglich) der Drohung von Mittelsperrungen veranlasste.

Millionen für Orbáns engste Freunde

Immer wieder in die Schlagzeilen geriet das Institut jedoch durch die Finanzierung von Unternehmen orbánnaher Geschäftsleute und Firmen. So beteiligte man sich direkt an der Übernahme des zweitgrößten,
privaten TV-Kanals des Landes TV2 durch ein Unternehmen von Orbán-Intimus und "Filmkommissar" Andy Vajna. Auch bei den Hotelprojekten, dem jüngsten Geschäftszweig von Orbáns Strohmann, dem Milliardär und Bürgermeister von Orbáns Heimatort Felcsút, Lörinc Mészáros, kümmerte man sich um Finanzierungslücken. Erst jüngst wurde bekannt, dass auch das gigantische Bauprojekt von Orbáns Freund István Garancsi, das einen 120-Meter-Wolkenkratzer mit einschließt, von der Eximbank kofinanziert wird, obwohl alle diese Projekte gar nicht in das Geschäftsfeld der Außenhandelsbank fallen.

Immer wieder Rogán

Am heftigsten von all diesen Beispielen erscheint jedoch die Finanzierung eines Kraftwerksbaus in Georgien im dreistelligen Millionenbereich, bei dem ein gewisser Anwalt Kertész eine Schlüsselrolle spielt, der sich, nach Recherchen einer unabhängigen Journalistengruppe, den Auftrag mit einer 5%igen Kick-Back-Zahlung honorieren ließ. Mit Kertész wiederum schließt sich der Kreis zu Minister Rogán, die beiden sind seit Jahren engste Geschäftspartner. Mehr zu diesen Geschäften
in diesem Beitrag.

EU ermittelt, Folgen sind kaum zu befürchten

 

Die Aktivitäten der Eximbank werfen indes ihre Schatten bis nach Brüssel, zum Einen, weil staatlich kontrollierte Banken, die die Aufgaben von normalen Geschäftsbanken übernehmen, eine Wettbewerbsverzerrung darstellen, die gegen die Prinzipien des gemeinschaftlichen Marktes verstoßen. Die Anleihekäufe stellen außerdem eine unzulässige Querfinanzierung dar, so lange man die Summen nicht über die Staatsschulden ausweist. Sprich: Ungarn nutzt öffentliche Gelder, um Schulden zu verheimlichen, weil sie sie in die Bilanzen einer Bank schreibt. Eurostat hat bereits angekündigt, die Staatsschuldenquote neu zu berechnen.

Lediglich hinweisen kann die EU indes auf den Umstand, dass die ungarischen Steuerzahler, also das Volk, für Ausfälle der Eximbank haftet, die Bereicherung der Nomenklatura also mitfinanziert und für Verluste im Notfall durch Steuererhöhungen ausgleichen muss. Eine Handhabe gegen dieses Geschäfts- und Politgebaren sieht man in Brüssel derzeit nicht. Zahnlose Anfragen oder Vertragsverletzungsverfahren, die ohne wirkliche Konsequenzen bleiben, weil sie durch einige formale Anpassungen von Gesetzen beendet werden können, werden Orbáns Günstlinge nicht davon abhalten, ihre Vorhaben fortzusetzen, Klagen von EU oder Opposition, hin oder her...

red.

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