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Aus dem Pester Lloyd von 2004
Gotthard B. Schicker
Der Falk der Königin
Exkurs über den Chefredakteur des Pester Lloyd und Vertrauten der ungarischen Königin Elisabeth, Dr. Maximilian Falk
Der Autor dieses Beitrags, Prof. Gotthard B. Schicker, hat im Jahre 1994 den Pester als Wochenzeitung nach fast 50jähriger Zwangspause wiederbelebt, blieb bis 2009 sein Chefredakteur und ist bis heute sein Gründungsherausgeber. m.s.
Als am 10. September des Jahres 1898 der 25jährige italienische Anarchist Luigi Lucheni die allerorten beliebte ”Sisi” in Genf mit einer Feile um ihr Leben brachte, sind auch einem Mann in Budapest Tränen geflossen, als er über diese feige Mordtat an jener hohen Frau - der er über viele Jahre mehr als nur ein Vertrauter gewesen war – in seinem Pester Lloyd berichten mußte.
Obwohl Max Falk (Falk Miksa) vermutlich nur ein Jahr - von 1866 bis 1867 - der Kaiserin von Österreich und seiner späteren Königin von Ungarn und Böhmen als Sprachlehrer für das Ungarische zur Verfügung stand, hatte er ihr Vertrauen auf Lebenszeit erworben. Leider verweisen alle einschlägigen Schriften und Lexika immer wieder nur auf diese eine, für die Bücher- und Artikelschreiber scheinbar attraktive Tätigkeit des am 27. Oktober 1828 in Budapest geborenen Falk.
Es wird damit der Eindruck erweckt, als hätte die Kaiserin es ihrem Falk und dessen 1jährigem Unterricht zu verdanken, dass sie sich nahezu perfekt in dieser Sprache verständigen konnte. Richtig ist aber vielmehr, daß Elisabeth bereits 1866 in der Lage war, sich recht gut im Ungarischen zu bewegen. Die ersten ungarischen Worte dürften ihr auf der Insel Madeira von Imre Hunyady ins Ohr geflüstert worden sein, mit dem ihr eine kleine Liaison nachgesagt wurde. Aber auch Hunyadys Schwester Lily, die Lieblingshofdame von Sisi, dürfte ihr hier wie auch auf Korfu die ersten Vokabeln beigebracht haben.
Insbesondere aber auf zwei Personen sind die Ungarischkenntnisse bei ihr zurückzuführen: einmal auf Professor Homoky, bei dem sie regelmäßig Stunden nahm, und zum anderen auf das ungarische Landedelmädchen Ida Ferenczy aus Kecskemét, das die Kaiserin ab 1864 - und dann 34 Jahre lang, bis zu ihrem Tode - zu sich holte, und das der um vier Jahre älteren Sisi zur Intim-Freundin wurde. Kann man noch dieser hartnäckigen Behauptung, dass Falk seiner Sisi das Ungarische beigebracht hätte mit Fakten widersprechen, so kommt man gegen die falsche Namensschreibung ihres Kosenamens „Sisi“ kaum mehr an. Selbst die Rufe der Graphologen, die dieses „Sisi“ eindeutig als „Lisi“ entzifferten (was ja auch der Logik zu „Elisabeth“ entspräche), sind in der neubelebten k.u.k. Kitsch-Wüste verhallt...
Falk begann seine journalistische Laufbahn bereits als 14jähriger. Er schrieb Theaterkritiken und arbeitete auch als Übersetzer bei der deutschsprachigen Zeitung ”Ungar”, die es seit Anfang des 18. Jahrhunderts gab und die mit der Revolution von 1848 ihr Erscheinen einstellte. Bereits mit 20 Jahren promovierte er an der Budapester Universität auf dem Gebiet der Philosophie. Anfang der 60er Jahre zog er nach Wien und arbeitete dort als Sparkassenangestellter. Nebenbei schrieb er für mehrere Wiener Blätter, aber auch für die Zeitung ”Pesti Napló” in Budapest. Bereits 1861 wurde er Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften.
Ein Jahr, nachdem ihm die österreichische Polizei übel mitgespielt und bei einer Hausdurchsuchung seine gesamte Korrespondenz beschlagnahmt hatte. Er schreibt über diesen Vorgang: ”Ist es doch auch mir, trotz aller Vorsicht, passiert, daß die Wiener Polizei am 3. März 1860 mich mit einer ,Hausdurchsuchung’ überfiel und in zwei großen Mehlsäcken mir die gesamten Briefe davontrug, welche ich seit 1849 aufbewahrt hatte und die ich, nebenbei gesagt, von dieser löblichen Polizei bis zum heutigen Tage nicht zurückbekommen habe. Glücklicherweise war dies ein so riesiger Haufen ungarisch geschriebener Briefe, dass selbst, wenn das gesamte Wiener Polizeipersonal dieser Sprache mächtig wäre, es Monate gebraucht hätte, um diese Korrespondenz durchzulesen.
