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(c) Pester Lloyd /10 - 2018      WAHL UNGARN 2018   08.03.2018


Konsens Eiserner Vorhang: Parteien in Ungarn zur Wahl

1810wahlenungarn
Renten, Gesundheit, prekäre Löhne. Alle Oppositionsparteien versprechen hier Verbesserungen und prangern gleichzeitig die Korruption der Regierungspartei an. Die warnt vor nicht weniger als dem Untergang (des weißen, christlichen) Ungarns, sollte Orbán am 8. April nicht wiedergewählt werden. Was auffällt: Orbáns menschenverachtende Flüchtlingspolitik scheint Konsens geworden zu sein.


fideszPartei: Fidesz-KDNP
Ausrichtung: nationalistisch-völkisch-ständestaatlich (EVP-Mitglied)
Spitzenkandidat: Viktor Orbán
Ergebnis 2014: 44,9%
Prognosenspanne 2018: 43-52%

Das Wahlprogramm der Orbán-Parteien Fidesz-KDNP ist klar. Es heißt: Viktor Orbán. Er ist der Garant, dass das
ständestaatlich-kleptokratisch Konstrukt Bestand hat, das heute Ungarn ist und das eine ganze Pyramide von Günstlingen mehr als ernährt. Fällt der Pharao, würde die ganze Pyramide einstürzen. Hier nochmals Dank an die EVP-EU.

Die Wahlkampfstrategie ist ebenfalls klar: Ohne Orbán droht der Untergang Ungarns als reinrassige Nation. Die war sie zwar nie, aber egal. Nachdem man die Soros-Saga totgeritten hat, sind es UN und EU, die das Land mit Millionen Einwanderern (Terroristen, Vergewaltiger, Schmarotzer) fluten und umvolken wollen. Ungarns Selbstbestimmungsrecht würde von der Opposition im Falle eines Machtwechsels aufgegeben, der Zaun geschleift, die Dämme würden brechen und Arbeit gäbe es auch keine mehr. Deshalb "Hungary first".

Nicht zu vergessen: die Wirtschaft. Bekanntlich leben die Ungarn im Schlaraffenland, 3,6% Arbeitslosigkeit, Handelsüberschüsse, ja sogar Fachkräftemangel. (Macht mehr Kinder!) Alles was noch nicht so optimal läuft, die (negierten) 45% an oder unter der Armutsgrenze, Zigtausende Kinder mit knurrenden Mägen, Segregation der Roma, Heere von prekären Arbeitsverhältnissen, arme Rentner, ein desaströses Gesundheitswesen, ist freilich Schuld der korrupten Vorgänger. Aber wie gesagt, es handelt sich nur noch um Marginalien, denn die "Arbeitsgesellschaft" ist Realität. Wer will und echtes ungarisches Herzblut einbringt, der kann auch. Orbán, dessen Schwiegersohn Tiborcz und Strohmann Mészárós machen es ja vor. Vom Klempner zum Milliardär, der ungarische Traum.
 

 

Was die Oppositionsparteien als Wahlprogramm ausgeben, ist eine Mischung aus Anti-Orbán (Korruption) und Versprechungen. Die gleiche dünne Suppe, die man dem Wahlvolk seit Jahren vorsetzt und sich wundert, dass sie immer weniger auslöffeln wollen. Über das eigentliche Problem, den Wiederaufbau einer funktionierenden, demokratischen Republik auf den Grundwerten der Menschenrechte und der Europäischen Gemeinschaft, spricht man kaum an, weil es zu abstrakt erscheint. Denn dieses exotisch gewordene Modell würde die Mitwirkung der Bürger, Verantwortung und Engagement erfordern und einen Neuafbau der Institutionen (checks and balances) bis hin zum öffentlichen Rundfunk bedeuten. Aber eben auch Teilhabe sowie Kontrolle und Rechenschaftspflicht der Amtsträger.

An das Thema Flüchtlinge traut sich niemand so richtig heran. Die DK zeigt sich hier noch am europäischsten. Die MSZP will am liebsten gar nicht darüber reden und eiert herum, die LMP unterstützt Orbán ganz offen. Die Kleinparteien sprechen zwar von Grundrechten, rühren aber den Eisernen Vorhang nicht an. Offenbar hat sich bei der Opposition die Überzeugung durchgesetzt, dass mit Menschlichkeit und Grundrechten keine Wahl zu gewinnen ist, vor allem nicht, wenn diese Nicht-Ungarn gelten sollen. Zaun, Asylrecht und Grenzregime sowie die Entrechtung aller Flüchtlinge werden nicht grundsätzlich in Frage gestellt, aus taktischen Überlegungen, die zu einem Konsens geworden sind. Gegen den Zaun gewinnt man keine Wahl.


