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Glücksspiel in Ungarn: ein bisschen Freiheit!

Wie in anderen europäischen Ländern hat das Glücksspiel auch in Ungarn bereits eine jahrhundertelange Tradition. Die Geschichte des ungarischen Glücksspiel ist wechselhaft. Sie umfasst ebenso Zeiten legitimierter Glücksspielangebote wie Phasen weitreichender Verbote.

 Die aktuelle Situation des Marktes ist geprägt von vielen staatlichen Eingriffen. Online-Glücksspiel ist erlaubt, aber die Anbieter müssen viele Auflagen erfüllen. In welche Richtung sich die Glücksspiellandschaft in Ungarn entwickelt, bleibt abzuwarten.

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Ungarisches Glücksspiel: Wurzeln reichen weit zurück

Zumindest für die Lotterien in Ungarn lässt sich der Beginn relativ genau bestimmen. Ihre Geschichte beginnt bereits im 18. Jahrhundert, genauer gesagt im Jahr 1752. Damals entstand die erste ungarische Lotterie. Die Initiatorin war Königin Maria Theresia aus dem Hause Habsburg, die damals ein staatliches Monopol einführte.

Glücksspiel war auch in der Folgezeit beliebt in Ungarn. Nicht wenige Bewohner des Landes widmeten sich im 19. Jahrhundert Freizeitbeschäftigungen wie Pferderennen und Kartenspiel. Die ganze Sache wäre wohl auch im 20. Jahrhundert so weitergegangen, wenn Ungarn nicht als Teil der Sowjetunion das Glücksspiel stark eingeschränkt hätte. Ganz verschwunden war es aber lange Zeit nicht. Zumindest die Lotterien im Land boomten auch Anfang der 60er. So berichtete zum Beispiel das Magazin „Spiegel“ 1965, dass die Ungarn 1963 „über 300 Millionen Lotterie-Lose und Toto-Scheine“ genutzt haben. Die Bundesrepublik Deutschland kam damals nur auf 71 Millionen.

Trotzdem war Glücksspiel mit all seinen Facetten in Ungarn weitgehend eingeschränkt. Deutliche Lockerungen gab es erst Anfang der 90er Jahre mit einer wieder ausgedehnteren Legalisierung. Zwei Stellen übernahmen fortan Aufgaben rund um die Glücksspielregulierung: der staatliche Glücksspieldienstleister Szerencsejáték Zrt und die nationale ungarische Steuer- und Zollverwaltung. Szerencsejáték Zrt kümmert sich heute um Sportwetten und Lotterie und kontrolliert auch den Online-Glücksspielsektor. Dagegen ist die Steuer- und Zollverwaltung für andere Formen des Glücksspiel verantwortlich.

Die Auflagen für Onlineglücksspiel sind hoch

Im Prinzip muss ein Anbieter eines Onlineglücksspiels in Ungarn heute zugleich Betreiber eines stationären Casinos im Land sein. Allerdings dürfen ausländische Anbieter mit den Ungarn kooperieren und haben so durchaus eine Chance, erfolgreich am ungarischen Glücksspielmarkt zu partizipieren. Eine relativ hohe Hürde sind aber die Lizenzgebühren für Onlineglücksspielangebote. Sie können bis zu 200 Millionen Forint (Währungskürzel: HUF) betragen, was aktuell (Kurs 26.11.) über 550.000 Euro entspricht. Das ist relativ viel und hat diverse
namhafte Anbieter von Online Casino Spielen vor einem Markteintritt in Ungarn zurückschrecken lassen.

Ungarn befindet sich mit seinen Gebühren eindeutig im oberen Segment. Ob das durchweg positiv zu bewerten ist, kann zumindest kritisch hinterfragt werden. So liegen die Gebühren beispielsweise in Großbritannien deutlich unter denen Ungarns. Und es spricht zumindest einiges dafür, dass geringere Gebühren zu einem besseren und reichhaltigeren Angebot auf der Höhe der Zeit führen könnten, bei dem am Ende alle gewinnen: auch der Staat.

