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(c) Pester Lloyd / 04 - 2017    POLITIK      24.01.2017

"Es gibt keine Europäer": Orbán ruft neue Ära des Nationalismus aus

Der Amtsantritt Donald Trumps beflügelt Ungarns Premier Orbán bei seinem Projekt "neue Weltordnung". In einem glühenden Statement für Nationalismus entwirft er seine Vision: die Zerstörung Europas und der Demokratie, die Errichtung völkischer Ständestaaten. Orbán nimmt sich Trump, aber ebenso Putin, Erdogan, die chinesische Führung und andere Diktatoren als Vorbilder. Werden er und Rechtspopulisten seines Schlages in Europa, die Kraft haben das Projekt EU zu zerstören? Natürlich. Denn: die Menschen wollen offenbar Krieg.

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Auf einer von der Ungarischen Nationalbank MNB - selbst emblematische Institution der Orbánschen Kleptoktratie - organisierten Konferenz am Montag, entwickelte Orbán die als Rede behaupteten Wortfetzen Trumps bei dessen Amtseinführung geradezu euphorisch weiter, münzte sie auf seine Intentionen um. Europa solle "die Illusion des Föderalismus aufgeben", denn dieser mache den Kontinent "schwach und gefährdet nun sogar seinen Status als regionaler Player". Seine Ziele hätte die EU verfehlt, könne sich nicht verteidigen und stehe wirtschaftlich hinter vergleichbaren Regionen, z.B. in Asien zurück und habe es nicht einmal geschafft, den Euro als zweite Reserverwährung neben dem Dollar zu etablieren (was nicht stimmt, Anm.).

 

"Brüssel hat sich in einer Utopie versklavt", jener eines "supranationalen Europa", - ein Irrglaube, denn es gibt keine Europäer, nur europäische Völker. Die Schlussfolgerung daraus könne nur sein, dass übernationale Strukturen und Beziehungen nicht funktionieren könnten und man multipolare Strukturen anstreben solle, lies: die EU habe nur als Plattform für die Findung von Interessensgruppen unter den Nationen zu dienen, Orbán nennt die Visegrad-4 als Beispiel, nicht aber als Organisation, die in die Entscheidungen der Nationalstaaten einzugrifen habe. (Zahlen solle sie trotzdem, versteht sich)

Orbán geht davon aus, dass der Machtwechsel in den USA das "verkorkste" Freihandelsabkommen TTIP beendet, daher sollte man bald zu neuen, nun eben bilateralen Abkommen mit den USA kommen. Orbán bezog sich dabei auf Trumps "Schlüsselstatment, das genau zur richtigen Zeit" gekommen sei, nämlich, dass "jede Nation das Recht hat, zuerst an sich zu denken, bevor es an irgendwen anderen denkt." Damit sei klar: der Multilaterismus ist am Ende, die Ära bilateraler Beziehungen steht uns bevor.

Orbán wörtlich:  "Wir erhielten die Erlaubnis von der höchsten, weltlichen Regierung der Welt, dass auch wir das Recht haben, uns an erste Stelle zu setzen. Das ist eine großartige Sache: Eine große Freiheit und ein großes Geschenk." Laut Orbán sollte der bilaterale Gedanke nicht nur in der Ökonomie, sondern auch in den politischen und militärischen Beziehungen Vorrang haben. Die Nationen seien unterschiedlich, daher haben sie auch unterschiedliche Ansprüche. "Nicht jeder Anzug passt Jedem."

Orbán sieht in dieser "multipolaren" Welt China als einen "Fixstern, der die Weltwirtschaft auf Jahrzehnte hinaus dominieren wird" Dabei sei es wenig sinvoll, gute Beziehungen zu China anzustreben, in dem man den Chinesen jeden Tag eine Lektion in Sachen Menschenrechte erteile. Ebenso Russland: ein Land, dass "westlicher Quarantäne und Versuchen, das Regime zu stürzen, widerstanden" habe. Doch weder die künstlich niedrig gehaltenen Ölpreise, noch die Sanktionen, noch die Aktivitäten von aus dem Ausland beeinflussten NGO´s hätten gefruchtet, woran man erkenne, dass Nationalstaaten stärker seien als multinationale Konstrukte, in denen Schwächere von Stärkeren ihren Willen aufgezwungen bekommen. Es sei sinnlos, die Macht Russlands und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, zu ignorieren.

