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(c) Pester Lloyd / 08 - 2018     POLITIK       19.02.2018


"Stop Soros!": Wahlkampf gegen Menschenrechte - "Judenstern" für NGOs in Ungarn

In der vergangenen Woche hat die Regierung das offiziell mit "Stop Soros!" betitelte Gesetzespaket im Parlament eingebracht. Das Werk hat zwei Aufgabenfelder: Propaganda für die völkische Opferidologie des Fidesz mit Blick auf die Wahlen im April sowie eine weitere Einschränkung des Wirkungskreises von NGOs bis hin zum Verbot und die Verankerung von Flüchtlingen als Menschen dritter Klasse in der Verfassung.

Der Sprecher der Fidesz-Fraktion machte keinen Hehl daraus, dass die Vorlage im Parlament in erster Linie dem Wahlkampf dient. János Halász kündigte an, dass eine Abstimmung darüber erst nach den Wahlen "als erste Maßnahme der neuen Regierung" staffinden wird, wenn die Regierungsfraktion wahrscheinlich wieder über eine Zweidrittelmehrheit der Mandate verfügt. Der Subtext: Die Abstimmung soll eine legislative Manifestation der totalen Machtergreifung darstellen, ein Statement nach innen und außen, wie die Politik in den nächsten vier Jahren aussehen wird. Wer also nicht für die Regerungsparteien stimmt, macht sich zum Komplizen von Soros´ vermeintlichen "Umvolkungsplänen".

“Soros versucht Millionen aus Afrika und dem Mittleren Osten hereinzubringen, Stop Soros!”, erfahren die Ungarn seit Monaten auf Regierungsplakaten. Foto: MTI

stop soros plakat
Die Regierungspartei hat dazu nicht nur seit zwei Jahren ihre wachsende mediale Propagandamaschinerie auf Hochtouren gebracht, sondern auch mit einem "Städtepakt" direkt Anweisungen an die Bürgermeister gegeben, "dafür zu sorgen, dass unsere Bürger bereits sind, die Angriffe der Neuen Weltordnung auf unsere Freiheit abzuwehren", wie Orbáns Kabinettschef Lázár vor zwei Wochen bei einer Versammlung sagte.

Eingriffe in Grundfreiheiten

Doch neben der Mobilmachung der eigenen Truppen und der pausenlosen Manipulation des gemeinen Wahlvolks mit der bewährten Mischung aus Opfermythen, Stellvertreterkriegen, ex- und internen Sündenböcken, Lügen, Angstmacherei, Spaltung der Gesellschaft, bis hin zu offenem Antisemitismus und verbaler Kriegstreiberei sowie der von Putin abgeschauten, auf die pannonische Scholle umgelegte Großmannssucht, hat "Stop Soros!" ganz praktische Auswirkungen, die tiefe Eingriffe in die Versammlungsfreiheit und die Grundrechte von Bürgern wie Flüchtlingen bedeuten.

Kainsmal oder "Judenstern" für Menschenrechtler

Zunächst legt das Gesetz fest, dass Nichtregierungsorganisationen als "Soros-Unterstützer" auf einer öffentlichen Liste gebrandmarkt werden, wenn sie Zuwendungen aus dem Ausland, EU-Ausland eingeschlossen, erhalten. Sie erhalten dazu eine Meldepflicht und müssen dann bei allen öffentlichen Auftritten, in Ihrem Schriftverkehr, auf Ihrer Webseite ihr Kainsmal, manche Kommentatoren sprechen von einem neuen Judenstern, tragen, also kenntlich machen, dass sie eine "aus dem Ausland finanzierte NGO" sind, auch wenn diese Finanzierung nur einige tausend Euro im Jahr ausmacht.

Justizsstaatssekretär Pál Völner nennt das "legitime Schritte für den Grenzschutz und gegen Organisationen, die illegale Einwanderung fördern". Dass es sich bei dieser Brandmarkung nicht um eine Formalität handelt, belegt der Umstand, dass dafür extra das "Kardinalsgesetz" zur "Nationalen Sicherheit", also ein Anhang der Verfassung geändert werden soll.