Was die Opposition im Falle eines Machtwechsels anbietet, in Stichpunkten:

mszpPartei: MSZP-PM
Ausrichtung: sozialdemokratisch-linksliberal
pmSpitzenkandidat: Gergely Karacsóny (PM)
Ergebnis 2014: 25,6%
Prognosenspanne 2018: 16-22%

- Erhöhung der Gehälter im Gesundheitswesen um 50%
- Ende der Schikanen gegen NGOs (Stop-Soros-Gesetz)
- Öffnung aller OLAF-Akten (rund 40 Fälle anhängig, Fidesz öffnete nur einen Fall, der M3, weil darin die MSZP-SZDSZ verwickelt war)
- Revision aller EU-finanzierten Projekte seit 2010 (Karacsóny: die Hälfte wird gestohlen)
- Staatspakt zum Verhindern weiterer Abwanderung junger Ungarn
- 13. Monatsrente sowie eine Mindestrente von 320 Euro.
- Abschaffung des staatlichen Preisdiktats für Strom, Gas, Wasser und andere Wohnnebenkosten, was rund 20-30% Ersparnis für die Haushalte bringen soll, weil die Regierung seit Jahren die Preissenkungen vom Weltmarkt nicht weitergegeben habe
- Sonderprogramm für Kleinunternehmen (Steuerbefreiungen bei Arbeitsplatzschaffung)


jobbikPartei: Jobbik
Ausrichtung: neonazistisch mit bürgerlichem Anstrich
Spitzenkandidat: Gábor Vona
Ergebnis 2014: 20,2%
Prognosenspanne 2018: 16-24%

- Orbán habe 20.000 Einwanderer gegen Geld ins Land gelassen und 2.300 heimlich, weil er vor der EU eingeknickt sei. Jobbik wolle Einwanderung "wirklich" verhindern, u.a. durch eine Grenzmiliz.
- Schluss sein soll auch mit der "autokratischen, antidemokratischen" Regierung Orbáns und der Korruption. Volksräte sollen das Benehmen der Funktionäre überprüfen und nötigenfalls vor die Gerichte bringen.
- Die im Ausland lebenden Ungarn kämen unter einen "Minority SafePack"-Schutzschirm, ihre unter Orbán erworbenen Rechte (Wahlrecht, Staatsbürgerschaft) würden erhalten bleiben, man werde mehr ungarische Schulen im Ausland errichten, ansonsten aber pragmatisch mit den Regierungen der "Gastgeberländern" (lies: Besatzern) umgehen.
- Rentenanhebung
- Verbesserungen im Gesundheitswesen
- die 1% Steuerwidmung dürfen für die Unterstützung der Eltern gewidmet werden
- Volle Rente nach 40 Versicherungsjahren auch für Männer (bisher nur Frauen)



lmpPartei: LMP
Ausrichtung: grüne Wurzeln, nationalliberal, isolationistisch
Spitzenkandidat: Bernadett Szél
Ergebnis 2014: 5,3%
Prognosenspanne 2018: 3-10%

- Szél möchte "Regierungschefin aller 15 Millionen Ungarn" sein, also der alten und neuen Auslandsungarn auch und "nicht nur der 2 Millionen, die Orbán wählen".
- Rückkehr der Politik anstatt Propaganda als Politikersatz
- Garantie "normaler Gehälter", denn die Zahl der in Armut Arbeitenden habe sich seit 2010 verdoppelt
- 20% des Staatshaushaltes für Bildung
- Verbesserung Gesundheitswesen
- Ein Dach über dem Kopf für jeden Ungarn, dazu sollen 150.000 leerstehende Wohnungen landesweit beschlagnahmt und billig vermietet werden
- 260 Mrd. Forint Hilfsfond für Opfer von Forex-Krediten (eine alte Jobbik-Forderung)
- "Die Zeit, in der männliche Politiker Frauen diktieren wollen, wo ihr Platz ist, ist vorbei."
- 300 Mrd. Forint für Gehaltsanhebungen im Öffentlichen Dienst
- Einwanderung: "Ähnlich wie die jetzige Regierung werden wir die Genfer Konvention umsetzen" und man werde "vor Grenzübertritt feststellen, wer Flüchtling ist und wer illegal kommt." Die Kontrolle über die Einwanderung "bleibt nationale Sache", die EU-Quote für die Flüchtlingsumverteilung wird abgelehnt. Der Zaun bleibt, die Grenzwacht ebenfalls.


dk (Andere)Partei: DK
Ausrichtung: linksliberal
Spitzenkandidat: Ferenc Gyurcsány
Ergebnis 2014: 3%
Prognosenspanne 2018: 3-7%

- Neues Wahlrecht
- Abschaffung der Flat Tax auf Einkommen (Wiedereinführung der Steuerbefreiung der niedrigsten Einkommen)
- Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf das Existenzminimum (wären rund 150 EUR mehr)
- Rentenanhebungen
- Absetzung des Generalstaatsanwalts und Beitritt zur EU-Staatsanwaltschaft
- 50% mehr Gehalt für Ärzte und Pfleger, Anschaffung von 150 CT und MTI-Geräten
- Abschaffung der Privilegien von kirchlichen Schulen, Senkung des Abgangsalters auf 16 Jahre, Einführung einer vierjährigen Berufsausbildung
- Revision aller Vereinbarungen mit dem Vatikan und Einsetzung einer Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche (den Kirchen)


momentum (Andere)MOMENTUM
András Fekete-Györ

- Die alte Politikergeneration abwählen (Regierung wie Opposition), dann sieht man weiter - oder vielleicht doch lieber mit anderen kooperieren, um erstmal Orbán los zu werden. Man ist sich noch nicht so sicher.

egütthundEbenfalls die Chance auf ein Wahlergebnis über 1% haben noch die linksliberale Kleinpartei Együtt (Viktor Szigetvári) sowie die Satire-Protestpartei vom Zwischwänzigen Hund und die liberalisLiberalen von Gábor Fodor


red.


 

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