Weniger Europa auf der einen Seite, jedoch "mehr europäisches Selbstbewußtsein" auf der anderen Seite. Für Orbán sei die Schaffung einer europäischen Armee, "die ohne äußere Unterstützung" in der Lage sein muss, den Kontinent zu verteidigen, essentiell. Große Hoffnung setzt er dabei auf "den hoffentlichen neuen französischen Präsidenten Francois Fillon", dessen Aufgabe es dann sein wird, ein Gegengewicht zur deutschen Kanzlerin Merkel zu schaffen.

Mit einem (sicher ihm nicht bewußten) Hitler-Zitat bewertete er die unterschiedlichen Ansätze in Europa zum Thema Flüchtlinge und Einwanderung. Wo immer Einwanderer auftauchten, steige umgehend die Kriminalitätsrate. Die Antwort auf unsere demographischen Probleme dürfe nicht in der Ansiedlung von Fremden liegen. Einwanderung sei nie die Lösung. Und dann kommt es: "Eine Nation, die unfähig ist, sich selbst zu erhalten, verdient es nicht zu exisiteren." Das ist eine 1:1 Übernahme des völkischen Wolfsgesetzes der Nationalsozialisten.

In der Rede durfte natürlich auch die Lobeshymne auf die vermeintliche "ökonomische Erfolgssgeschichte", die Ungarn, Dank seiner so weisen wie kreativen Führung erlebe. Von der haben zwar nur Multis, die oberen 30% und seine Günstlinge etwas, dennoch sei sie beispielhaft. Vier Elemente seien für den Erfolg verantwortlich: politische Stabilität, strikte Haushaltsdisziplin, eine auf Arbeit ausgerichtete Gesellschaft anstelle einer Wohlfahrtsgesellschaft und die Öffnung gen Osten. Freilich ließ er das fünfte Element unter den Tisch fallen: die quasi unkontrolliert fließenden EU-Milliarden...

red.

Orbáns Visionen: Die Menschen wollen Krieg - KOMMENTAR

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Orbán, ein Wahngetriebener. Dabei eiskalt kalkulierend. Klassisches Profil eines politischen Psychopathen. Er sieht sich längst nicht mehr nur als der unumschränkte Führer, ja Besitzer seines Landes, er strebt nach Weltgeltung und möchte Vorreiter einer Bewegung sein, die der Selbstbestimmung der Menschen ein Ende setzt.

 

Das Trugbild einer "nationalen" Vorsehung triumphiert über die individuellen Rechte des Bürgers. Dieser geht in einer instrumentalisierbaren und manipulierten Masse auf, weil ihm Demokratie und Selbstverantwortung zu kompliziert, ja unmöglich erscheinen. Dabei ist dem “Neu-Bürger” jede Verschwörung Recht, die das eigene Scheitern, die eigene Bequemlichkeit und Beschränktheit erklären und entschuldigen helfen. Das Leben muss doch einen Sinn haben und sei es jener, sich als Betrogenen zu inszenieren. Der “Mainstream” liefert dafür massenweise Stichworte.

Nur so, mit einfachen Versprechungen, Manipulation, Feind- und Angstbildern können unsäglich primitive, zynische, menschenfeindliche Gestalten wie Trump, Orbán, Erdogan und deren so lächerlich wie gefährlich wirkende Fans von Front National, über AfD bis FPÖ ihre Macht behaupten bzw. ihren Aufstieg organisieren.

Wohin dieser Weg führen wird, ist jedem halbwegs gebildeten Menschen klar - Beschränktheit gilt als Ausrede nicht. Systeme, die aus feindlicher Abgrenzung geschaffen werden, treten irgendwann in Kriege ein. Das ist unausweichlich.

Beschaut man sich die "neue Welt" der Orbáns, Trumps und den ihnen folgenden Massen, bleibt nur ein fürchterlicher Schluss: die Menschen wollen offenbar Krieg. Die einen aus Kalkül, die meisten aus perspektivloser Verzweiflung, doch viele auch, - vor allem in Europa - aus purer Sattheit, Ignoranz und Langeweile.

ms.



46pllogo (Andere)
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