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(c) Pester Lloyd / 03 - 2017    POLITIK     20.01.2017

Selbstaufgabe der Demokraten: Auch Ungarns Sozialdemokraten legen sich auf Spitzenkandidaten 2018 fest

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Eine erfolgversprechende Wahlallianz der wichtigsten demokratischen Oppositionsparteien - Mindestvoraussetzung für die rein rechnerische Möglichkeit, Orbáns Fidesz von der Macht abzulösen - wird immer unwahrscheinlicher. Die Parteien kochen ihre eigenen Süppchen und präsentieren darin lauwarme Kandidaten. Die Grünen machen gar nicht mit und die Rechtsextremisten lauern auf ihre Chance.

 

Am Mittwoch zurrte das Präsidium der MSZP, neben Jobbik die parlamentarisch stärkste Opposition, ihren Vize und Bürgermeister von Szeged, László Botka einstimmig als Spitzenkandidaten für die Wahlen 2018 fest. Parteichef Molnár kommentierte die Ernennung noch mit den Worten, dass "die anderen Parteien und auch die Zivilorganisationen diese Rolle Botkas anerkennen" sollten, was nichts weiter hieße, als dass sie sich ohne Konsultationen der MSZP als führende Kraft der Opposition zu unterwerfen haben.

Mit Botka, der sich nur deshalb qualifiziert, weil er die letzte Komitatshauptstadt für die MSZP behaupten konnte, sonst aber zum alten Eisen der MSZP zählt, hat die linke Opposition bereits den dritten potentiellen "Spitzenkandidaten" im Rennen, nachdem sich zuvor DK und Együtt
auf Ex-EU-Kommissar László Andor verständigten, auch wenn diese Bestellung noch nicht amtlich ist. Auch der frühere Ombudsmann für Grundrechte, László Majtényi, der als oppositioneller Zählkandidat für die Präsidentenwahl im Früjahr durch das Parlament auftritt, wird von anderen liberalen und linken Gruppen als gemeinsamer Kandidat gehandelt, eine Idee, die aufgrund des MSZP-Alleinganges nun aber völlig obsolet erscheint.

Während die nach Rechts immer situationselastischer auftretende Ex-Grüne LMP auf ihrem Parteitag am Wochenende
gerade klar gemacht hat, das ihr keine andere Kraft einer Kooperation würdig erscheint und linke Kräfte ernsthaft darüber nachdenken, mit der Jobbik eine Wahlallianz zur Ablösung Orbáns einzugehen, dürfte sich eine Abwahl Orbáns für 2018 endgültig erledigt haben.

Die MSZP, die derzeit nicht mehr als rund 20% der Stimmen erwarten kann, glaubt im Namen ihres Kandidaten Botka, dass "die Mehrheit der Ungarn sich 2018 eine andere Regierung wünscht", - jedenfalls die Mehrheit der zur Wahl entschlossenen Wahlberechtigten
sehen das ganz und gar nicht so. Botka versprach auch, "nicht in die Welt zurückzukehren, die wir vor der Fidesz-Regierung 2010 hatten." Das ist natürlich nett von ihm, genügt aber zu Recht nicht, um wieder Vertrauen aufzubauen.

 

Trotz des MSZP-Alleinganges fordert Botka "gemeinsame Wahllisten" der demokratischen Opposition ein und sieht noch Möglichkeiten für einen "gemeinsamen Kandidaten", der nicht er sei, in einem "Vorwahlprozess", ähnlich dem US-amerikanischen Modell in allen 106 Wahlkreisen. Die DK von Ex-Premier Gyurcsány ließ ausrichten, dass man die Optionen kenne, man aber daran erinnern wolle, dass es zunächst eines gemeinsamen Wahlprogrammes bedürfe, bevor man das Volk um Zustimmung für einzelne Kandidaten bittet.

Wie es im Moment aussieht, wiederholt die Opposition ihre Fehler aus der Vergangenheit, d.h., es werden die Balztänze und Revierkämpfe bis kurz vor den Wahlen weitergeführt, dann in Toschlusspanik eine Allianz geschmiedet, die beim Wahlvolk keinerlei Glaubwürdigkeit erzeugt und so die notwendige Mobilisierung aus dem wahlentscheidenden Lager der Nichtwähler verpasst.

Orbán wird es recht sein, den Neonazis der Jobbik auch, die sich auf diese Weise ohne eigenes Zutun als einzig effektiv erscheinende Alternative präsentieren können, zumal die frühere klare Abgrenzung von dieser antidemokratischen Partei selbst bei der Linken immer mehr bröckelt.

Ob die Zeit noch genügt, dass sich Vernunft begabte Bürger (siehe z.B. Momentum oder die Rentnerpartei) zu einer völlig neuen Bewegung zusammenschließen, die genug Durchschlagskraft entwickelt, um die Wahlen durcheinander schütteln zu können, scheint sehr unwahrscheinlich. Ungarns Demokraten haben sich zum großen Teil schon selbst aufgegeben.

red.


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