Der ganze Haufen Papier wanderte wahrscheinlich ungelesen in irgend eine Papiermühle...”. Hätten die Polizisten damals entziffern können, was in den Briefen stand, wäre Falk ein weiteres Mal hinter Gitter gekommen. Diesmal allerdings nicht wegen ”Pressevergehen”, wie die österreichische Zensur über einige Artikel aus Falks Feder urteilte, sondern wahrscheinlich wegen Hochverrats. Befanden sich doch unter ihnen auch der Briefwechsel mit Stefan Széchényi, Josef Eötvös und Moritz Szep - Leuten, denen es um die ”Sache Ungarns” ging, deren Auffassungen von einem künftigen eigenständigen ungarischen Staat Falk sich zu eigen gemacht hatte und die auch das Interesse der Königin fanden. Wie Falk in seinen ”Erinnerungen” bemerkt, trat der eigentliche Unterricht mit Sisi immer mehr in den Hintergrund, ”...wir fingen an, hier und da auch von den Tagesereignissen zu sprechen, gingen dann schön langsam auf die Politik überhaupt über, und mit ein paar vorsichtigen Schritten nach vorwärts waren wir bei den ungarischen Angelegenheiten angelangt.”
Es dauerte nicht lange, und Elisabeth bekam durch Falk die ersten Kontakte zum liberalen Politiker und Schriftsteller Eötvös, der das Interesse der Königin geschickt durch dessen ”verbotenes Gedicht” der ”Fahnenträger” (Zászlótató) erregt hatte, jenes Poem, das die Symbolik der ungarischen Fahne als Zeichen für nationale Freiheit und Unabhängigkeit behandelt. Die Königin empörte sich darüber, dass man es wagte, selbst einen Eötvös zu verbieten. ”Längst hatte ich auf diesen Moment gewartet”, erinnert sich Max Falk genüsslich, ”und das Manuskript befand sich bereits seit einigen Tagen in meiner Tasche. Ich las das Gedicht Ihrer Majestät vor, welcher es außerordentlich gefiel; sie nahm mir das Manuskript ab und hat es auch behalten.”
Die ”Verschwörung” zwischen Falk und Elisabeth kommt auch im Zusammenhang mit der verbotenen Broschüre ”Blick auf den anonymen Rückblick” von Stefan Széchényi zum Ausdruck. Auf Wunsch von Sisi besorgte Falk die Ende der 50er Jahre in London gedruckte und in mehrere Bogen zerlegt nach Ungarn eingeschmuggelte Schrift. Andererseits überraschte die Majestät Falk mit dem Besitz eines verbotenen Heftchens, das 1867 heimlich erschien und unter dem Titel ”Der Zerfall Österreichs” für größere Aufregung in der Monarchie sorgte, zumal es sich bei dem anonymen Verfasser um den Sohn eines kaiserlichen Beamten handelte, der seine ”Samisdatschrift” mit dem Satz ausklingen ließ: ”Der Zerfall Oesterreichs ist eine europäische Notwendigkeit!” Bereits diese wenigen Tatsachen machen deutlich, dass Falk für Elisabeth mehr als nur der angebliche Sprachlehrer war, und dass die Ungarischstunden zu Informationsstunden für die Königin von Ungarn wurden, in denen sie sich über politische Wahrheiten in ”ihrem” Lande privat informieren konnte, was ihr offiziell verwehrt wurde. Dass Max Falk diese günstige Situation zur Beeinflussung auch ausnutzte, gesteht dieser freimütig im Zusammenhang mit dem Wunsch Elisabeths ein, die Briefe von Eötvös an Falk lesen zu dürfen. Er informierte den liberalen Politiker darüber ”...und so wurden dann in Form von an mich gerichteten Briefen vor Ihrer Majestät viele solche Dinge ausgesprochen, von denen sie auf andere Weise schwerlich Kenntnis erhalten hätte.”
