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(c) Pester Lloyd / 18 - 2017    POLITIK     02.05.2017

Ankündigung eines Staatsstreichs: Was die Krawalle in Mazedonien mit Ungarn zu tun haben

Ungarns Außenminister verteidigte den Sturm auf das mazedonische Parlament vorige Woche. Er wäre Ergebnis westlicher, Soros-typischer Einmischung. Die Parallelen sind eklatant: Ex-Premier Gruevski ist die balkanesische Blaupause von Orbán. Was für den einen die Flüchtlinge, sind für den anderen die Albaner. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Im Falle eines Machtverlustes würde er genauso ins Gefängnis wandern wie sein ungarischer Ziehvater. Gewaltlos werden Beide nicht von der Macht lassen.

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“Besorgte Bürger” stürmen das Parlament in Skopje, für Ungarns Außenminister eine legitime Folge eines unerwünschten Machtwechsels...

 

Kurz ein Überblick: Seit Januar 2016 ist Emil Dimitriev kommissarischer Regierungschef in Mazedonien, nachdem sein VMRO-DPMNE Parteikollege Nikola Gruevski, seit 2006 im Amt, zurückgetreten war, um sich aus der Schusslinie von Protesten und Strafverfolgung zu nehmen. Die VMRO-DPMNE, zunächst eine Art CDU, jetzt eher mit Fidesz vergleichbar, hat 51 Stimmen im Parlament, die sozialdemokratische Liga Mazedoniens, SDSM, 49, die offene Albanerpartei, Demokratische Union für Integration, 10 Stimmen. Kein Lager kommt auf eine absolute Mehrheit, weitere acht Stimmen werden von drei Kleinparteien gehalten.

Aufgrund dieser Konstellation und der totalen Verfeindung der beiden Lager, ist der Staat seit Ende 2015 stets am Rande der Unregierbarkeit. Am vergangenen Donnerstag forcierte Gruevskis Gegenspieler, Zoran Zaev, mit seinem SDSM und den Stimmen der Albanerparteien einen neuen Parlamentspräsidenten, Talat Xhaferi, von der Union für Integration. Die Demonstranten, denen direkte Verbindungen zu Gruevski zuzuordnen sind, sehen darin den Versuch, Mazedonien zu einem "multiethnischen Staat" umzuformen, wobei der Westen und Soros mit an den Schrauben drehen, was zunächst absurd erscheint, da Gurevski und seine Partei die eigentlichen Ziehkinder der EVP waren, um das bettelarme Land auf den Weg in NATO und EU zu führen.

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Sozialistenchef Zaev eines der Opfer

Doch Gruevski hat ein Problem, ach was, hunderte: er ist korrupt bis auf die Knochen, hat Mazedonien von einem informellen in einen quasi-amtlichen Mafiastaat transformiert und seine Partei von pro-europäische-konservativ auf populistisch-rassistisch getrimmt. Es ist die gleiche Transformation, die Orbán durchmachte. Sollte seine Partei die Macht verlieren, wäre eine Prozesslawine die Folge, die ihn und etliche seiner Gefolgsleute ins Gefängnis brächte. Deshalb malt er das Gespenst eines Großalbanien an die Wand, das Mazedonien und das Vermächtnis Alexander des Großen verschlingen wolle. Personenkult, Hassrhetorik und Heldenverehrung in aberwitzigem Ausmaß sind die Randerscheinungen dieser Politik, Spaltung und die Gefahr von Bürgerkrieg die Gefahren.

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Hat mit alle dem nichts zu tun... Ex-Premier, EVP-Ziehkind und Orbán-Favorit Gruevski

Die EU-Einmischung ist durchaus vorhanden. Man legte Grusevski Ende 2015 dringend vorgezogene Neuwahlen nahe, denn, nachdem sein Kontrahent Zaev eine Reihe von Videos veröffentlichte, die die Korruptheit des Gruevski-Clans offenbarten, wurde das Land durch Proteste fast unregierbar. Stabilität sollte einkehren und eine unabhängige Institution, ähnlich der sehr erfolgreich agierenden DNA in Rumänien, die Korruption aufarbeiten. Das Volk hat gewählt, aber eben nicht so wie sich das der Langzeitpremier vorgestellt hatte. Das Dauerpatt im Parlament zermürbte Land und Leute.

