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(c) Pester Lloyd / 08 - 2017    GESELLSCHAFT      22.02.2017

Orbán zieht Notbremse: Ungarn beerdigt Pläne für Olympia 2024 in Budapest

Offiziell will man einen "Prestigeverlust" und eine aufwendige, durch "Politisierung verratene" Bewerbung abwenden, inoffiziell muss Orbán unter allen Umständen ein Referendum verhindern, dass als Abstimmung gegen seine Politik des politischen Größenwahns und der institutionalisierten Günstlingswirtschaft interpretiert werden könnte.

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Die Regierung Orbán und der Budapester Bürgermeister Tarlós haben auf einer Sitzung am Mittwochnachmittag entschieden, die Bewerbung für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 zurück zu ziehen. Offizielle Begründung: Würde man gegen die Konkurrenz (Los Angeles und Paris) bei der Vergabe am 11. September in Lima verlieren, würde das "einen schweren Prestigeverlust" für das Land darstellen. Daher habe man die "verantwortungsvolle Entscheidung getroffen auf einen langwierigen Wettbewerb zu verzichten".

Die Entscheidung war zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels (Mittwoch 22.00 Uhr) noch nicht offiziell verkündet worden, offiziell will man morgen (Donnerstag) einen entsprechenden Antrag in der Budapester Stadtversammlung einbringen, über den am Freitag abgestimmt werden soll, womit auch der Eindruck verstärkt werden soll, die
von einer oppositionellen Bürgerbewegung niedergerrungene Olympia-Bewerbung, die binnen 30 Tagen 20% der Budapester Wahlberechtigten mobilisieren konnte, sei nie Sache der Zentralregierung, sondern eine Angelegenheit allein der Stadt Budapest gewesen. UPDATE: Mittlerweile hat die Regierung eine “Empfehlung” an die Stadtverwaltung publiziert, hier in englischer Sprache.

Orbán ließ zuvor ausrichten, dass er gehofft habe, Olympia zu "einer nationalen Angelegenheit" zu machen, doch "leider", hätten Oppositionskräfte sie gekapert und zu einer "parteipolitischen Angelegenheit" gemacht. Fidesz-Größen sprachen von Olympia-Gegnern sogar von "Landesverrätern". In das Horn stieß auch IOC-Präsident Bach, der nach Bekanntwerden des Erfolgs der Unterschriftensammlung "bedauerte", dass die Frage von Olympia "politisert" wird. Zu den Sorgen um forcierte Korruption sagte er freilich nichts.

Der NOK-Chef Borkai hofft, bald doch noch einmal "Einigkeit zwischen Politik und Gesellschaft" zu schaffen, um "bald Olympische Spiele in Ungarn ausrichten zu können". Ein Wunschtraum, der indes in sehr weite Ferne gerückt sein dürfte. "Eigennützige politische Interessen" hätten den "Traum vieler Menschen zerstört" und gezeigt, dass "diesen Kräften nicht einmal die ungarischen Sportler es wert sind", für ein solches Event zu kämpfen.

 

Das Hauptmotiv des Regierungschef, Olympia abzublasen, liegt freilich darin, unter allen Umständen ein wahrscheinlich erfolgreiches Referendum zuzulassen, dass als Abstimmung gegen seine Politik des politischen Größenwahns und der institutionalisierten Günstlingswirtschaft interpretiert werden könnte, - und das nachdem, seine Fidesz-Maschinerie nicht einmal in der Lage war, ein gültiges Referendum in der Flüchtlingsfrage zu Stande zu bringen.

Dass die Anti-Olympia-Bewegung sich zu einer Anti-Orbán-Bewegung auswächst, das musste um jeden Preis, auch um den eines kurzzeitigen "Gesichtsverlustes" verhindert werden. Ein Referendum würde durch den Rückzug Budapests als Bewerberstadt obsolet. Dennoch ist Orbáns ungefährdet scheinende Allmacht angekrazt, haben ja ein paar "Spontis" bewiesen, wie man anhand konkreter Sachthemen eine schlagkräftige Gegenbewegung entwickeln kann. Ein Fanal, das Orbán auch mit der Olympia-Absage zwar abschwächen, nicht aber ungeschehen machen kann.

Die oppositionelle LMP fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die Verwendung von bisher mindestens 32,4 Millionen EUR für die Bewerbung erklären soll.

red.


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