Die nicht immer klare Linie der ungarischen Politik bei Glücksspielen zeigt sich auch bei den
offline aufgestellten Glücksspielautomaten. Diese Automaten wurden in Ungarn verboten. Die rechtskonservative Regierung habe die Anzahl der „landbasierten Spielautomaten in Ungarn“ von mehr als 25.000 auf 4.500 gesenkt, heißt es in der Zeitung weiter.

Zeitweise plante die Regierung zugleich jedoch das millionenschwere
Casinoprojekt „Eurovegas", das auch Spieler aus dem Ausland nach Ungarn locken sollte. Es ist mittlerweile begraben. Trotzdem kann es nach wie vor als ein beleg dafür dienen, dass die ungarische Regierung Glücksspiel durchaus forciert, wenn größere eigene Einnahmen in Aussicht stehen.

Auch in Ungarn ist die rechtliche Situation oft unklar

Wie in Deutschland genügten nationale Regelungen auch in Ungarn nicht immer Vorgaben der Europäischen Union (EU). In einem Fall, den der Europäische Gerichtshof (EuGH) beispielsweise im Februar 2018 behandelt hat, hatte ein Glücksspielanbieter ungarischen Spielern Spiele angeboten, ohne dafür eine Lizenz zu besitzen. Der EuGH legitimierte damals die Lizenzierung und einen eingeschränkten Zugang ausländischer Anbieter zum Glücksspielmarktes eines Landes, wenn es um den Schutz von Spielenden vor einem übermäßigen Angebot geht. Die hohen Lizenzgebühren in Ungarn sowie die Forderung, dass Onlinecasino-Anbieter auch ein landbasiertes Casinos betreiben, wurde damals kritisiert. Welche Lösung die beiden Ebenen (EU und ungarische Regierung) am Ende finden, bleibt weiter offen.

Der aktuelle ungarische Glücksspielmarkt

Nichtsdestotrotz lebt der ungarische Glücksspielmarkt und es wird gar nicht wenig Geld in ihm verdient. Schätzungen zufolge gibt es in Ungarn rund 250 Online-Casinos, wobei nicht alle von ihnen zu 100 Prozent legal agieren. Die Spielerinnen und Spieler müssen in Ungarn allerdings eher selten eine Strafverfolgung fürchten. Die Behörden konzentrieren sich eher auf Casino-Betreiber, die sich allerdings ihrerseits immer wieder einmal wehren, teils erfolgreich. Das hat das aufgezeigte Beispiel der Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union gezeigt.

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Daily-News-Hungary lieferte im Dezember 2019 Zahlen zum ungarischen Glücksspielmarkt. Das Portal zitierte eine nicht näher benannte Studie, laut der es in Ungarn fast vier Millionen Spieler gibt. Zur Einschätzung: Das Land hatte 2020 etwa 9,75 Millionen Einwohner. Laut den ebenfalls auf Daily-News-Hungary zitierten Angaben von Statista erwirtschafteten die Casinos in Ungarn 2017 insgesamt 107 Millionen US-Dollar. Der Onlinemarkt hatte daran einen großen Anteil. Vor der Legalisierung von Onlinecasinos im Jahr 2013 lagen die Einnahmen laut Daily-News-Hungary bei weniger als 30 Millionen US-Dollar.

Quo vadis Ungarn?

Auf Basis der bisher genannten Fakten eine verlässliche Prognose abzugeben, wohin sich der ungarische Glücksspielmarkt entwickelt, ist schwierig bis unmöglich. Die Versuche der ungarischen Regierung, in anderen Bereichen der Gesellschaft eine weitgehende Kontrolle zu erreichen, lässt einen zumindest ein wenig zweifeln, ob auf dem Glücksspielmarkt eine zunehmende Liberalisierung zu erwarten ist. Das Monopol von Szerencsejáték Zrt scheint in vielen Bereichen des ungarischen Glücksspielmarktes tendenziell eher stärker als schwächer zu werden. Ob das für Ungarns Wirtschaft die beste Lösung ist, ist zumindest etwas zweifelhaft. Die großen Online Casino Betreiber werden den ungarischen Markt auf jeden Fall weiter im Blick haben und schauen, welche Chancen und Risiken er ihnen bietet.

S.P. / Abb.: Las Vegas Casino Budapest, Pixabay