Im Lichte dieser sanften weltanschaulichen Beeinflussung der Königin durch Max Falk kann auch als gesichert angesehen werden, dass die nahezu abgöttische Liebe Sisis zu Heinrich Heine, ihrem ”Meister”, auch auf das Konto ihres ”Ungarischlehrers” gehen dürfte. Über 600 Druckseiten umfasst die Lyrik der ”Titania”, wie sie sich häufig in ihren Heine-Gedicht-Adaptionen selbst bezeichnete. Sie konnte unzählige Gedichte des ”Meisters” auswendig und glaubte sogar in den 80er Jahren, vor dem Freitod ihres Sohnes Rudolf, dass Heine ihr die Feder führe. Sie beschäftigte sich intensiv mit dem Leben und den politischen Auffassungen ihres schwärmerisch verehrten Dichters und fühlte sich zeitweilig als dessen Jüngerin, bei dem sie Zuflucht fand, die aber eher einer Flucht aus der bedrückend auf sie wirkenden Wirklichkeit gleich kam. Ihre Heine-Verehrung ging so weit, dass sie ihre Zimmer mit Heine-Büsten und Heine-Porträts garnierte, sich sämtliche erreichbaren Heine-Ausgaben besorgte, die Schwester Heines in Hamburg besuchte und an Heines Grab nach Paris pilgerte, von dem sie mit folgendem Gedicht zurück kam:
Sehnsucht
Seit ich an seinem Grab gestanden, Bin ich von Gluten aufgezehrt; Ich schmachte nach dem schlichten Hügel, und doch hat er mir nichts gewährt!
Mir war’s, als müßt ich etwas finden, Ein Blümchen nur, o, kein Gebein, Das wär’ des Glücks zuviel gewesen! Nur etwas, nur den kleinsten Stein.
Doch zierte den Hügel keine Blume, Das dürre Gras birgt keinen Stein; Ihn schmücket nur der gold’nen Sonne, Der Sterne und des Mondes Schein.
Nicht nur ihre Sicht auf das Judentum wurde bei Sisi durch Heines ”Romanzero” neu hinterfragt, auch ihr Interesse für die hebräische Dichtung ist durch ihn geweckt worden. Und dass sie die Monarchie, ebenso wie Heine, in Frage stellte und der Republik die besseren Chancen für die Zukunft - z.B. in ihrem Gedicht ”Mein Traum”, in dem sie sich als bekennende Republikanerin offenbart - einräumte, bringt sie wieder in kongeniale Nähe zum Juden Max Falk. In einer Zeit, in der bereits wieder einmal der Antisemitismus wild aufschäumte, wurde Elisabeths Engagement für den Juden Heinrich Heine mehr als nur ein öffentliches Ärgernis. Zu einer politischen Affäre artete aber das Ganze aus, als sich Sisi für die Errichtung eines Heine-Denkmals in Düsseldorf - in Form eines Loreley-Brunnens - stark machte und die entsprechenden persönlichen Spendenaufrufe auch noch in Gedichtform veröffentlichte.
Es kam nicht zur Aufstellung des Denkmals in Heines Geburtsstadt; Deutschamerikaner sollen es später dem Bildhauer Herder abgekauft haben, um es irgendwo in New York zu platzieren. Sisi bestellte ihr eigenes Heine-Denkmal und ließ es in einem kleinen Tempel auf der Insel Korfu errichten. Nach Elisabeths Tod erbte und verkaufte deren Tochter Gisela das ”höchst unpraktische Schloss” samt Figur an Kaiser Wilhelm II. Seine erste Amtshandlung war - begleitet vom Jubel der antisemitischen Presse - die Beseitigung des Heine-Denkmals. Die Figur wurde vergeblich sowohl Düsseldorf als auch Hamburg angeboten. Nachdem zwischendurch ein Heine-Kaffeehausbesitzer die Statue in seinem Lokal aufgestellt hatte, befindet sich heute der ”Mann mit der einsamen Träne” im Jardin de Mourillon im französischen Toulon, und dort, wo sie einst stand, ist für Falks Königin selbst ein Denkmal errichtet worden.
Inwieweit das Verhältnis zwischen Sisi und Max Falk über den Sprachunterricht und die politische Konversation auch als privatim bezeichnet werden kann, war bisher nicht deutlich zu ermitteln. Denkbar wäre allerdings, dass die ”wunderschöne Frau” durchaus auf den damals knapp 40jährigen Falk reizvoll gewirkt hat. Jedenfalls deuten in seinen ”Rückerinnerungen an Elisabeth” längere Passagen darauf hin, dass Falk Sisi nicht nur als gelehrige Schülerin, sondern auch als begehrenswerte Frau betrachtet und beschrieben hat, die allerdings einem Vergleich mit dem Verhältnis zwischen ihr und dem Grafen Gyula Andrássy nicht standhält. Eine derartige gegenseitige Anziehungskraft konnte schließlich dem Gatten Franz Joseph nicht verborgen bleiben. Verdächtigungen und Gerüchte mögen es gewesen sein, die eine gewisse Eifersucht auf Falk beim Kaiser entstehen ließen, der Sisi die Spitze abzubrechen versuchte, indem sie im März 1867 beruhigend an ihren Gemahl schrieb: ”Mit den Manieren des Falk bin ich sehr zufrieden, brauchst auf ihn nicht eifersüchtig zu sein, er ist das Bild des echten Juden, aber sehr gescheit und angenehm.”