Als die VMRO-DPMNE 2016 mehrfach an einer Mehrheitsbildung scheiterte, wäre, laut Verfassung, die SDSM als zweitstärkste Partei am Zuge gewesen. Diese sicherte sich die Unterstützung der Albanerparteien, doch - und das ist praktisch ein Putsch - der von der VMRO-DPMNE installierte Staatspräsident George Ivanov verweigerte die Vereidigung, mit der Begründung, so würde die Gefahr einer "Albanisierung" Mazedoniens bestehen.

Die Vorgänge erinnern an Ivo Sanader in Kroatien, der schon im Knast sitzt, an Victor Ponta in Rumänien, bei dem nicht mehr viel für die Einlieferung fehlt und an die unausweichliche Zukunft eines Viktor Orbán in Ungarn. Besser gesagt, erinnerte uns dieser Tage sein Außenminister daran. Er fühlte sich durch die gewaltsamen Krawalle in Skopje bemüßigt, vor einem Machtwechsel - sei er auch demokratisch zu Stande gekommen - zu warnen, denn dieser würde nur im Chaos enden. (Hier die
Originalmitteilung auf Englisch auf der Webseite der ungarischen Regierung)

Die angewandte, alternative Logik ist in gewisser Weise beeindruckend: "Was die Welt in Mazedonien jetzt sehen kann, ist ein Beispiel dafür, welche Gefahren permanente ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes haben." Nicht, dass die Orbán-Partei sich nicht auch beständig in die Wahlkämpfe in der Slowakei oder Rumänien einmischt, aber da geht es ja schließlich um die "richtige" Partei und Politik.

 

"Mazedonien hatte eine stabile Regierung, die fünf aufeinanderfolgende Wahlen gewann." (Also fast wie in Ungarn). "Dann aber, in den letzten zwei, drei Jahren gab es permanente Einmischungen, über Botschaften, die Interessen von tausenden Kilometern entfernten Regierungen vertreten, Organisationen von George Soros organisierten Anti-Regierungs-Operationen..." (also genau wie in Ungarn) "und die Minderheitspartei nahm Befehle aus Nachbarländern (Albanien, Anm.) entgegen." (auch wie in Ungarn, denn die "Linke" ist die 5. Kolonne von Soros, der Hochfinanz, der Brüsseler Bürokraten, also des Teufels schlechthin).

Ein Machtwechsel, sei er auch durch das Volk in Wahlen gewollt, ist also nichts Gutes und sei der Premier auch korrupt. Denn "All das hat zu Instabilität, Chaos und Gewalt geführt." Das hätte nicht sein müssen, wenn die die Sozis nicht darauf bestanden hätten, sich in die Politik einzumischen und die Macht der Fidesz-Freunde in Mazedonien anzugreifen. Ein Mob von hunderten Menschen hat das Parlament gestürmt, Abgeordnete, Sicherheitskräfte, Journalisten verletzt. In der Sicht des ungarischen Außenministers ist das eine legitime Bürgerbewegung, einzig, um die Stabilität, die Soros und seine Handlanger erschüttert haben, wieder herzustellen.

Diese Äußerungen sind ein klarer Hinweis darauf, dass Orbán und Fidesz dereinst nicht gewillt sein werden, die Macht in Ungarn friedlich abzugeben. Das ist die Bedeutung des Statements des Außenministers, es ist nicht weniger als die Ankündigung eines Staatsstreichs.

Zum Thema:

Ungarns Grenzzaun zu Serbien stürzt Mazedonien ins Chaos, Hochkonjunktur für lokale Schlepper (2015)

Die goldene Perspektive? Chef der Albaner-Partei über die EU-Perspektiven von Mazedonien und dem Balkan (2013)

Mörder oder Dschihadist? Religiös motivierte Spannungen in Mazedonien nehmen zu (2012)

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