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(c) Pester Lloyd / 28 - 2011  KULTUR 14.07.2011

 

Verwunderte Methodisten, entspannte Muslime

Das neue Kirchenrecht in Ungarn irritiert einige Religionsgemeinschaften

Vertreter der Muslime, der Buddhisten sowie der Methodisten in Ungarn fühlen sich durch das am Montag erlassene neue Kirchengesetz zurückgestuft. Durch das neue "3-Klassen-System" wird den Religionsgemeinschaften die Anerkennung als Kirche, mithin die höchste Priviligierung im staatlichen Kirchenrecht, zunächst versagt, sie müssen nun wieder einen Genehmigungsprozess durchlaufen, obwohl sie schon seit Jahrzehnten, manche seit Jahrhunderten im Lande aktiv waren.

Staatspräsident Schmitt bei seinem Chef.

Der Chef der Methodistischen Kirche Ungarns, einer Richtung der evangelischen Kirchen, zeigte sich "schockiert" darüber, dass seine "Kirche" nicht unter den Top 14 der obersten Liga zu finden ist, wiewohl sie bereits eine Geschichte von "über hundert Jahren" in Ungarn nachweisen kann. Er findet das neue Kirchengesetz ja grundsätzlich richtig, da es die notwendige Bereinigung um "geschäftlich orientierte" Organisationen vornimmt, nur hatte man nicht erwartet, selbst aus dem Raster zu fallen. Man werden nun wieder den Behördenweg beschreiten, um das zu korrigieren.

Etwas entspannter sieht es der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde in Ungarn, Zoltán Bolék. Er beruft sich auf Aussagen von Parlamentariern, die meinten, seine Glaubensgemeinschaft würde die Bedingungen zur Anerkennung als Kirche erfüllen und ermutigten ihn zu einer entsprechenden Beantragung. Ähnlich sieht es der Chef der "Karma-Kagyupa"-Gemeinde der Buddhisten.

Das Judentum wurde ohne Debatten auf Regierungsseite als historische Kirche in Ungarn postuliert, was besonders die extreme Rechte verbal auf die Palme brachte.

 

Das neue Kirchengesetz erkennt in einer Oberliga "historische Kirchen" und in zweiter und dritter Reihe solche an, die im Laufe der Zeit maßgeblich durch Aktivität und Zahl der Mitglieder geworden sind. Diese werden als Glaubensgemeinschaften bzw. Organisationen mit überwiegend religiös-spiritueller Tätigkeit anerkannt, so sie den Staatsszielen nicht zuwiderhandeln und die Bürokratie mitmachen. Sie erhalten aber nicht die gleichen Steuerbefreiungen, Finanzierungen und Zugang zu Bildungs- und Kultureinrichtungen als Betreiber wie die Champions League der Gottesvereine.

Eine Zweidrittelmehrheit im Parlament muss hinfort die Aufnahme in die eine oder andere Kategorie genehmigen, womit zwar auch die Einhaltung von objektiven Regeln verbunden ist, es sich letztlich aber um eine politische Entscheidung handelt, was eigentlich gegen den Geist der Religionsfreiheit verstößt. Auf der anderen Seite werden die "traditionellen Kirchen", hier vor allem die Katholiken (die wahre Lehre) und die Calvinisten (in Ungarn traditionell stark auch durch den Widerstand gegen das katholische Habsburg) durch die neue Regierung hofiert wie seit der Horthy-Ära nicht mehr.

Vor allem das KDNP-Anhängsel des Fidesz um Vizepremier Zsolt Semjén ist an Frömmelei kaum noch vom Vatikan zu unterscheiden, was in seinen Auswirkungen, z.B. im Schulbereich viel mehr anrichtet als die Neusortierung der religiösen Gruppen. Die sichtbarste Manifestation der neuen Kirchennähe ist die Präambel der neuen Verfassung.

Das neue staatliche Kirchenrecht ist nicht das Gesetz, das die Kooperation mit und die Distanz des Staates zu den Religionsgemeinschaften definiert, sondern eines, das lediglich den Wettbewerb untereinander durch Protektionismus neu reguliert.

red.

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