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(c) Pester Lloyd / 01 - 2017    POLITIK     02.01.2017

"Ich bin Europas Feuermelder": Orbán kennt schon die Sieger und Verlierer von 2017

Erfolge, Versagen, Rebellion. Mit der Inbrunst eines Propheten erklärt uns Orbán die Welt und sich. Seine Prognosen vom Ende Europas und Amerikas - so wie wir sie heute kennen - wirken vor allem verstörend, wenn man seine Alternativen zwischen Orwell und Internierungslagern zu Ende denkt. Völkische Kleptokratien in dauerhaftem Alarmzustand als Zukunft Europas? Politische Führer, die ihr Volk und andere Völker aufwiegeln? Warum nicht, klappt doch auch in der Türkei, Russland und demnächst den USA?!

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"Ungarn ist eine Insel der Stabilität in einer aufgescheuchten westlichen Welt" und "unser Ziel wird es sein, Ungarn zu einem Gewinner-Staat zu machen." Diese Sätze stammen aus Orbáns "Jahresendinterview", das in jenen zwölf Regionalzeitungen erschien, die sein "Gutsverwalter" Mészáros
kurz vor Weihnachten erwarb und auf Orbán-Linie brachte. Wie bekannt, erlaubte sich ein "Krimineller" eigenhändige Änderungen und so erschien in einer der Zeitungen ein modifiziertes Interview - Auslöser für eine weitere Säuberungswelle.

 

Da Orbán sich “aus Sicherheitsgründen” an einen unbekannten Ort in den Urlaub begeben hat, war dieses Interview sozusagen auch sein Wort zum Jahreswechsel. Orbán sieht sich, seine Politik und damit sein Land - wenig überraschend - als Gewinner dieses Jahres 2016, entsprechend belehrend gibt er sich: Es sei "beispiellos, dass Christen im Herzen Europas zum Christfeste (Weihnachten, Anm.) ermordet werden", daher sei es "klar, dass nichts, was mit dem Vorgang der Einwanderer (Flüchtlinge, Anm.) zu tun hat, im kommenden Jahr so bleiben darf wie es war: Brüssel muss sich ändern."

Und wie? Orbán hat klare, martialische und daher bei seinen Anhängern genauso beliebte wie praktisch undurchführbare Vorstellungen: "... Menschen, die illegal Europa betreten haben, müssen zurück transportiert werden und das Eindringen muss gestoppt werden". Wenn nicht, würde Europa aus den Fugen geraten, schneller als viele denken. Orbán hätte am liebsten von EU-Truppen bewachte Internierungslager "in der Wüste Afrikas", wo man dann die "Wirtschaftsmigranten von den echten Flüchtlingen trennen könnte". Asylverfahren sollten dann in Libyen durchgeführt werden und "wenn ein Land Einwanderer will, kann es sie ja dort abholen."

2017 werde alles anders werden: Noch vor einem Jahr habe "niemand daran geglaubt, dass die Briten die EU verlassen" oder dass in "Amerika der Clinton-Clan und die Partei der traditionell links-amerikanischen Intellektuellen" (er meint wohl die Demokraten) "die Macht verlieren würden." Daran sei schon erkennbar, dass
eine "Rebellion im Gange" sei "zwischen den zwei weltweiten Demokratiemodellen" (liberale Nicht-Demokratie und illiberale Demokratie...), eine Rebellion, die sich 2017 fortsetzen wird, das zum "Jahr der Auflehnung" werden wird. Ungarn werde dabei ein Stabilitätsanker sein, denn hier habe man "auf die Meinung der Menschen gehört und das Land vor den Illegalen beschützt." Über Dekaden hatten die Ungarn immer das Gefühl, dass alles gegen sie läuft. Dieses Loser-Gefühl habe er beendet, er werde "Ungarn zu einem Sieger machen".

