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(c) Pester Lloyd / 03 - 2017    POLITIK     18.01.2017

Kampagnge gegen NGOs in Ungarn: Opposition fordert auch mehr Transparenz, aber für alle

Die parlamentarischen Oppositionsparteien reagieren ablehnend, aber unterschiedlich auf den Frontalangriff der Regierungspartei auf von Soros-Organisationen unterstützte NGO´s in Ungarn und die Ankündigung, diese "ausmerzen" zu wollen. Mehr Transparenz sei in Ordnung, müsse dann aber für alle gelten, die regierungstreuen Kampftruppen des CÖF und die Nationalbank-Stiftungen eingeschlossen. Die MSZP befindet, dass sich die Regierung aus der Zivilgesellschaft schlicht heraus halten solle und kündigte Widerstand an.

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Zu den CÖF-Protagonisten zählen u.a. der rechtsextreme Oligarch Gábor Széles (im Anzug) mit seinem Kolumnisten, dem Orbán-Freund, Fidesz-Mitgründer und Hassprediger Nr. 1 Zsolt Bayer (rechts daneben). Wenn “Zivil”-Organisationen für die Regierung marschieren, ist es ok, sind sie nicht auf Linie, handelt es sich um “vom Ausland finanzierte Staatsfeinde”...

Dabei kam es ein weiteres Mal zu einer informellen Kooperation der sich als grün-liberal bezeichnenden LMP und der sich bürgerlich gebärdenden, aber neonazistischen Jobbik. Nach einer gemeinsamen Sitzung der Fraktionsspitzen erklärten beide Parteien auf einer gemeinsamen Presserunde, dass man durchaus nichts dagegen habe, die Transparenzregeln für Zivilorganisationen zu verstärken - was dann aber für alle gelten müsste, nicht nur für eine von der Regierung willkürlich erstellte "Black List". Jobbik betonte noch, dass man den "ausländischen Einfluss" zurückdrängen müsse, LMP meinte, in einem vereinten Europa seien internationale Kooperation das Normalste der Welt.

Man zielt bei den Forderungen nach mehr Transparenz vor allem auf die Organisation CÖF, eine Art außerparlamentarische Pro-Regierungs-Kampftruppe, die mit orbántreuen Funktionären besetzt ist und in den vergangenen Jahren mit enormen Summen aus der öffentlichen Hand subventioniert wurde. Der CÖF-Chef ist im Hauptberuf Chef jener Behörde, die über die Verteilung von Steuergeldern an NGOs verfügt - was als besonders absurde Konstellation anzusehen ist.

Die Finanzen und Geldgeber von CÖF und zwei Dutzend weiterer regierungsnaher Organisationen sind
praktisch völlig uneinsichtig und ihr Gebahren erinnere an mafiöse Strukturen, zumal der CÖF eine eigene Wirtschaftstätigkeit betreibt. CÖF fällt vor allem durch Hetztiraden und Plakatkampagnen gegen die Opposition auf und veranstaltete in den Vorjahren auch die sogenannten "Friedensmärsche", bei denen "die Liebe des Volkes unseren Premier Orbán vor einem in Brüssel organsierten Putsch gerettet" habe, etc...

LMP und Jobbik weisen auch daraufhin, dass erhöhte Transparenzauflagen, wie sie die Regierung jetzt für die Leiter von NGO´s gesetzlich einfordern will, auch für Abgeordnete und Funktionäre gelten müssten und deren wirkliche Einkommens- und Vermögenslage spiegeln müssten. Zwar publiziert das Parlament jährlich deren selbst erstellte Erklärungen, diese sind jedoch wertlos, da die Auskunftspflichtigen schamlos lügen,
"vergessen" oder Werte an Familienmitglieder und Strohleute verschieben. Eine Auswahl der übelsten Ausreden finden Sie hier.

Die LMP hielt zudem fest, dass es falsch sei anzunehmen, dass NGOs in Ungarn wirklich das politische Leben beeinflussen würden, eher sei die Realität in Ungarn umgekehrt, da es die Parteien seien, die sich NGOs "halten", um damit die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Regierung suche nun lediglich ein Feindbild, NGOs hätten das Recht Meinungen zu äußern und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, sie seien ein unverzichtbares Moment der Demokratie und ein wichtiges Korrektiv. Scharf verurteilte man Äußerungen, die NGOs, die sich um Flüchtlinge kümmern, würden "mit Terroristen und Menschenhändlern" kooperieren,
wie Regierungssprecher Kovács kürzlich sagte.

 

Die sozialdemokratische MSZP blieb den Gesprächen von LMP und Jobbik, trotz Einladung fern, weil man befand, man wolle nicht "über die Köpfe der NGOs hinweg über deren Schicksal verhandeln". Das zeige die "gleiche Arroganz der Macht" wie sie Fidesz an den Tag lege. Die MSZP stehe auf dem Standpunkt, dass die Zivilgesellschaft frei wirken solle, ungestört von der Parteipolitik. Daher werde man die "Kampagne Orbáns" mit allen Mitteln - gerichtlich und bis auf EU-Ebene - bekämpfen und den Finger auf die "offene Regierungspropaganda des CÖF" legen, aber auch weiter gegen die Etablierung der Nationalbank-Stiftungen vorgehen, die mit 845 Millionen Euro Steuergeldern gegründet wurden und "klar eine Regierungsagenda verfolgen". Nationalbankchef Matolcsy verweigert jede Auskunft über die Mittelverwendung und beruft sich dabei auf die verfassungsmäßig garantierte "Unabhängigkeit der Nationalbank."

Hintergründe zu Strukturen und Finanzen des CÖF auch
bei "The Orange Files" (Englisch)

red.


46pllogo (Andere)
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