Dass es ihr damit gelang, die Zweifel an ihrer Treue zu Franz Joseph zu zerstreuen, ist nahezu unglaublich, denn fast drei Jahrzehnte später findet sich 1894 in einem Silvesterbrief des Kaisers an Sisi die Bemerkung: ”Dein Freund Falk war korrekt und interessant”.
1867 war dann auch das Jahr, in dem Falk zurück nach Ungarn ging und dort bis 1905 als Abgeordneter endlich seine Träume sowie die eines Széchényi und all der anderen Andersdenkenden von einst im neuen ungarischen Reichstag verwirklichen konnte.
Der andere, der wahrscheinlich eigentliche Grund für die Rückkehr in sein Vaterland war aber vermutlich der Ruf der Pester Lloyd Gesellschaft, die unter der Leitung ihres Gründungsvaters Jacob Kern seit 1854 ein Handelsblatt unter dem Titel Pester Lloyd herausgab und die als renommierte wirtschafts-politische Gesellschaft nach dem ”Ausgleich” auch in der Redaktion der liberalen Zeitung personell auf die neuen Verhältnisse im Lande reagieren wollte.
Dazu kam eine redaktionsinterne Auseinandersetzung zwischen dem sogenannten Zeitungskomité der Lloyd-Gesellschaft und dem Interims-Chefredakteur Dr. Samuel Rothfeld, der nach dem Rücktritt von Dr. Johann Weiß diese Position bis 1876 inne hatte. Mehrere Versuche, einen geeigneten Chefredakteur - zu ausgesprochen guten Bedingungen - für das Blatt zu gewinnen, schlugen fehl. Moritz Wahrmann, einem Mitglied des Zeitungskomités, ist es zu verdanken, dass die Wahl auf Dr. Max Falk fiel. Dieser hatte sich als erfahrener Journalist bei mehreren Zeitungen - u.a. beim ”Pesti Napló” und anderen ungarischen Blättern - auch über die Grenzen der Monarchie hinaus bereits einen Namen gemacht. Was die Lloyd Gesellschaft an Falk hatte und welche Erwartungen sie an seine Person knüpfte, teilte sie 1876 ihren ”geehrten Abonnenten des ,Pester Lloyd’” in einem langen und ausführlichen ”Aufruf” mit.
”Der ,Pester Lloyd’ wird nunmehr seiner Doppelaufgabe: sich den auf der Höhe der europäischen Publizistik stehenden Organen anzuschließen und speziell ein Organ für die kommerziellen und industriellen Interessen überhaupt und jene Ungarns insbesondere zu sein, in vollstem Maße gerecht werden. Der Ruf des Redakteurs (Falk), seine vieljährigen intimen Verbindungen mit den politischen Notabilitäten unseres Vaterlandes, sowie mit den maßgeblichen Persönlichkeiten jenseits der Leitha, seine bisherige Stellung bei einem der bedeutendsten Geldinstitute der Monarchie und schließlich der auf dem Gebiete volkswirtschaftlicher Fragen so weit reichende Einfluss der Lloyd-Gesellschaft, sowie deren vielfache Beziehungen nach allen Richtungen hin lassen diese Zuversicht gewiss als eine wohlbegründete erscheinen.”
Am 21. Dezember 1867 stellt sich der neue Chefredakteur seiner Leserschaft mit drei programmatischen Artikeln vor und bekennt sich von Beginn an zur politischen Unabhängigkeit: ”Im Augenblick einer solchen Metamorphose kann unser Blatt weniger denn je das Organ einer bestimmten Partei sein. Mit ungetheilter Aufmerksamkeit, mit inniger Theilnahme werden wir diesen hochwichtigen Umgestaltungsprozeß der politischen Parteien begleiten, ohne uns nach irgend einer Seite hin als gebunden zu betrachten.”
