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(c) Pester Lloyd / 14 - 2017    POLITIK      03.04.2017

Selbstjustiz, Rassismus oder Bandenkrieg? "Ungarn" verüben Pogrom an Roma in Rumänien

Im rumänischen Gheorgheni, einer überwiegend von ethnischen Ungarn (Székler) bewohnten Kleinstadt in Siebenbürgen (Ungarisch: Gyergyószentmiklós) ist es am vergangenen Freitag zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Angehörige der Roma-Minderheit gekommen. Angeblich wehrten sich "Bürger gegen Zigeunerterror", doch die Aufklärung wird unterdrückt.

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Foto der Ereignisse von der “Siebenbürger Chronik”, einem rumänischen Newsportal in ungarischer Sprache. Der dazugehörige Beitrag.

 

Die Behörden mühten sich zunächst, die Vorfälle unter den Tisch zu kehren, sowohl Bürger als auch Polizisten hinderten Medienvertreter massiv an der Berichterstattung.

Bekannt und durch mehrere Quellen bzw. Behördenmeldungen verifiziert ist bisher:

- am Freitagabend wurden in Gyergyószentmiklós an fünf verschiedenen Orten Roma-Familien in ihren Häusern von mehreren Gruppen Angreifer attackiert und aus ihren Häusern gezerrt

- mehrere Häuser brannten bis auf die Grundmauern ab, es gibt mehrere Verletzte, ausschließlich unter den Angehörigen der Roma

- die Polizei spricht davon, die Identität der Täter nicht zu kennen, sie sucht nach "ca. 20 bis 30 Personen"

- Seit dem Vorfall patroullieren Polizisten einer Spezialeinheit, die Kommunalverwaltung hat eine Krisenkomission gebildet

- Feuerwehrfahrzeuge wurden mehrere Minuten an der Zufahrt zu den brennenden Häusern berichtet

Vertiefend berichtet Boróka Parászka, Mitarbeiterin des Radios Marosvásárhely/Târgu Mureș, die auch für ungarische, unabhängige Medien tätig ist in einem Bericht, den der
Blog Pusztaranger auf Deutsch publizierte: Nach ihrer Darstellung hätten organisierte Schlägerturpps unter Anfeuerung und Beifall zahlreicher Einwohner mehrere Roma-Familien aus ihren Häusern getrieben. Frauen und Kinder wurden vor der versammelten Menge geschlagen, die Männer ließ man in einer Reihe niederknien. Die Häuser zündete man an. Ungebetene Zeugen, vor allem Journalisten wurden vertrieben, es dauerte Stunden bis die überforderte oder unwillige örtliche Polizei Verstärkung erhielt, um dem Treiben ein Ende zu setzen.

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Am Tag danach. Foto: Szatmar.ro

Der Vizebürgermeister von Gyergyószentmiklós, der ebfenalls der ungarischen Minderheit (in diesem Ort die Mehrheit) angehört, István György erklärte, dass er die "Situation bedauert", es sei ihm "unangenhem", doch "leider gab es in letzter Zeit zunehmende Aggression (seitens der Roma, Anm,) und eine Reihe von Diebstählen". Anwohner sagten gegenüber lokalen hungaro-rumänischen Medien zudem aus, dass sie "seit Monaten in Angst leben, die Zigeuner terrorisieren die Nachbarschaft", nun "wollten man eben auch mal die erschrecken".

 

Was der wirkliche Auslöser dieser Angriffe war, ist bis dato nicht zu verifizieren. Die Rede ist von seit langem aufgestauten bzw. befeuerten Spannungen zwischen "weißer Mehrheit" und Roma-Minderheit, das Stichwort Selbstjustiz fällt, mit der man sich gegen "Belästigungen" seitens der "Zigeuner" wehrt, es geht die Angst vor einem Flächenbrand um, da ähnlich angespannte Konstellationen zwischen den Gruppen auch in anderen Orten bestünden. Allerdings spricht man auch von Verteilungskämpfen im Drogen- und Schmuggelgeschäft sowie von privaten Auseinandersetzungen zwischen "ungarischen" Bandenchefs und "Gipsy-Kings", also Milieukrieg.

Die Vorfälle erinnern frapant an die Ausschreitungen im ungarischen Gyöngyöspata 2011. Sowohl das Aufstauen von Spannungen zwischen den sozial inkompatiblen Bevölkerungsgruppen, aber auch das Auftreten der "Bürgerschützer" und die Passivität der Behörden (sowohl Mangel an Prävention, sowie unterlassene Hilfeleistung bei der Eskalation) sind vergleichbar.
Hier mehr dazu.

red.

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