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(c) Pester Lloyd / 46- 2018   POLITIK       26.11.2018


Der Pate der Bosse: Ungarn sollen 14 Monate pro Jahr arbeiten

"Es sieht so aus, als wenn viele Menschen in Ungarn froh wären, wenn sie noch mehr arbeiten dürften." (Fidesz, 2018)

Das ungarische Arbeitsrecht gilt schon als eines der konzernfreundlichsten und reaktionärsten in der gesamten EU, die Gewerkschaften sind
scheintot oder gekauft. Vor allem die Großkonzerne, allen voran die deutsche Autoindustrie, profitieren von der sagenhaften "Flexibilität" bei Kündigungsfristen, Urlaubsregeln und einem Streikrecht ungefähr auf dem Niveau des Römischen Reiches. Im Gegenzug sowie für Steuerboni und andere indirekte Subventionen enthalten sie sich jeder Kritik an Orbáns antidemokratischem und antieuropäischem Kurs.

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Orbán bei einer Präsentation im Daimler-Werk in Kecskemét. Foto: MTI

Mehr dazu in Auto-kratie: Orbán kann sich auf die deutsche Wirtschaft verlassen (2018)
Mehr dazu in: Der Untertanenstaat -
Orbáns schöne neue Arbeitswelt (2012)

Der Pate der Bosse kommt seinen ökonomischen Verbündeten nun noch einen weiteren Schritt entgegen, der seinen ständestaatlichen Ambitionen entspricht: Am Dienstag langte ein Gesetzesentwurf der Regierungspartei Fidesz im Parlament ein, dass die offizielle Obergrenze für legale Überstunden von 250 auf 400 pro Jahr erhöhen soll. Damit würden also künftig 10 Arbeitswochen extra möglich, die nicht mehr wie bisher binnen 12 Monaten finanziell oder mit Zeitausgleich kompensiert werden müssten (übrigens nicht vollständig), sondern nur noch binnen drei Jahren. Bereits 2017 wurde die bis dahin erlaubte durchschnittliche
Wochenarbeitszeit von 48 Stunden erhöht.

Für die oppositionelle LMP ein Schritt, der "de facto die Sechs-Tage-Woche in Ungarn zementiert". Die Ungarn seien schon jene, "die in Europa die längste Arbeitszeit" hätten und das "für beleidigend niedrige Löhne", stellt Vizefraktionschef Antal Csárdi fest. Es sei klar, dass die Regierung hier "dem Wunsch multinationaler Konzerne" nachgebe, die man noch vor Jahren als Ausbeuter gebrandmarkt und sanktioniert habe.

Die DK stellte fest, dass "Fidesz mal wieder niemanden konsultiert" habe und der Entwurf "unprofessionell" sei, so der Abgeordnete Gábor Nemes, der auch die Kompatibilität des Gesetzes mit EU-Normen in Frage stellt. Arbeitgeber könnten nun umstandlos 10-Stunden-Tage einfordern. (Anmerkung: In Österreich sind seit der Neuauflage der schwarz-blaunen Koalition "freiwillig" bis zu 12 Stunden möglich, hier wäre also noch Luft nach oben.)

In einer zynischen Aussendung schreibt die Regierungspartei: "Dank unserer Politik haben mehr und mehr Menschen Arbeit für immer mehr Geld. Es sieht sogar so aus, dass viele Menschen froh wären, wenn sie noch mehr arbeiten könnten. Das sollte man ihnen ohne bürokratische Hürden ermöglichen. - Wir sind die Regierung der Arbeitsbeschaffung."

Die Jobbik bezeichnet das Gesetz als "lebens- und familienfeindlich". Die im Kern neonazistische Partei mit dem Talent, von anderen liegen gelassene Themen aufzuheben und gewinnbringend in politisches Kleingeld umzumünzen, war die einzige, die ankündigte mit den Gewerkschaften über Möglichkeiten des Widerstandes gegen die geplante Maßnahme zu sprechen, die "unsere Arbeiter zwingt, 14 Monate in einem Jahr zu arbeiten".

Orbán hingegen macht, wofür ihn die Wirtschaft braucht: billige Arbeitskräfte bereitstellen, für Ruhe sorgen. Das ständestaatliche System kommt Audi, Daimler, BMW und ihrer Kavalkade von Zulieferern sehr gelegen, in Mitteleuropa herrschen Zustände fast wie in Asien. Die Kleptokratie Orbáns tangiert die privilegierten Konzerne kaum, da sie sich vor allem auf die Ausplünderung öffentlicher Mittel, EU-Gelder und der Bevölkerung kapriziert. Wo Korruption nicht umgehbar ist, wird sie von den Konzernbossen schlicht als Eintrittspreis in das für sie profitable Orbán-System verstanden.

 

Der starke Anstieg der Bruttolöhne, vor allem des Mindestlohnes, in den vergangenen Jahren, allerdings von einem extrem niedrigen Niveau, brachte den Arbeitnehmern praktisch nichts. Orbán hatte 2011 eine Einkommenssteuer-Flat-Tax eingeführt und damit den Steuerfreibetrag auf niedrige Einkommen abgeschafft, während Besserverdiener zweistellige Steuersatzgeschenke erhielten. Zugleich stiegen die Arbeitszeiten, die Teuerung durch eine forcierte Verbrauchsbesteuerung für Waren des täglichen Bedarfs benachteiligt zudem jene am meisten, die einen höheren Anteil ihres Lohnes für Lebenswichtiges aufwenden müssen.

Die
Abwanderung von rund 800.000 jungen Leuten aus Ungarn ist die Folge, die zu Engpässen führte, die man zunehmend mit Ukrainern, Slowaken, Serben und Rumänen auffüllt, denen man die prekären Zustände in Ungarn leichter "verkaufen" kann.

red.


 



 

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