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(c) Pester Lloyd / 12 - 2018    GESELLSCHAFT       22.03.2018


Auftakt zur Jagdsaison: Wie in Ungarn kritische NGOs verfolgt werden

Einen Vorgeschmack auf das "Stop-Soros-Gesetz", das unmittelbar nach den Wahlen verabschiedet werden soll, liefert dieser Tage die Datenschutzbehörde NAIH. Mit einem aberwitzigen Konstrukt wird die Arbeit von engagierten Bürgern kriminalisiert, während der Staat offen Grund- und Menschenrechte missachtet. Das Ziel gibt Orbán vor: "Vertreibung des Soros-Imperiums aus Ungarn."

Der Chef der Datenschutzbehörde NAIH, Attila Péterfalvi, teilt mit, gegen die NGO Migration Aid wegen "schwerer Verstöße gegen den Datenschutz" zu ermitteln. Denn die Organisation würde "illegal Datenbanken von Einwanderern (das Wort Flüchtlinge ist aus dem offiziösen Sprachschatz Ungarns verbannt, Anm.) in den Transitzonen erstellen."

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Eines der Internierungslager an der serbisch-ungarischen Grenze. Wer recherchiert, was hinter diesen Zäunen geschieht, wird in Ungarn zum Staatsfeind erklärt. Foto: index.hu

Was dann folgt, ist an Zynismus und Orwellschem Doppelsprech kaum noch zu überbieten. "Diese Transitzonen befinden sich auf ungarischem Territorium, daher gelten dort auch ungarische Gesetze, zu denen das Recht auf Selbstbestimmung über die Verwendung persönlicher Daten gehört. Dieses Recht müssen wir durchsetzen."

In den ungarischen Transitzonen sind derzeit geschätzte 1.300 Menschen interniert, bei hoher Fluktuation. Sie werden in zwei Container- bzw. Zeltlagern eingesperrt, also vom Grundrecht auf Freiheit ausgeschlossen. Ärztliche Versorgung, Betreuung Minderjähriger liegt im Ermessen der militärischen Lagerleitung. Die Asylverfahren werden abseits jeglicher internationaler Mindestnormen abgehalten, Nacht-und-Nebel-Abschiebungen sind an der Tagesordnung, das Vorenthalten von Einspruchsrechten, Dolmetschern, sind dort die "Standards".
Mehr dazu hier. Mehrere Quellen berichten zudem von körperlichen Misshandlungen im Grenzgebiet seitens Polizei und "Bürgerwehren". Zusammengefasst: Die ungarischen Grenz- und Asylgesetze vom September 2015, die 2017 nochmals verschärft wurden, haben einen praktisch rechtsfreien Raum geschaffen, in dem Menschen dritter Klasse der Willkür der Behörden ausgeliefert und einem Großteil ihrer Grund- und Menschenrechte beraubt worden sind. Aber dazu gibt es natürlich keine Ermittlungen eines parlamentarischen Ombudsmannes in Ungarn.

Migration Aid erstellt, soweit möglich, natürlich Listen der dort Internierten, um die Rechtsbrüche in den Verfahren zu dokumentieren - das ist Aufgabe einer NGO, die Kontrolle der Mächtigen. Anhand der Dokumentationen können dann Flüchtlinge in anderen Ländern belegen, dass sie kein rechtlich einwandfreies Verfahren erhielten, was entscheidend für einen Bleibestatus sein kann. Migration Aid beliefert Bedürftige außerdem mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern und bietet rechtlichen Beistand. Dazu sind natürlich Namenslisten und Vorgänge erforderlich.

Um es nochmal klar zu sagen: die NGO versucht nichts weiter, als diesen Menschen ihr Recht zukommen zu lassen. Ein Recht, das ihnen von den Behörden verweigert wird. Dass mit den Daten von Migartion Aid künftige Verfahren gegen Ungarn vor internationalen Gerichten (oder gegen Verantwortliche vor nationalen Gerichten im Falle eines Machtwechsels) ist nur eine weitere Motivation, die Organisation als feindlich und gesetzeswidrig hinzustellen.

NAIH-Chef Péterfalvi ist ganz von der Rolle: "Alle Details müssen wir herausfinden: wer ist in diese Datensammlungen involviert, welche Art Datenbank haben sie erstellt, auf welcher rechtlichen Grundlage und an wen haben sie die Daten weitergegeben?" ereifert er sich in einer Aussendung. Außerdem müssten solche Datensammlungen seiner Behörde im Vorfeld mitgeteilt werden, "was nicht stattfand, wir haben keine Spur von diesen Vorgängen."

 

Das Ziel dieser Ermittlungen ist klar. Regierungssprecher Zoltán Kovács teilte mit, er erwarte sich von der NAIH einen Bericht "an welche Organisationen im Soros-Netzwerk die Daten gegeben wurden". Im Ergebnis wird der NAIH-Bericht als Basis für ein Verfahren herhalten, an dessem Ende zunächst die Stigmatisierung (von Soros finanziert), dann die Sanktionierung, dann das Verbot dieser Organisation stehen wird. Als Präzedenz für alle anderen NGOs, die nicht im Interesse der Regierung arbeiten und auch ein klarer Wink an alle Bürger mit Ambitionen: Haltet Euch aus der Politik heraus!

Das Regierungsblatt Magyar Idök sekundierte am Mittwoch mit einem Tonbandmitschnitt einer Ex-Soros-Mitarbeiterin, in der davon gesprochen wird, dass dessen Organisationen "über 2.000 Mitarbeiter in Ungarn" hätten. Dabei fällt auch der Name Migration Aid und der dessen ungarischen Leiters. Am selben Tag erklärte Premier Orbán in einem Lokalblatt einmal mehr, dass "es unsere wichtigste Aufgabe ist, das Soros-Imperium aus dem Land zu treiben. Entweder die Menschen wählen am 8. April Kandidaten, die für unser Land arbeiten oder wir werden zu einem Einwanderungsland gemacht."

red.

 



 

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