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(c) Pester Lloyd / 14 - 2017    GESELLSCHAFT      08.04.2017

Ein "Judenstern" für Orbáns Kritiker: Debatte zum Anti-NGO-Gesetz in Ungarn

Das seit Monaten geplante Gesetz würde eine Zwei-Klassen-Zivilgesellschaft schaffen. Reine Binnen-NGOs, die Zugang zu staatlichen Förderungen hätten sowie NGO´s, die aus dem Ausland finanziert werden und sich deshalb "gesondert registrieren lassen müssten als ausländische Organisationen". Das Gesetz diene dem "Schutz Ungarns", sagt die Regierung. Von Ablenkung und einem inakzeptablen Eingriff in die Freiheit spricht die Opposition.

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Demonstration gegen das CEU-Gesetz, Demonstration für Freiheit. Die Attacken gegen die NGOs sind nur eine Fortsetzung der Politik gegen die Zivilgesellschaft in Ungarn.

Die Maßnahme diene dazu, dass "Ungarn sich schützen" könne, so Fraktionsvize Gergely Gulyás nach informellen Gesprächen mit den anderen Parlamentsparteien über das geplante NGO-Gesetz. Die Wähler hätten das Recht, zu erfahren, welche ungewählten Organisationen, die versuchten Einfluss auf die ungarische Politik nähmen, von wo finanziert würden. Dabei wolle man eine Grenze ziehen, auf die Liste der "Auslands-NGOs" würden nur jene Organisationen kommen, die im Jahr mehr als 7,2 Mio. Forint, rund 23.000 EUR aus dem Ausland erhalten.

 

Diese wären dann auch automatisch von Finanzierungen aus ungarischen Steuermitteln ausgeschlossen. Da fast alle maßgeblichen NGO´s auch aus ungarischen Steuermitteln zu einem kleinen Teil kofinanzierte EU-Projekte umsetzen (oder solche aus dem Norwegen-Fonds), würde die Maßnahme etliche Projekte still legen, die Arbeit vieler Gruppen gänzlich unmöglich machen.

Laut Gulyás ist nun eine "schnelle Umsetzung des Gesetzes notwendig, denn die Soros-Gruppen verstärken ihre Angriffe auf Ungarn", mit dem Ziel "unseren Grenzschutz zu zerstören und den freien Einfall von Einwanderern in unser Land zu ermöglichen." Diese NGOs würden "
Einwanderer ermutigen, unsere Gesetze zu brechen."  Das "ungarische Volk soll wissen, von wem diese Leute finanziert werden, sei es nun von Soros, Russland oder einem EU-Mitglied".

Die Opposition von demokratisch bis neonazistisch, lehnt das Gesetz rundweg ab. Die sozialdemokratische MSZP gab zu Protokoll, dass man bei "der Diskriminierung der Zivilgesellschaft nicht mitmachen" werde. Orbán habe Angst "vor Allem und Jedem", das "nicht seiner Meinung" ist. "Diese Regierung toleriert keine Kritik" und geht gegen "Kritiker mit administrativen Maßnahmen vor" - Orbán "spiele auf dem Niveau von Putin" und greife die "Freiheit an".

Jobbik, sonst die ersten, die vor "fremden Mächten" warnen, behauptet sich in seiner neuen Rolle der Kreidefresser und sieht die Regierung Orbán "durch das kreieren von Feinden Hysterie unter den Bürgern schüren". Der Punkt sei, dass das "hektische und fehlerhafte Gesetz" gar keine "Transparenz über die NGO´s" schaffe. Man sei zwar offen, für eine "generelle Neuregelung des Zivilgesellschaftssektors", dabei "stellt es aber kein Problem dar, ob eine NGO auch Geld aus dem Ausland erhält." (Anm: Jobbik-Strukturen stehen unter dem Verdacht, massiv aus Russland finanziert zu sein).

Die mittig bis grün veranlagte LMP nannte die Fidesz-Initiative ein "kleines Drecksgesetz", das keine Transparenz schafft, dafür einen "Gelben Stern" (lies: Judenstern) auf die Namen einiger NGOs heftet, die der Regierung bei der Korruption auf die Finger schauen. Das Gesetz und die Debatte um die NGOs sei nur wieder eine Ablenkung, u.a. von der Zerstörung des Gesundheitswesens, der Demokratie und der systematischen Korruption.

 

Alle drei Parteien verlangten von Fidesz wiederholt, sie solle endlich die Finanzquellen der Fidesz-treuen Vorfeldorganisation CÖF (Bürgereinheitsforum, hier mehr zu deren Strukturen) offenlegen. Der wahre Betrug, nämlich die Vermischung von Zivilgesellschaft und Amtsstrukturen sowie der Missbrauch von Steuermitteln für propagandistische Zwecke, die Manipulation der politischen Willensbildung und sogar für mafiaartige, wirtschaftliche Betätigungen, finde nämlich dort statt und nicht bei den NGOs.

Amnesty, Tranparency, Helsinki, Greenpeace oder TÁSZ, haben seit der Wende einen großen Anteil an der Demokratisierung Ungarns und sind heute - im Zusammenspiel mit den weniger werdenden unabhänigen Medien - faktisch das einzige Korrektiv zur Orbánschen Autokratie, das den Bürgern die Augen für Fehlentwicklungen öffnet. Und genau darin liegt auch das Motiv, diese Organisationen aus dem Land zu fegen, sie "
auszuradieren"

red.

46pllogo (Andere)
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