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(c) Pester Lloyd / 12 - 2017    POLITIK      23.03.2017

"Hoffnung Trump": Ungarn buhlt um Gunst der US-Administration

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó hielt sich diese Woche in Washington auf. Bei seinem letzten Besuch wurde er noch wie ein lästiger Pizzabote am Lieferanteneingang abgefertigt, diesmal ist er Teil der Koalition der Trump-Verehrer und er sparte auch nicht mit Fan-Gesängen. Orbán erhofft sich Unterstützung für seinen Anti-Europa-Kurs, muss aber zwischen allen Fronten lavieren.

1713szijjartoUSAOffizieller Hauptgrund der Reise war ein NATO-Meeting für Außenminister, doch dem ungarischen Chefdiplomaten ging es vor allem um das Knüpfen enger Kontakte zur Trump-Administration, in die Premier Orbán große Hoffnungen bei seinen Anti-EU-Ambitionen sowie der Verschärfung der Asylpolitik setzt. In Trump sieht Orbán den
Messias einer neuen Weltordnung und wünscht sich nichts sehnlicher als ein baldiges Treffen.

Besondere Beachtung schenkte man dabei einem Treffen Szijjártós mit Trumps ungarischstämmigen Sicherheitsberater Sebastian Gorka, der als führendes Mitglied einer rassistisch-antisemitischen Geheimorganisation gilt (und deren Abzeichen des Vitez-Ordens auch schon vor offener Kamera trug) und u.a. für Fox-News und Breitbart arbeitete. Der in London geborene Gorka, Kind von 1956er Flüchtlingen, diente Orbán früher als Berater und dem ersten Nachwende-Premier József Antall im Verteidigungsministerium. Er gilt als Washingtons einflussreichster Mann in Budapest und soll nun die neue Achse Trump-Orbán politisch nutzbar machen.

Außenminister Szijjártó legte beim offiziellen Treffen die üblichen Bekenntnisse zur NATO als dem einzig die Sicherheit Europas garantierenden Bündnis ab und versprach eine Aufstockung der ungarischen Truppen im Irak von 150 auf 200, wollte aber keine konkreten Zugeständnisse hinsichtlich erhöhter Militärausgaben machen - was für die Amerikaner das zentrale Thema ist. Außerdem drängte er auf die forcierte Erweiterung der NATO und brachte dabei u.a. die Länder Mazedonien, Moldawien und selbst Georgien ins Spiel - für Ungarn ein heikles Pflaster, weil man sich damit automatisch Ärger mit Moskau einhandelt, von dem u.a. durch den AKW Paks II Deal (10 Mrd. EUR-Kredit) ökonomisch und politisch abhängig ist.

Die USA insistierten auf eine Erhöhung des Rüstungsbudgets auch in Ungarn und NATO-Funktionäre stellten dem ungarischen Gast - hinter verschlossenen Türen - einige drängende Fragen nach teils intensiven Kontakten ungarischer Offizieller nach Russland, bis hinein in Geheimdienstkreise, die in Ungarn schalten und walten könnten wie sie wollten. Die Ungarn haben mit gewisser Gelassenheit darauf reagiert, da man die gleichen Fragen auch an das Trump-Team stellen könne. Alles Weitere sei mit dem Stichwort "pragmatische Beziehungen" erklärt.

Szijjártó eröffnete außerdem das neue Botschaftsgebäude Ungarns in Washington (siehe Foto oben, MTI), das als "Symbol für eine kommende Erfolgsgeschichte" stehen möge. Szijjártó freut sich darauf, dass "Trump Amerika größer und sicherer machen" wolle, was die ganze Welt "größer und sicherer" machen werde. "Das Zeitalter der Heuchelei und politischen Korrektheit" sei vorbei, die "Welt erlebe einen Neustart", plapperte Szijjártó die Worte seines Premiers Orbán nach. "Trumps Verhältnis zu Ungarn wird viel konstruktiver sein" als das der vorangegangenen Obama-Regierung.

Der Westen müsse sich im Kampf gegen den IS einig sein und in diesem Zusammenhang (Flüchtlinge = Terroristen, Orbán) seien die US-amerikanischen Anstrengungen zum Grenzschutz "nur natürlich". Auch unter "harschester Kritik" halte Ungarn daran fest - ebenso wie Trump für die USA - dass die "Sicherheit der Nation und der Bürger an erster Stelle zu stehen hat" und "illegale Einwanderung" zu verhindern ist.

Auf einem weiteren Treffen mit Wirtschaftsvertretern pries Szijjártó die kommenden "Änderungen in der amerikanischen Wirtschafts- und Handelspolitik", die "positive Effekte" haben solle. Worin für Ungarn die mögliche Einführung von Strafzöllen und die Auftürmung von Handelsbarrieren liegen solle, ließ der Gast offen.

 

Gleichzeitig zu den Events in Washingtion hielt die NATO ein informelles Seminar in Budapest ab, das vor allem der inneren Einheit der Mitgliedsländer dienen sollte. Neben der Türkei als derzeit größtem Störfaktor des Bündnisses, sind auch die Themen Osterweiterung sowie die Positionierung gegenüber Russland bzw. der Ukraine Reizthemen, zumal viele NATO-Partner durchaus irritiert über die Trumpschen Signale und die mutmaßlich engen Kontakte seines Teams zum globalen Hauptrivalen sind.

Die US-Delegation bearbeitete die rund 350 Konferenzteilnehmer dabei gezielt und lockend mit der Forderung, die Verteidigungshaushalte spürbar zu erhöhen und dies möglichst mit der Beschaffung neuer Waffensysteme natürlich aus US-Fabriken zu verknüpfen. Steuergelder für überteuerte und sinnlose Dinge auszugeben und dabei von gewissen Kick-backs zu profitieren, ist nicht nur ein Verteilungssystem, das in Ungarn auf offene Ohren stößt, sondern hier geradezu perfektioniert wurde.

red.


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