Kontrollgesetz wurde zum Verbotsgesetz

Auch sollen die NGOs nicht einfach nur registriert werden, sondern müssen dann eine Prüfung abwarten, die ihnen ihre Arbeit genehmigt oder nicht. Auf Auslandsgelder wird eine Sondersteuer von 25% erhoben. "Wenn irgendeine Organisation dann Einwanderung unterstützt, organisiert oder finanziert ohne unsere Genehmigung zu haben, erhält sie eine Warnung des Generalstaatsanwalts und wird ihre Steuernummer suspendiert. Folgt die Organisation den Aufforderungen nicht, erhält sie eine Strafe von 1,8 Mio. Forint (5.800 EUR)." Gleichzeitig wird eine Verbotsverfahren eingeleitet, dass "mit der Auflösung dieser NGO in Ungarn enden kann". Diese Punkte gehen über die
zunächst bekannt gewordenen Vorschläge hinaus und sind eine Reaktion auf die Ankündigung zahlreicher NGOs, die Deklarationspflicht boykottieren zu wollen.

Menschen dritter Klasse in der Verfassung

Gleichzeitig sollen die bis dato nur durch partielle Gesetze und Notdekrete im Rahmen des
"Einwanderungsnotstandes" seit September 2015 verübten schwerwiegenden Einschränkungen der Grund- und Menschenrechte für Flüchtende in Ungarn dauerhaft im Sicherheitsgesetz festgeschrieben werden. Das heißt, Flüchtlinge werden in Ungarn per Verfassungszusatz zu Menschen dritter Klasse degradiert. (Es gibt bereits zwei Klassen Menschen in der Verfassung: die nationenbildenen - alle Magyaren im In- und Ausland - sowie die staatsbildenden - ethnische Minderheiten, Zugezogene). Konkret bedeutet das unter anderem ein "Aufenthaltsverbot" im Grenzbereich, was bedeutet, dass automatisch jeder Flüchtling und Asylbewerber zum Straftäter wird, da eine Einreise ohne Betreten eines Grenzbereichs technisch unmöglich ist.

Die Regierungsfraktionen nahmen die Regierungsvorlage umgehend einen Tag später an und wollen nun bis zur Wahl darüber debattieren, den Wahlkampf also im Parlament installieren. Man spricht von "internationalen Attacken", die gegen das Gesetz und damit gegen Ungarns Souveränität gefahren würden und auf Jobbik sei auch kein Verlass, weshalb man in dieser Legislatur gar nicht erst versuchen werde, die nötige 2/3-Mehrheit zu erreichen, sondern: "Wir legen das Gesetz dem Souverän vor." (Sie meinen das Volk, nicht Orbán). Die Wahl erwarte man "wegen des Erreichten mit großer Ruhe", "die Menschen wollen Ungarn so sicher halten wie es heute ist und nicht so wie es in einiegen europäischen Städten zugeht."

"Angriffe" von UNO, EU und Deutschland

 

Die "Angriffe aus dem Ausland" hat man auf "Soros-Bedienstete" wie die UNO, die EU und die Merkel-Regierung eingegrenzt: Die UN-Debatte über einen Einwanderungsabkommen gehe an der Realität vorbei und sei ein "Echo des Soros-Plans", Ungarn werde opponieren, so Außenminister Szijjártó.

Dieser verurteilte auch die Äußerungen von Merkels EU-Staatssekretär Michael Roth (SPD), der anmerkte, das Gesetz könnte "die Arbeit von Zivilorganisationen, die sich um Flüchtlinge und Asylsuchende kümmern erschweren oder sogar unmöglich machen". Szijjártó konterte, dass "Europas Freiheitsrechte nicht für illegale Migranten und Terroristen" gelten würden, Roth "irre sich und sei ja selbst so einer, der mit Soros-Agenturen versucht habe, Illegale nach Europa zu bringen".

Nils Muižnieks, Menschenrechtskommissar des Europarates hatte "weitere Einschränkungen auf die unverzichtbare Arbeit von NGOs in Ungarn" beklagt sowie Verstöße gegen die Versammlungs- und Bewegungsfreiheit, Grundfesten der EU. Er sein natürlich ein "Soros-Vertrauter", reagierte Budapest, der Europa über Ungarn von "Afrikanern und anderen Illegalen überlaufen lassen" wolle.

red



 

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