Wo Sieger, da auch Verlierer. Für Orbán kommt der "American Dream", bei dem "jeder glaubt, individuell in der Lage zu sein, sein eigenes Leben zu verbessern" genauso zu einem Ende wie der "Europäische Traum". Anstatt darüber nachzudenken, wie man immer mehr soziale Wohltaten verteilen könne, werde auch "in Westeuropa ein Gefühl der Austerität (strenge Sparpolitik) zur Norm". "Viele Menschen in westeuropäischen Städten fühlen sich nicht mehr sicher, die Kriminalität steigt, Terror ist immer wahrscheinlicher, das Selbstbewußtsein in der westlichen Welt sinkt." Über Jahrzehnte habe man dort "Massen von Einwanderern reingelassen, deren Integration" sei "gescheitert".

"Wirtschaftlicher Niedergang, Verbrechen, Terror, Einwanderung, die Unfähigkeit, ehrliche Worte zu finden und Entscheidungen zu fällen". Das seien die Gefahren für Europa. Schlimmer aber noch, dass diese westlichen Versager den Ungarn sagen wollten, was sie zu tun hätten. "Sie müssen akzeptieren, dass wir Ungarn Ungarn bleiben wollen", lies: nicht an der von einer dubiosen Weltregierung angeordneten "Umvolkung" teilnehmen. Ungarn werde nicht das Schlechte aus dem Westen übernehmen. Im übrigen hoffe er sehr auf die anstehenden Wahlen in Frankreich, Niederlande und Deutschland 2017 (Österreich 2018) und sieht dort die Kräfte, die er,
Trump und Putin an der Macht sehen wollen, die Oberhand bekommen.

Er, Orbán, scheint sich als europäisches Maß aller Dinge zu sehen, denn "Ich bin ein vorsichtiger Feuermelder und ich plane auf konservative Weise." Finanzielle, wirtschaftliche und physische Sicherheit für "mein Ungarn" gingen ihm über alles und außerdem habe er dafür gesorgt, dass sich ab 2017 "arbeiten wieder lohne".
Hat er das?

"Das Volk", also jene 2/3, die nicht als seine Fans zu bezeichnen sind, sehen nur, dass sich "arbeiten" vor allem für den Premier, seine Strohmänner, Günstlinge und ihre gesetzlich geschützten und judikativ unbelästigten Firmennetzwerke lohnt. Satte 800 Mio. Euro hat - um nur eine Person herauszugreifen - allein Orbáns "Gutsverwalter" Mészáros mit seinen Firmengeflechten 2016 an öffentlichen (auch EU-) Geldern abgegriffen.

 

Genau in diese Kerbe schlägt die parlamentarische Opposition. Die MSZP spricht von einem Jahr des "Versagens" der Regierung, "die in Korruption gefangen" ist. Die "Helikopter-Politiker" von Fidesz hätten jede Scham verloren und ließen das Hand vor die Hunde gehen. Das Gesundheitswesen, die Bildungspolitik seien ruiniert, gleichzeitig sichert man sich die Medienmacht, um die Menschen zu manipulieren.

Die LMP ergänzt, dass sämtliche sogenannte "Reformen", die Fidesz seit 2010 angestoßen habe, im Sande verlaufen seien oder sich gegen das Volk wandten. Die
bedingungslose Unterstützung der Multis auf Kosten des heimischen Mittelstandes sei so ein Beispiel dafür, dass Orbán seine eigenen Ideale verraten habe. Die hektischen Gehaltsanhebungen seien "zu wenig und zu spät", um die Fachkräftekrise aufzuhalten. Fidesz habe ökonomisch versagt und hat das Land von Multis und Fremdzahlungen (EU) abhängig gemacht, weil man sich nur um die eigene Schattenwirtschaft kümmert.

Die linksliberale DK spricht von 2016 vom Jahr der "weltweiten postfaktischen Politik und der realitätsfernen Politik in Ungarn". Nicht Ungarn würde stärker, nur Orbán, dessen Oligarchen und Strohmänner werden reicher, während die
Mehrheit weiter verarmt. Diese Regierung vertritt nicht die Interessen der Mehrheit der Ungarn, sie arbeitet gegen sie.

red.

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