Und tatsächlich entwickelte sich unter der Leitung von Max Falk die Tageszeitung - die seit Oktober 1854 übrigens zweimal täglich erschien - zum führenden meinungsbildenden Blatt in Ungarn, das auch im deutschsprachigen Ausland immer mehr zur Kenntnis genommen und zitiert wurde. Bedenkt man die Jahre zuvor, als die Redaktionspläne regelmäßig dem k.u.k.-Presseamt vorgelegt wurden und dort - gemäß den Pressegesetzen des ungarischen Innenministers Bach - stets zensiert zurück kamen, kann man erahnen, in welch freierer Luft der Pester Lloyd nunmehr entstehen konnte.
Vom Chefredakteur Max Falk wird erzählt, dass er ein recht strenger Mann mit guten Manieren und verstecktem Humor gewesen sei, der von den Mitarbeiter/innen verlangte, dass während der Arbeit in der Redaktion ausschließlich Deutsch gesprochen wird. Ganz im Gegensatz zu heutigen Chefredakteuren in großen Zeitungen, schrieb Falk viele Beiträge ressortübergreifend selbst. Die meisten zeichnete er mit FK. Er pflegte in seinen Beiträgen eine gehobene, aber dennoch verständliche klare Sprache, die ihn auch wegen seiner Ironie, Kritik und Scharfzüngigkeit in Budapest wie in Wien bekannt, aber nicht in jedem Falle beliebt machten.
Der kenntnisreiche Individualist wollte auch gar nicht um jeden Preis geliebt werden, und schon gar nicht von gewissen Politikern, denen gegenüber sich so mancher Kollege ungarischer Blätter speichelleckerisch verhielt. Max Falk hasste geradezu Unaufrichtigkeit im Journalistenstand, und er vertrat die Auffassung, dass man ”am geschrieben Text immer den dahinterstehenden ehrlichen Menschen entdecken” muss, auch dann, wenn es einem deswegen an den Kragen gehen sollte, schließlich hätten die Leser einen Anspruch auf Wahrhaftigkeit. Und Falk wusste wovon er sprach, wenn er das Ethos des Journalisten auch im Zusammenhang mit dem Pester Lloyd beschwor; schließlich durfte er bereits in seiner Jugend in Wien wegen unbotmäßiger journalistischer Aufmüpfigkeiten gegen die Obrigkeit gesiebte Luft atmen.
Nur im Bezug auf ”seine Sisi” wurde er vielleicht manchmal seinen Prinzipien untreu; wie die ungarischen Blätter, so ließ Falk auch den Pester Lloyd von Elisabeths guten Taten schwärmen: ”Und wer sollte es verkennen, daß die Liebe der Nation auch ganz ungetheilt der Königin zugewendet ist? Wird doch die anmuthsvolle Frau wie eine wahre Tochter Ungarns betrachtet. Ist man ja überzeugt, daß in ihrem edlen Herzen die Gefühle der Vaterlandsliebe wohnen, daß sie wie die ungarische Sprache so auch die ungarische Denkweise sich aneignete, daß sie stets eine warme Fürsprecherin der Wünsche Ungarns gewesen.” Ebenso gestaltete Max Falk die Berichterstattung von den Krönungsfeierlichkeiten im Pester Lloyd vom 8.6.1867 zu einer journalistischen Huldigung ”seiner Sisi”: ”Auf dem Haupte die diamantene Krone, das leuchtende Symbol der Hoheit, aber den Ausdruck der Demuth in der gebeugten Haltung und die Spuren tiefster Ergriffenheit in dem edlen Antlitz, so schritt, oder vielmehr, so schwebte sie dahin, als wäre eines von den Bildern, welches die heiligen Räume schmücken, aus dem Rahmen gestiegen und wäre lebendig geworden. Das Erscheinen der Königin rief hier an heiliger Stätte einen tiefen und nachhaltigen Eindruck hervor.”
Vielleicht war es der Wunsch der Königin, wissend um die neue Aufgabe ihres alten Freundes, den Krönungszug vor dem Lloyd-Palast zum Stehen zu bringen, um an dieser Stelle, auf einer extra errichteten Schwurtribüne, die Eidesformel des Herrscherpaares sprechen zu lassen: ”Die Rechte, die Verfassung, die gesetzliche Unabhängigkeit und Territorialintegrität Ungarns und der Nebenländer werden Wir unverletzt aufrecht erhalten.” - Ein Sieg für Ungarn, aber nicht zuletzt auch ein Verdienst von Max Falk, der nicht nur diesbezüglich seiner Königin ein guter Lehrer war.
Im Jahre 1903 gab Max Falk seine Lebenserinnerungen in Essay-Form unter dem Titel “Zeit- und Charakterskizzen” heraus. Am 6. Oktober 1906 verabschiedete er sich aus unserer Redaktion. Im Alter von 80 Jahren starb er am 10. September 1908 in Budapest – dem Todestag seiner Königin.
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